piwik no script img

Neue Bildungsministerin WankaPragmatische Mathematikerin

Mehr als zwölf Jahre wirkte Johanna Wanka in zwei Bundesländern schon als Hochschulministerin. Sie gilt als konservativ, aber pragmatisch.

Beherrscht nicht nur sanfte Töne: Johanna Wanka Bild: dpa

BERLIN dpa | Die designierte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) steht vehement für Studiengebühren. Die vielen Plagiatsfälle in jüngster Zeit haben aus ihrer Sicht das Vertrauen in Politik und Wissenschaft erschüttert. Dabei setzt sie voll und ganz auf die Autonomie des Hochschulen und auf deren Selbstheilungskräfte, künftig für mehr Eigenkontrolle zu sorgen. Einwirken des Staates in die Hochschulen lehnt Wanka dabei weitgehend ab.

Das sind jüngere Bekenntnisse der 61-jährigen CDU-Politikerin Wanka, die nach dem Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der zurückgetreten Annette Schavan (CDU) im Amt folgen soll. Wanka, seit 2010 Wissenschaftsministerin in Niedersachsen, wäre dort nach Bildung der angestrebten rot-grünen Regierungskoalition aller Wahrscheinlichkeit nach arbeitslos geworden. So kann sie quasi im fliegenden Wechsel den Posten des Hochschulressortchefs in Hannover mit dem Amt der Bundesministerin für Bildung und Forschung in Berlin tauschen.

Wanka konnte nicht nur in Niedersachsen Erfahrungen sammeln. Zuvor war sie fast zehn Jahre in Brandenburg während der SPD/CDU-Koalition als Ministerin für die Hochschulen und für die Forschungsinstitute im Land zuständig. 2000 hatte sie der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) in sein Kabinett geholt. Damals noch parteilos, trat sie ein Jahr später der CDU bei.

Doktorarbeit

Ihre Doktorarbeit hat Wanka über das Thema „Lösung von Kontakt- und Steuerproblemen mit potential-theoretischen Mitteln“ geschrieben und 1980 abgeschlossen – im gleichen Jahr wie Annette Schavan.

Die promovierte ostdeutsche Mathematikerin Wanka gilt als konservativ, aber pragmatisch. In der Wissenschaftspolitik hat sie jedoch bisher wenig Spuren hinterlassen, auch wenn der Deutsche Hochschulverband – die Berufsorganisation der Uni-Professoren – Wanka 2008 zur „Ministerin des Jahres“ kürte.

Dass sie nicht nur sanfte Töne beherrscht, hat Wanka 2010 – wenn auch nur viereinhalb Monate lang – als CDU-Oppositionsführerin im Potsdamer Landtag demonstriert. Zwar war sie zuvor auch mit großer Mehrheit zur Landeschefin der CDU Brandenburg gewählt worden, doch traten in der Partei immer wieder interne Konflikte zutage, die auch ihr das Leben schwer machten. Dann folgte sie dem Ruf nach Hannover.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • JE
    Jan Engelstädter

    Vielleicht sollte in der Diskussion über die Entwicklung der Sudienbedingungen in Deutschland stärker zwischen dem MINT-Bereich einerseits und dem großen Rest andererseits unterschieden werden.

    Ein taxifahrender oder das fünfte Praktikum absolvierender Chemiker ist mir noch nicht untergekommen. Vielmehr konnten sich _alle_ angehenden Ingenieure, Materialwissenschaftler und Biochemiker, die ich kenne, schon vor Studienabschluß das Unternehmen aussuchen, in das sie einstiegen und vom ersten Tag an ordentlich verdienten.

    Hier klappt also auch die "nachgelagerte Studienfinanzierung" reibungslos.

     

    Beim Rest scheint mir dagegen durchaus Reformbedarf zu bestehen um zu einer besseren Berufsverwertbarkeit der Studienleistungen zu gelangen.

  • FD
    Frank Dietz

    @Asi

     

    Was zu den Arbeiterkindern schreibst ("nicht Gymspur")ist nur sehr bedingt richtig. Es ist nämlich oft nicht rational motiviert, sondern daher, dass für Kinder wohlhabender Eltern alle Skills zur Verfügung stehen, die man ab vierzehn so braucht, auch wenn sie ihre Zeit nur auf der Penne zubringen, während es bei "Arbeitern" und solch "bildungsfernen Schichten" finanziell eben nicht hinreicht, um den Kindern Führerscheine, Autos, Computer und Ferien zu bezahlen. Geschweige denn, es wird jemand schwanger.

     

    Ein auf Gleichheit abzielendes Bildungssystem müsste einfach viel mehr Koexistenz von Lehre, Arbeit und Teilzeitstudium in den Mittelpunkt stellen und etwa das Bafög auch für diejenigen angleichen, die schon junge Familien haben. Die Fokussierung darauf, im Vollabitur den einzigen Königsweg zu sehen, was eine angemessene Ausbildung und danach echte berufliche Perspektiven betrifft, ist eine elitäre Engführung, die gern auch in irgendwelchen Talkshows nacherzählt wird.

     

    In Wahrheit geht es hier nicht darum, dass alle ihr Abi machen können, sondern, die Plebs wieder mehr aus den eigenen Kreisen auszuschliessen. Dass man die ganzen Studierenden gar nicht braucht, zeigt ja die inflationäre Entwicklung bei den Praktika im Anschluss. Auch hier ist längst die Tendenz, dass Menschen, welche akademische Meriten erworben haben, dennoch irgendwann auf ihren eigenen Beinen stehen sollten, ins Zynische verkehrt.

     

    Es ist nicht so lange her, da war es umgekehrt, und die Diskussion ging dahin, überlanges Lernen ohne praktische Bezüge zum Berufsleben zu hinterfragen.

    Offenbar hat die Merkelsche Bildungspolitik einen neuen Drall in Richtung Hotel Mama bewirkt. Klar, wenn man ganz gut verdient und keine Kinder hat, wie etwa bei Merkel und Schavan der Fall, kann man sich einen feschen Sohn, der bis Mitte dreissig zuhause wohnt, gut vorstellen.

  • P
    Pink

    Die "Versorgungsmaschinerie" des zwitschernden Hosenanzugs in Berlin läuft auf Hochtouren.

  • A
    Asi

    @Peter: BAFöG (was Ausbildungsförderung, nicht Begabtenförderung sein soll) sorgt an sich schon heute dafür, dass jeder ohne reiche Eltern nicht nur studieren kann, sondern sogar zum Leben einen Zuschuss bekommt. Das Geld ist m.E. auch total ok.

     

    Ich selbst hab jahrelang in einem Zimmer im Studiwohnheim gelebt. Wer unbedingt eine hippe WG braucht oder eigene 2 Räume, der muss halt nebenher jobben.

     

    Das Problem in Deutschland ist eher, dass soviele Kinder aus Arbeiterhäusern zu früh auf die nicht Gymspur gebracht werden, oder sich gegen das Studium entscheiden, und da stimm ich dir zu. Am ehesten brauchen die Schüler da gute Vorbilder und Werbung, und das Wissen, dass sie es schaffen können, wenn sie sich anstrengen. (Studium kann nicht nur party sein, sondern auch viel harte Arbeit!)

  • D
    doktorin

    Was heisst "promovierte ostdeutsche Mathematikerin", in dieser Reihenfolge? Ist ostdeutsche Mathematik minderwertig gegenüber echter Mathematik? Gar so minderwertig, dass sogar Frauen darin promovieren können, was in echter Mathematik natürlich nicht möglich ist, zumindest einer normalen Frau nicht? Wer hier jetzt mehr diskriminiert wird, Ossis oder Frauen, weiß ich nicht, Frau wanka setzt es jedenfalls gleich doppelt herab.

  • V
    vic

    Peter Meisel,

     

    die Abschaffung der Studiengebühren kommt überwiegend den etablierten Reichen zusätzlich zu Gute?

    Interessante Sicht der Dinge.

  • F
    frei

    Wanka habe eine Ruf als unideologische Pragmatikerin???? Was'n Quatsch. Wanka hat einen Ruf als erzreaktionäre Bildungsprivatisiererin von Bertelsmann's Gnaden. Ihre Ideologie: alles für die Reichen & Eliten. Sie macht weiter, wo die Plagiatorin aufgehört hat und produziert weiter Analphabeten, mittlerweile 8 Mios, in Germany. Analphabeten vertreten wenigstens nicht ihre Interessen an der Wahlurne.

    Bertelsmann hat das Bildungsministerium vor Jahren übernommen und die deutsche Bank das Kanzleramt.

  • MG
    Mal gespannt

    Es ist immer wieder auffallend, dass die Personen, die gegen zu viel staatliche Einmischung sind, nichts gegen eine ebenso starke oder stärkere Einmischung der Wirtschaftskonzerne an den Unis haben.

  • FB
    Frank Bost

    Eine Frau, die kaum einer kennt, die wohl auch nichts bewirken soll, die aber fotogen ist und so solide wirkt wie eine Büchereiangestellte.

     

    Und Schavan nutzt ihren Rücktritt noch für einen verbalen Upgrade ihrer Meisterin, der Mutti. Jede kritische Nachbesprechung von Politik oder Person Schavan wirkt jetzt automatisch schon wieder wie kleinkariertes wahltaktisches Nachkarten.

     

    Und das ein Minister nach dem anderen ebenso völlig versagt wie selbst der von Merkel ausgesuchte Präsi, wird nicht fehlender Sachkompetenz der Kanzlerin oder schlechter Menschenkenntnis der Privatperson Merkel zugeordnet, im Gegenteil. Je schneller das Karussell sich dreht, desto sicherer verankert ruht die zentrale Symbolfigur offenkundig in sich selbst.

     

    Die Anklänge an die Schlussphase der Äera Kohl, die sich dann ja zwei quälend lange Wahlperioden hinzog, werden immer schmerzlicher offensichtlich. Leider ist jetzt der Degenerationsprozess stark wirksam dort, wo Zerstörungen nachhaltig, zum Teil wohl irreversibel sein werden. Hier wird im Endeffekt das demokratische Potential der Gesellschaft geschädigt, indem an die Stelle von Politik ein Surrogat gesetzt wird, an die

    Stelle verantwortlich handelnder Personen Gesichter, denen man die Option "verantwortliches Handeln" ansehen kann.

     

    Den Rest machen dann die Talkshows, die Redezeiten zuteilen, damit neue Anwärter auf vordere Plätze in den Rankings Sympathiepunkte gewinnen können. Wie bei Altmaier sind Einlassungen zum Thema eher hinderlich, man redet besser über misslungene Diäten oder kriegt, ist man nicht so wortgewandt, einfach ein Kind.

  • B
    BRD-DDR

    Ich erinnere mich noch an Konservative, die keinerlei DDR-Abschlüsse anerkennen wollten. Jetzt haben wir bald 2 DDR-Frauen mit marxistischer Ausbildung an der Spitze.

  • P
    Pete

    "Wanka war Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FDJ)." Zitat aus Wikipedia. Ebenso wie Merkel in der FDJ war. Da vertraut man sich sicher.

  • E
    Europlag

    Studiengebühren sind natürlich da besonders sinnvoll, wo sie geoutete PlagiatorInnen aus dem politischen Raum treffen. Insofern wäre eine Änderung der Hochschulgesetze in der Richtung sinnvoll, die besagt, dass zweitstudierende PlagiatorInnen nur noch an einer einzigen deutschen Unplag-Uni studieren, diplomieren und promovieren dürfen. Den neu entstehenden Titeln wird der Zusatz Dipl. plag, Dr. plag., Prof.plag usw. verbindlich beigefügt.

    Es darf bezweifelt werden, ob Frau Wanka als 7-Minuten-Terrine sich politisch in dieser Richtung engagieren wird.

  • U
    Ute

    Wenn die Dame etwas auf dem Kasten hätte, wäre sie nicht in der CDU gelandet.

     

    Die Kosten für ein Studium holt man sich zurück, indem man die Einnahmen, die aus der dadurch möglich gewordenen Tätigkeit entsprechend besteuert.

     

    Wer durch das Studium die Möglichkeit bekommen hat, einer selbstbestimmteren, befriedigenderen und persönlich ertragreicheren Arbeit nachzugehen, braucht nicht zusätzlich über einen übermäßigen Geldsegen verfügen.

  • 1
    1Beobachter

    Frau „Prof.“ Wanka, war wie auch Frau „Dr.“ Merkel in der FDJ!

    Erst 1989 betätigte sie sich in der Bürgerbewegung...

    Beide Frauen werden immer wieder von der politischen DDR-Vergangenheit eingeholt!

    Diese TAZ-Huldigung ist also hier völlig unangemmessen und ist ein Schlag ins Gesicht der wahren Bürgerbewegung der Zeitenwende! Schämt euch!

  • KK
    Karl Kraus

    Was mir beim Thema Studiengebühren immer nicht ganz klar ist, ist ihre Umsetzung: Ist es denn so schwer, sie nach den selben Prinzipien zu gestalten wie das BAFöG? Wer nix hat, zahlt auch nix. Wer viel hat, zahlt viel. Wenn man natürlich den Rückzug sicherer staatlicher Finanzierung damit ermöglichen will, muss man schröpfen.

    Die ganze Idee Studiengebühren krankt an der Ideologie ihrer frühen Verfechter: Privatisierung statt öffentlicher Finanzierung war die Devise, und die muss endlich ersetzt werden entweder durch die Nichteinführung der Gebühren oder durch die Idee einer Zusatzfinanzierung (statt Ersatzfinanzierung), die niemanden vom Studium abhalten darf. Auch diese zynischen Studienkredite mit x Prozent Zinsen sind nur ein sehr durchsichtiges Feigenblatt.

  • B
    berliner

    frau wanka

    frau wanka vertrat letzten april auf der hannover messe die meinung, dass ja - gott sei dank - noch niemand durch dronen zu tode gekommen sei. durch einen ihrer assistenten korrigiert schränkte sie dann allerdings ein, nun gut, wenigstens in deutschland sei durch dronen noch niemand zu schaden gekommen und im übrigen, es gäbe ja gesetze hierzu und sie glaube "an das gute".

    im april 2012 waren laut schätzungen von ICRAC (international comitee of robot arms control) mehr als 2000 menschen durch dronen getötet worden.

  • PM
    Peter Meisel

    Zitat SZ heute: "Frau Wanka hat einen Ruf als pragmatische, unideologische Politikerin. Ausdrücklich machte sie sich in Niedersachsen für eine Öffnung der Hochschulen für "bildungsferne Schichten und Migranten" stark. Deshalb sollte auch über einen Hochschulzugang für Studenten ohne Abitur nachgedacht werden Im Zentrum stand Wanka in den vergangenen Monaten vor allem deshalb, weil sie bis zuletzt an den Studiengebühren in Niedersachsen festhielt."

    Meine Meinung dazu:

    Frau Prof. Dr. Wanka hat recht, denn die Selektion der Köpfe findet zu früh in den Schulen statt, sodaß die "Abschaffung der Studiengebühren" überwiegend den etablierten Reichen zusätzlich zu Gute kommt. Dafür wäre meines Erachtens eine drastische Erhöhung der Begabtenförderung (BAFöG) und der Mittel für die Universitäten besser angebracht, als die Abschaffung der Studiengebühren! Frau Wanka warb schon 2009 für neue Wege in der Sozial-, Familien- und Bildungspolitik. Das wird auch Zeit für unsere zukünftige Republik!