Netflix-Serie „Bodkin“: Kantig und bissig
In „Bodkin“, der ersten Serie der Obama-Produktionsfirma, sollen drei Journalist_innen in Irland einen True-Crime-Podcast machen.
True-Crime-Podcasts sind für Dove „Nekrophilie“ und „moralisch verkommen“. Und sie will wirklich nicht für einen arbeiten! Muss die Journalistin aber, sagt ihr Chef beim Guardian in London. Denn der möchte sie, nachdem einer ihrer Informanten auf mysteriöse Weise gestorben ist, aus der Schusslinie haben.
Sie nach Irland zu schicken, damit sie dem US-amerikanischen True-Crime-Podcaster Gilbert Power (Will Forte) bei einer Recherche hilft, ist da eine gute Lösung. Nur dass Dove (Siobhán Cullen), in Irland aufgewachsen, wirklich keine Lust hat zurückzukehren.
Und die Nachwuchsjournalistin Emmy (Robyn Cara), die sie begleiten soll, findet sie sowieso nervig. Genauso wie diese ganze Exotisierung Irlands, die vor allem Podcaster Gilbert vorantreibt. Der identifiziert sich selbst – dank Urgroßvater – selbst als Ire.
Doch eigentlich geht es in „Bodkin“ – der ersten TV-Serie der Produktionsfirma der Obamas – eigentlich um etwas anderes: Vor über 20 Jahren sind im Dorf Bodkin drei Menschen während eines traditionellen Fests verschwunden. Nur einer davon, ein Junge, ist wieder aufgetaucht. Podcaster Gilbert wittert darin ein Mysterium über Aberglaube und Gewalt, das er gar nicht lösen, sondern monetarisieren will. Dove sieht darin ganz alltägliche Kriminalität – in Irland.
Kantig und ironisch
„Bodkin“, Staffel 1
7 Folgen auf Netflix
Das Dörfchen spricht über das Vorkommnis nicht groß, besonders nicht mit den Eindringlingen. Da werden schon mal Polizeiakten geschwärzt und Journalistinnen angefahren. Das Trio muss sich also anderweitig helfen: mit Lügen, Diebstahl und unerwünschten Besuchen bei Beerdigungen. Dabei verurteilen sie sich gegenseitig wunderbar schnell als naiv oder unmoralisch, meistens zu Recht.
„Bodkin“ zeigt so auch die gefühlte Spannungen zwischen traditionellen Nachrichtenmedien und Podcasts, zwischen trockenen Fakten und pathetischer Inszenierung, und das so kantig und ironisch, dass klar wird: Diese Trennung existiert in Wahrheit nicht.
„Bodkin“ ist bissig. Die Serie spielt vor allem damit, ihre Charaktere immer wieder beinahe ins Lächerliche zu ziehen, aber nur so weit, dass sie trotzdem ernstgenommen werden können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?