Neubau steht bevor: Milliarden-Subvention für Briten-AKW
Die EU-Kommission bewilligt die umstrittene Beihilfe für den ersten AKW-Neubau in Großbritannien seit 20 Jahren. Österreich klagt, Deutschland zögert.
DUBLIN taz | Die Europäische Union hat am Mittwoch grünes Licht für den Bau eines britischen Atomkraftwerks gegeben. Hinkley Point C mit zwei Druckwasserreaktoren soll in der Grafschaft Somerset im Südwesten Englands neben zwei bereits bestehenden Atommeilern gebaut werden. Es ist der erste Neubau seit rund 20 Jahren. Er soll 2023 in Betrieb gehen und Strom für fünf Millionen Haushalte liefern – das wären sieben Prozent des britischen Strombedarfs.
Gebaut wird das AKW vom französischen Staatskonzern EDF unter Beteiligung zweier chinesischer Firmen. Seit der Katastrophe in Fukushima und den verschärften Sicherheitsauflagen übernimmt freilich kein Unternehmen ein solches Risikoprojekt, wenn nicht der Staat im Falle eines Falles einspringen würde. Die britische Regierung hat EDF einen Preis von 92,5 Pfund pro Megawattstunde über 35 Jahre garantiert – plus Inflationsausgleich. Das ist mehr als das Doppelte des derzeitigen Börsenpreises – und weit mehr, als etwa in Deutschland für Windstrom bezahlt wird.
Nach EU-Recht sind solche Subventionen eigentlich illegal. Zunächst beanstandete EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia die Subventionen auch und ordnete Ende vorigen Jahres eine Untersuchung an. Doch im September kam die Kehrtwende. Man müsse die Erbauer von AKWs vor politischen Risiken schützen, argumentierte Almunia.
Am Mittwoch winkte die EU-Kommission den Bau durch und schuf damit einen Präzedenzfall für künftige Subventionsentscheidungen. Die Kommissare machten lediglich minimale Auflagen. So müssen Privatinvestoren Profite von mehr als 13,5 Prozent zu 60 Prozent an den Staat abführen.
EU-Kommissare aus fünf Ländern haben Bedenken gegen die Genehmigung des Atomkraftwerks geäußert. Die österreichische Regierung will sogar Klage einreichen. Energiekommissar Günther Oettinger akzeptierte die Entscheidung hingegen als „Einzelfall“. Ein Sprecher des deutschen Wirtschaftsministeriums erklärte, man wolle die Entscheidung „sehr genau prüfen“, bevor über eine Reaktion entschieden werde.
Umweltorganisationen kritisierten die Brüsseler Entscheidung. Andrea Carta von Greenpeace sagte: „Das ist ein rekordverdächtiger Ausverkauf an die Atomindustrie auf Kosten der Steuerzahler und der Umwelt. Es ist eine derartige Verzerrung der Wettbewerbsregeln, dass sich die Kommission der Gefahr von juristischer Anfechtung ausgesetzt hat.“
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