piwik no script img

Neue Demeter-RichtlinieBiogurken ohne Plastik

Ab 2022 sollen Bio-Obst und Gemüse ohne Verpackung aus Kunststoff auskommen. Für Milch oder Brei sind umweltfreundliche Lösungen umstritten.

Ab 2022 von Demeter: Gurken ohne Plastik Foto: ap

Berlin taz | Äpfel und Birnen von Demeter, eingeschweißt in Plastik – das hat ab Januar 2022 ein Ende. Obst und Gemüse sollen dann anders verkauft werden. Demeter ist nach eigener Aussage der erste Bioverband, der dazu Regelungen trifft: „Wir zertifizieren bisher die Erzeugung und die Verarbeitung von Lebensmitteln, Kosmetika und Textilien“, sagt Sprecherin Susanne Kiebler der taz.

Nun gebe es neue Richtlinien zum Abpacken von Lebensmitteln. Dadurch, dass seit 2017 vermehrt Demeter-Produkte in konventionellen Supermärkten zu finden sind, hätten Verpackungen zugenommen, so Kiebler. Um Bio- von konventionellen Lebensmittel zu unterscheiden, schweißen die Vertriebe der nachhaltigen Firmen ihre Lebensmittel nun häufig ein. Bewusste Konsument:innen rätseln deshalb oft am Obstregal: Bio in Plastik oder konventionell und unverpackt?

Demeter als Verband hat keine eigenen Produkte. Das Logo wird als Co-Marke auf Demeter-zertifizierten Produkten von über 300 Herstellenden geführt. In Abstimmung mit den Mitgliedern werden Richtlinien erstellt: Welche Materialien dürfen verwendet werden? Gibt es Produkte, die nur in bestimmte Materialien verpackt werden sollten?

Die Verpackung von Saft und Milch ist nicht reguliert: Demeter-Saft ist mal in Mehrwegglas verpackt, mal in Einweg, auch in Tetrapaks. Auch für Verpackungen von Milch, Babybrei und Aufstrich gibt es bislang keine Regeln.

„Perspektivisch Richtlinien“

„Perspektivisch werden wir auch hierfür Richtlinien schaffen“, sagt Kiebler. Eine Arbeitsgemeinschaft berate bereits dar­über. Aber umweltfreundliche Lösungen seien gar nicht so einfach, sagt Kiebler, „bei längeren Strecken von der Abfüllstation bis ins Geschäft schlägt sich das hohe Gewicht des Glases in der Energie- und Klimabilanz nieder – bei leichten Verpackungen ist oft das Material problematisch.“

Manche Expert:innen sind anderer Meinung. Ulrike Schaal, Verpackungsexpertin beim Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN), hält das Mehrwegsystem langfristig für sinnvoll. Wichtig dafür sei eine gute Infrastruktur von Spülstationen. Weil das System logistisch sehr aufwendig sei, könne sie nicht einschätzen, ob sich Gläser in neuen Größen für Babybrei oder Aufstriche lohnen.

Rätseln am Obstregal: Bio in Plastik oder konventionell und unverpackt?

Schaal findet es sinnvoll, das bestehende Pfandsystem mit den bekannten Gläsergrößen zu verwenden: „Mal so ins Blaue: Man könnte die bestehenden Größen nutzen und zum Beispiel Kirschen in Gläser füllen, die normalerweise für Joghurt genutzt werden.“

Philipp Sommer, Abfallexperte bei der Deutschen Umwelthilfe, erwähnt eine Studie des Ifeu-Instituts, in der er die Ursache des „Irrglaubens“ sieht, dass Mehrweg nicht immer die beste Lösung sei. „Die Studie rechnet die Verbundverpackung aus Kunststoff, Aluminium und Papier künstlich schön“, sagt Sommer: „Glaubt man der Untersuchung, ist es klimafreundlich, Bäume abzuholzen und dar­aus Papier herzustellen.“ Dabei gingen mit der Papierherstellung massive CO2-Emissionen einher, das im Papier gebundene CO2 werde am Ende wieder freigesetzt.

Das Ifeu-Institut habe die Bilanz mittlerweile zurückgezogen, der Verband, für die die Studie erstellt wurde, kommuniziere die Ergebnisse nicht mehr. Sommer rät daher Demeter: „Wo es geht, sollte auf Verpackungen verzichtet oder Mehrweg eingesetzt werden.“

Saft und Milch sollten weiter in regionalen Mehrwegflaschen und nicht in Getränkekartons verkauft werden. Sommer: „Neben Honig oder Joghurt könnte man Mehrweggläser auch für Aufstriche, Babybrei oder Konserven verwenden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Wenn man heute über den Sinn von Mehrweg diskutieren muss, beschleicht mich das Gefühl, dass man in den 1980er Jahren, als die Omaumweltsau den Markt bestimmte, um Äonen weiter war.