Neuberechnung bei Hartz IV: DGB warnt vor Wohnpauschale
Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit fordert die Pauschalierung der Unterkunftskosten für Arbeitslose. Die Regierung will bald loslegen - nach der NRW-Wahl.
In der Debatte über eine Pauschalierung der Unterkunftskosten von Hartz-IV-Empfängern hält sich Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) noch bedeckt. "Die Ministerin hat sich dazu dezidiert noch nicht geäußert", teilte Christian Westhoff, Sprecher des Arbeitsministeriums (BMAS), der taz mit. Doch die Gründung einer interministeriellen Arbeitsgruppe stehe kurz bevor, sagte Westhoff. Ab Ende des Frühjahrs - nach der NRW-Wahl - werde man das Thema angehen.
Im Koalitionsvertrag hatten CDU und FDP angekündigt, eine Pauschalierung der Energie- und Nebenkosten "sowie ggf. der Kosten der Unterkunft" unter Berücksichtigung "regionaler Besonderheiten" zu prüfen.
In den vergangenen Tagen hatte sich Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA), mehrfach für eine Pauschalierung der Unterkunftskosten ausgesprochen. In der Rheinischen Post argumentierte er, die Pauschale schaffe Anreize, sich günstigeren Wohnraum zu suchen. Die 100-Prozent-Versorgung durch den Sozialstaat sei antiquiert. In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau betonte Alt dann am vergangenen Samstag, es handele sich um einen Sparvorschlag für die "überbordende Bürokratie". Hartz-IV-Empfänger sollten so zudem "ein Stück Freiheit" erhalten.
Derzeit legt das Zweite Sozialgesetzbuch fest, dass Leistungen für Unterkunft und Heizung - soweit diese angemessen sind - von den Kommunen in der tatsächlichen Höhe erstattet werden müssen. Das BMAS hat dafür Richtwerte erlassen. So gelten für eine Person 45 Quadratmeter Wohnfläche, für jede weitere Person 15 zusätzliche Quadratmeter als angemessen. Etliche Kommunen ergänzen diese Richtwerte durch Mietpreisobergrenzen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund, Grüne und Linkspartei, der Deutsche Mieterbund (DMB) und mehrere Sozialverbände kritisierten die Idee einer Pauschalierung. "Die Pauschale wird zu Leistungskürzungen führen", sagte Lukas Siebenkotten, Chef des DMB. "Das ist der völlig falsche Weg. Die Verlockung, darüber die Leistungen zu kürzen, wäre groß", urteilte auch Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Er warnte zudem vor einer "Ghettoisierung", wenn Hartz-IV-Empfänger gezwungen würden, in die billigsten Wohnungen zu ziehen. "Damit konterkariert man die wohnungspolitischen Bestrebungen der letzten Jahre", sagte Schneider.
Für "nahezu unmöglich" hält der Deutsche Mieterbund die Pauschalierung von Heizkosten. Je nach Energieträger und Zustand des Gebäudes schwankten diese im Jahr für eine 60 Quadratmeter große Wohnung zwischen 420 und 1.200 Euro. Keine Einflussmöglichkeit haben Mieter zudem auf steigende Energiepreise, die laut DMB von 2007 auf 2008 durchschnittlich um rund 19 Prozent anzogen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) begrüßte hingegen die Idee einer Pauschale. Trotz leerer Kassen und steigender Unterkunftskosten, für die die Kommunen zu rund einem Dreiviertel aufkommen müssen, unterstrich Uwe Lübking, Sozialexperte des DStGB, es gehe vor allem um eine Entlastung der Arbeitsagenturen und Sozialgerichte von Bürokratie und Prozessen. Er betonte zugleich: "Wir müssen uns von dem Gedanken, immer Einzelfallgerechtigkeit schaffen zu wollen, verabschieden."
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