Netanjahu vor der Parlamentswahl: Zeit „nicht reif“ für Palästinenserstaat
In einer Broschüre steht, der israelische Premier sei grundsätzlich gegen einen palästinensischen Staat. Dem widerspricht er. Für Zugeständnisse ist er aber auch nicht.
JERUSALEM afp | In einer zentralen Zukunftsfrage für Israel haben Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine Likud–Partei eine Woche vor den Parlamentswahlen widersprüchliche Stellungnahmen abgegeben. Netanjahu ließ am Montag über seinen Sprecher dementieren, dass er von seiner Zustimmung zur Bildung eines Palästinenserstaates neben Israel abgerückt sei. In den Synagogen des Landes war am Wochenende dagegen eine Broschüre verteilt worden, in der im Namen der regierenden Likud-Partei das genaue Gegenteil stand.
In Frage–Antwort–Form waren dort die Positionen der wichtigsten Parteien im Vorfeld der Parlamentswahlen am 17. März aufgelistet. Zur Frage nach der Meinung des jeweiligen Parteivorsitzenden zur Bildung eines Palästinenserstaates lautete die Likud–Antwort: „Der Ministerpräsident hat der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass seine Rede an der Bar-Ilan-Universität null und nichtig ist“.
In diesem weltweit beachteten Vortrag hatte Netanjahu im Juni 2009 erstmals der Zweistaatenlösung zugestimmt. In der Broschüre hieß es dagegen weiter: „Netanjahus ganze politische Laufbahn ist geprägt vom Kampf gegen die Bildung eines Palästinenserstaates“.
Der Sprecher des Ministerpräsidenten betonte dagegen am Montag: „So etwas hat er nie gesagt“. Richtig sei allerdings, dass die Zeit jetzt nicht reif sei für territoriale Zugeständnisse an die Palästinenser. „Netanjahu erklärt seit Jahren, dass unter den heutigen Bedingungen im Nahen Osten extremistische, islamistische Elemente jedes Stück Land besetzen würden, das wir räumen“, sagte der Sprecher.
Eine Likud–Sprecherin rückte ebenfalls von den Aussagen in der Broschüre ab. Die dort im Namen der Partei gegebenen Antworten seien die persönlichen Ansichten der Vizeministerin Zipi Chotoveli. Die Abgeordnete vom rechten Likud–Flügel wirbt immer wieder für eine vollständige Annektierung des Westjordanlands.
Der Nahostkonflikt und die Bildung eines unabhängigen Palästinenserstaates waren bisher kaum Thema des Wahlkampfs in Israel, dessen Ausgang offen ist. Die Konfusion in der Regierungspartei brachte diese Fragestellung nun acht Tage vor dem Urnengang in die Schlagzeilen der israelischen Medien.
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