Neue Agentur für Energiewende: Frische Brise für Windräder
Bessere Koordination, weniger Konflikte: Der Staat plant mit Ökoverbänden und Industrie einen Förderverein für Windkraft an Land.
BERLIN taz | Eine neue Vermittlungsstelle soll nach Informationen der taz den Ausbau der Windenergie im Binnenland fördern und besser abstimmen. Am Dienstag trafen sich im Bundesumweltministerium unter Ausschluss der Öffentlichkeit Vertreter von Bund und Ländern sowie von Umwelt-, Industrie- und Kommunalverbänden zur Gründung der „Fachagentur zur Förderung eines natur- und umweltverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land“. Sie soll die Planung von Windparks koordinieren und den Kommunen beim schnellen und möglichst grünen Bau der Kraftwerke helfen.
Ziel des gemeinnützigen Vereins ist laut Satzung, die der taz vorliegt, die „Vermittlung von Wissen zum Ausbau der Windenergie an Land zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, anderen öffentlichen und privaten Stellen und der Zivilgesellschaft“. Kommunen sollen „bei der Planung von neuen Windenergiegebieten“ unterstützt werden und Länder bei den „diesbezüglichen Beratungsleistungen“.
Studien sollen zeigen, wie und wo Windräder am billigsten und am ökologischsten zu bauen sind und wie sie ins Stromnetz integriert werden können. Mitglieder des Vereins sind Vertreter der Bundesministerien für Umwelt, Bau und Wirtschaft, der Bundesländer, der Umweltverbände Nabu, BUND und DNR, dazu Vertreter der Städte und Kommunen und der Industrieverbände wie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft oder des Verbands kommunaler Unternehmen.
Den Vorsitz des Vorstands soll nach Informationen aus Teilnehmerkreisen der Chef der Würzburger Stiftung Umweltenergierecht, Thorsten Müller, übernehmen. Die Geschäftsstelle mit bis zu zehn Beschäftigen ist für Berlin geplant, dafür sind 2,3 Millionen Euro bis 2016 aus dem Umweltministerium versprochen.
Erstmals Koordinierung für Onshore-Projekte
Damit bekommt der massive Ausbau der Windenergie in Deutschland zum ersten Mal eine Koordinierungsstelle. Anders als bei der Windenergie im Meer, die seit 2005 von der Offshore-Stiftung von Bund, Ländern und Industrie vorangetrieben wird (und erst bei 280 Megawatt liegt), herrscht bei den Windanlagen auf festem Boden bisher Wildwuchs. Inzwischen stehen in Deutschland nach Zahlen des Fraunhofer Instituts IWES etwa 23.000 Onshore-Windanlagen mit einer Leistung von 31.000 Megawatt – das ist so viel, wie 30 Atomkraftwerke produzieren.
Weil der Ausbau der Windanlagen auf See länger dauert und teurer ist als angenommen, bilden die Standorte an Land weiterhin das Rückgrat der deutschen Energiewende. Inzwischen wird fast jede zweite neue Windanlage in einem Mittelgebirge und nicht an der Küste errichtet. Das bringt zunehmend Probleme mit dem Natur- und Landschaftsschutz – und oft Unmut in der Bevölkerung. Zuständig für die Planung sind die Kommunen, die sich manchmal von Projektentwicklern „über den Tisch gezogen fühlen“, wie Insider sagen.
Andererseits melden die Bundesländer seit der Energiewende so ambitionierte Ausbaupläne ohne Rücksicht auf ein Gesamtkonzept an, dass der Ruf nach zentraler Koordinierung immer größer wird. „Für hundert Prozent erneuerbare Energien brauchen wir sehr viele neue Anlagen“, sagt DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen, „und zwar, ohne unnötig viel Porzellan zu zerschlagen.“
Den ersten Streit gibt es schon vor Gründung der Fachagentur. Der Bundesverband Windenergie (BEW), der bis vor kurzem noch auf der Mitgliederliste stand, macht nicht mit. „Wir fürchten, dass der Vorstand nicht ausgewogen besetzt ist“, begründet ein BEW-Sprecher den späten Rückzieher. „Der Verein ist möglicherweise nicht im Interesse der Windindustrie.“
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