Neue Bundeswahlordnung tritt in Kraft: Kabinen-Selfies sind jetzt tabu
Bei der Bundestagswahl 2013 posteten viele ihr Wahl-Foto online. Der Bund hat Fotos vom Wählen jetzt verboten: Das Wahlgeheimnis würde verletzt.
„In der Wahlkabine darf nicht fotografiert oder gefilmt werden“, heißt es in der neuen Bundeswahlordnung, die am Freitag in Kraft getreten ist. Etwas weiter unten heißt es dann, der Wahlvorstand habe „einen Wähler zurückzuweisen“, der „für den Wahlvorstand erkennbar in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt“ habe. Heißt: „Wer erwischt wird, darf seinen Wahlzettel nicht abgeben“, erklärt ein Sprecher des Innenministeriums.
Wozu das Verbot? Es geht ums Wahlgeheimnis, Wählen ist Privatsache. Niemand darf gezwungen werden zu verraten, wo er sein Kreuzchen gemacht hat. Wer unter Druck gesetzt wird, kann ja immer noch lügen – mit einem Foto des Wahlzettels wird das schon schwieriger. Das Bilder-Verbot dient also dem Schutz der Privatsphäre des Wählers.
Wähler sollen außerdem nicht beeinflusst werden dadurch, dass sie erfahren, wie andere abgestimmt haben – deswegen gibt es auch Prognosen und Hochrechnungen zum Wahlausgang immer erst um 18 Uhr, wenn die Wahllokale zumachen. Ein bisschen einschränken kann das Bilderverbot die Stimmungsmache am Wahltag wohl.
Schwer durchsetzbares Verbot
Natürlich lässt das Handyverbot beim Wählen sich nur bedingt durchsetzen. Für Briefwähler gilt es gar nicht erst, denn was die machen, sieht ja sowieso keiner. Auch am Wahltag darf niemand zuschauen, was die Bürger hinter dem Sichtschutz tun. Das Smartphone muss zudem nicht draußen vor der Kabine bleiben.
Wenn man es erst geschafft hat, heimlich zu fotografieren, wie sieht es dann mit dem Hochladen auf Facebook und Co. aus? Damit mache man sich nicht strafbar, heißt es im Innenministerium. Ein Straftatbestand sei dagegen, wenn man die Wahlentscheidung eines anderen veröffentliche.
Für die Landtagswahlen gilt das Verbot übrigens nicht automatisch. Im Saarland etwa waren Handyfotos erlaubt, das hängt von den Wahlordnungen der Bundesländer ab – in denen von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo im Mai gewählt wird, steht übers Fotografieren und Filmen nichts.
Das Thema Wahl-Selfies beschäftigt nicht nur die Deutschen: Popstar Justin Timberlake zum Beispiel hatte in den USA Ärger wegen eines Wahl-Selfies. Der 36-Jährige Kanadier wusste nach eigenen Angaben nicht, dass die in Tennessee verboten sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen