Netflix-Film über Pamela Anderson: Mehr Image-Film als Doku
In knapp zwei Stunden erzählt Pamela Anderson von ihrer Karriere und ihren Beziehungen. Radikal ehrlich soll es sein, aber nicht journalistisch.
Es wird nicht verwundern, doch Pamela Andersons Brüste nehmen in ihrem neuen Netflix-Film „Pamela – Eine Liebesgeschichte“ eine große Rolle ein. Anderson erzählt, wie sie als junger Teenager kurzzeitig dachte, ihr würden Geschwüre am Oberkörper wachsen. Verängstigt versuchte sie, diese zu verstecken, doch sie wurden immer größer – als ihre Mutter das Missverständnis aufklärt, verändert sich ihre Beziehung zu ihren Brüsten gewaltig. Heute sagt sie: „Meine Brüste hatten eine fabelhafte Karriere – ich hing einfach mit dran.“
Mit dieser Selbstironie führt Anderson in knapp zwei Stunden durch ihr Leben. Erzählt von ihren Liebesbeziehungen und zahlreichen Hochzeiten, von ihrer Karriere, die zufällig bei einem American-Football-Spiel begann und sie 14-mal auf das Cover des Playboy brachte – und auch von verschiedenen Schicksalsschlägen, die ihr Leben formten.
Als Kind will sie ihre Babysitterin mit einer Zuckerstange töten, nachdem diese sie mehrfach missbraucht haben soll. Kurz darauf stirbt die Babysitterin wirklich bei einem Autounfall. Anderson fühlt sich jahrelang verantwortlich für ihren Tod. Als sie dann berühmt wird, ist es die Presse, die sie nicht mehr loslässt. Die bedrängt sie selbst kurz nach einer Fehlgeburt. Immer wieder sieht sie sich mit sexistischen Moderatoren konfrontiert.
Die aufdringliche Presse sowie das Leaken von erotischen Aufnahmen sind es, die Anderson nun zu einer Medienoffensive führen. Zeitgleich zum Netflix-Film erscheinen ihre Memoiren „Love, Pamela“. Das offensichtliche Ziel: ihre Geschichte endlich selbst zu erzählen.
Ungeschminkt und im weiten weißen Kleid
Dafür hat sie dem Regisseur Ryan White ihre Tagebücher und Dutzende Video-Tapes zur Verfügung gestellt. Anderson und ihr langjähriger Partner Tommy Lee haben sich ständig gegenseitig gefilmt: im Urlaub, beim Streiten, im Umgang mit den Kindern. Dieses Material wird von Anderson in ihrem Zuhause in Kanada – ungeschminkt und im weiten weißen Kleid – kommentiert.
Das Leben der heute 55-Jährigen ist zwar interessant und das Videomaterial gibt viel her, doch eine Dokumentation ist trotz allem nicht entstanden. Wie bei der kürzlich erschienen und viel diskutierten Miniserie von Meghan und Harry handelt es sich auch hier eher um einen Imagefilm.
Außer ihren Söhnen Brandon und Dylan und der Mutter kommt niemand ihrer Wegbegleiter*innen zu Wort, Andersons Aussagen werden weder geprüft noch kritisch eingeordnet. Journalistische Standards werden nicht eingehalten
Besonders schade ist das, als es um ein Tierschutzbegehren der Peta-Aktivistin Pamela Anderson von vor ein paar Jahren geht. Im Nebensatz erzählt sie von einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und sagt: „Ich glaube, er hat Gefallen an mir gefunden.“ Gerade in Zeiten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gäbe es da schon ein paar Fragen, die erhellend wären. Doch im Film stellt sie keiner.
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