Netzpolitik.org-Chef über CIA-Leak: „Wie gewöhnliche Netzkriminelle“
Die neue Wikileaks-Enthüllung über die CIA zeige, dass Geheimdienste dazu beitragen, Software unsicher zu halten, sagt Markus Beckedahl.
taz: Herr Beckedahl, die Enthüllungsplattform Wikileaks hat tausende Dokumente veröffentlicht, die die Hackerwerkzeuge der CIA beschreiben. Waren Sie überrascht?
Markus Beckedahl: Ähnliche Werkzeuge wurden zum Beispiel schon in den Snowden-Dokumenten beschrieben. Wir wissen inzwischen, dass westliche Geheimdienste wie die NSA und der BND eigene Hackertrupps und auch solche Hackerwerkzeuge haben. Jetzt wissen wir, dass die CIA sie auch hat.
Heißt das, Sie wussten schon, dass die CIA eigene Hacker hat?
Wir sind davon ausgegangen, dass wenn der BND etwas kann, die CIA das erst recht kann.
Ein Unterschied zu den Snowden-Enthüllungen scheint ja zu sein, dass hier nicht der Internetverkehr allgemein überwacht wird, sondern Einzelpersonen.
Schon bei den Snowden-Dokumenten war klar, dass die NSA beides gemacht hat. Dazu wurde ein System der Massenüberwachung geschaffen, um an Netzknotenpunkten den Datenverkehr zu rastern und zwischenzuspeichern. Einzelpersonen wurden aber auch gezielt ausspioniert. Ich gehe davon aus, dass die Dienste auch weiterhin zweigleisig fahren werden. Die neuen Dokumente belegen, mit welchen speziellen Methoden die CIA vorgeht.
Was sind das für Methoden?
Im Prinzip sind das dieselben Methoden, wie sie auch gewöhnliche Kriminelle im Netz verwenden: Phishing Mails oder gefälschte Websites, die dann Schadsoftware auf die Computer von Nutzern aufspielen. Die Geheimdienste kaufen dazu gezielt Sicherheitslücken auf. Statt sie aber den Herstellern mitzuteilen und schließen zu lassen, nutzen sie diese Lücken aus, um Leute zu überwachen. Das heißt, Steuergelder werden ausgegeben, um Software unsicher zu halten, was wiederum von anderen Geheimdiensten oder auch Kriminellen ausgenutzt werden kann. Die Dienste sind damit ein Teil dieses Systems der Unsicherheit.
ist Internetaktivist, Gründer und Autor des Blogs netzpolitik.org.
Wie kann man sich dagegen schützen?
Wenn man von einem besonderem Interesse für die Geheimdienste ist, hilft eigentlich nur, alle Geräte wegzuschmeißen. Gewöhnliche Nutzer sollten darauf achten, dass ihre Software aktuell ist und sie Updates schnell aufspielen. Das schließt einen Hack nicht komplett aus, erschwert ihn aber. Besonders angreifbar sind veraltete Geräte und Software, die nicht mehr so oft von den Herstellern aktualisiert wird. Um die eigene Kommunikation im Netz zu schützen, sollte man Mails und Chats verschlüsseln.
In den Dokumenten von Wikileaks heißt es ja, viele der CIA-Hacker würden in Frankfurt sitzen. Muss das jetzt von der Regierung untersucht werden?
Grundsätzlich wäre es begrüßenswert, wenn die Bundesregierung sich dafür interessieren würde. Bisher hat sie aber wenig Interesse an einer Aufklärung gezeigt, wenn es um die Drohnenmorde der US-Armee ging, die von Ramstein aus geflogen werden oder wenn es um die Hackertrupps der NSA in Stuttgart und Darmstadt ging. Ich gehe davon aus, hier wird dieselbe Ausrede kommen wie bisher: dass diese Orte kein deutscher Boden sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“