Netflix-Dokumentation „Break Point“: Plop, Pop und Pein
Die Netflix-Doku „Break Point“ zeigt in fünf Folgen den ehrgeizigen Tennisnachwuchs. Die Serie macht Spaß, auch wenn man selbst keinen Tennis spielt.
Vor Jahren beschäftigte mich mal ein Buch über die Mafia mit dem Titel „Die Ehre des Schweigens: Ein Mafiaboss packt aus“. Eine klassische contradictio in adiecto, denn möglich ist ja nun nur eines, es sei denn der Titel hätte dem Mafiaboss auf subtile Art die Ehre absprechen wollen, was dann ein netter und natürlich vollkommen angemessener Schmetterball gewesen wäre.
Weit ausgeholt, gewiss – aber als ich vom „Netflix- Fluch“ hörte, der tatsächlich alle jene Spielerinnen und Spieler ereilt hat, die sich in der Tennis-Doku „Break Point“ darstellen und nun bei den aktuell laufenden „Australian Open“ in Melbourne schnell ausgeschieden sind oder verletzt gar nicht antreten konnten – da dachte ich schon, tja: Wer die ganze Zeit von focus, make it und biggest challenge labert und sich dann aber eben vor eine Kamera setzt anstatt sich nochmal zu dehnen oder ein paar Bälle mehr zu schlagen, der oder die ist eben noch nicht wirklich reif für einen Grand Slam-Titel.
Tennis, das ist die wesentliche Aussage der Doku, ist hart und hip, ist Pop und Pein, ist jung und auch ein bisschen dumm. Der Tiefststand der Unpopularität des Tennissports scheint dabei, wenn ich noch einmal auf Naherfahrung zurückgreifen darf, überwunden zu sein: Vor ein paar Jahren buhlten Berliner Vereine noch um Interessenten, jetzt gibt es wieder Wartelisten; wobei Beiträge und Aufnahmegebühren immer noch, im Vergleich zu den Steffi-Graf-Boris-Becker-80er- Jahren, erfreulich niedrig angesetzt sind.
An „Break Point“ – beweist ein abendlicher Blick auf den Laptop der Freundin – kann offensichtlich auch Spaß haben, wer selbst nicht Tennis spielt oder gespielt hat. Das liegt daran, dass die Doku gelungen den Eindruck vermittelt, dem wahren Geschehen dieses Sport-Business sehr nahe zu kommen: Die jungen Menschen, die die alten Champions aus den Top Ten vertreiben wollen, sind sympathisch und erstaunlich offen, wenn auch eben ein bisschen beschränkt (die Frauen wie immer weniger); aber vielleicht bringt das schlicht die Existenz im Profizirkus mit sich, die – so bekommt man es gezeigt – weniger aus Topspin und Slice, als vielmehr aus Koffer ein- und auspacken besteht.
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