Netz-Überwachung der Geheimdienste: Google und Co wollen Reform
Apple, Facebook, Microsoft und Google gehen nach den NSA-Enthüllungen in die Offensive. Sie fordern von Regierungen, ihre Geheimdienste stärker zu konrtrollieren.

WASHINGTON dpa | Führende amerikanische Internet-Firmen haben eine Kampagne gegen die gewaltigen Spionageprogramme internationaler Geheimdienste gestartet. In einem Brief an US-Präsident Barack Obama und Kongress-Mitglieder sowie über Anzeigen in Tageszeitungen forderten Unternehmen wie Apple, Facebook, Microsoft und Google am Montag Beschränkungen bei der staatlichen Überwachung von Bürgern.
Die USA, deren Behörde NSA durch Enthüllungen besonders stark in Verruf geraten ist, sollten dabei mit gutem Beispiel für andere Regierungen der Welt vorangehen.
Auch Twitter, AOL, Yahoo und LinkedIn beteiligen sich an der Initiative. Auf einer gemeinsamen Website präsentieren die Unternehmen ihre fünf „Prinzipien“ für eine globale Reform staatlicher Überwachungsprogramme. So sollten die Geheimdienste aufhören, massenhaft Kommunikationsdaten aus dem Internet abzufischen, sondern ihre Sammlung konkret auf Zielpersonen beschränken. Zudem müssten die verantwortlichen Behörden und Gerichte viel strenger überwacht werden.
Die Firmen wollen auch genaue Angaben veröffentlichen dürfen, wie oft und warum Regierungen nach der Herausgabe von Nutzerinformationen fragen. Ferner forderten sie den „freien Fluss von Informationen“ im Internet auch über internationale Grenzen. Serviceanbieter dürften dabei nicht behindert oder übermäßig kontrolliert werden. Die Unterzeichner riefen die Regierungen auf, sich international auf einen rechtlichen Rahmen für Anfragen nach Nutzerdaten zu einigen, um Konflikte zu vermeiden.
„Es ist Zeit für den Wandel“, heißt es in dem offenen Brief der Firmen. „Die Berichte über die staatliche Überwachung haben gezeigt, dass es eine echte Notwendigkeit für eine größere Offenlegung und neue Grenzen gibt, wie die Regierungen Informationen sammeln“, sagte Facebook-Chef Mark Zuckerberg in einer Mitteilung. „Die Menschen werden keine Technologie nutzen, der sie nicht vertrauen. Regierungen haben das Vertrauen riskiert - und Regierungen müssen helfen, es wiederherzustellen“, erklärte Microsofts Chefjustiziar Brad Smith.
Die neueste Offensive folgt einer nicht enden wollenden Welle der Enthüllungen über die Praktiken der NSA und anderer Geheimdienste. Erst kürzlich hieß es, die NSA greife Daten aus internen Verbindungen zwischen Datenzentren von Google und Yahoo ab. Beide Firmen betreiben weltweit riesige Rechenzentren. Die Anlagen tauschen ständig Nutzerdaten untereinander aus, etwa E-Mails, Suchanfragen oder Dokumente. Dass der heimische Geheimdienst hier Informationen abgreifen könnte, empörte die Firmen.
Die Unternehmen sorgen sich auch um ihr Geschäft. Hunderte Millionen Menschen weltweit nutzen die E-Mail-Dienste, Smartphones, Netzwerke und Chat-Programme der Vorreiter aus dem Silicon Valley. Ein Vertrauensverlust könnte die Unternehmen empfindlich treffen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden