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Netanjahu strebt Neuwahl in Israel anNeue Chance schon im April

Premier Benjamin Netanjahu will seine knappe Mehrheit möglichst schnell ausbauen – wohl auch weil wegen Korruption gegen ihn ermittelt wird.

Flexibel: Nun will Benjamin Netanjahu doch neu wählen lassen Foto: dpa

Jerusalem taz | Sieben Monate vor dem geplanten Termin sollen Israels Staatsbürger schon im kommenden April ein neues Parlament wählen. Die Abgeordneten der Knesset stimmten am Mittwoch für die Auflösung des Parlaments und folgten damit der Entscheidung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der sich nicht in der Lage sah, mit seiner knappen Koalition weiter zu regieren. Letzter Streitpunkt war die Wehrpflicht für ultraorthodoxe Juden. Jair Lapid, Chef der Zukunftspartei, stellte sich gegen eine Sonderregelung für Talmudstudenten. Am Mittwoch votierten 104 der 120 Abgeordneten für die Auflösung der Knesset, niemand stimmte mit Nein. Es war die erste von drei Lesungen.

Noch vor vier Wochen hatte es Netanjahu gar nicht eilig mit Neuwahlen, sondern warnte nach dem Rücktritt von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman die Koalitionspartner: „Wir befinden uns in einer besonders komplexen Sicherheitslage. In solchen Zeiten stürzt man keine Regierung.“ Dann jedoch konnte es ihm nicht schnell genug gehen. Die knappe Mehrheit der Koalition von nur 61 der insgesamt 120 Parlamentsmandate mache eine Fortsetzung seiner Regierungszeit unmöglich, und die Sicherheitslage sei nun, da die israelische Armee an der Grenze zum Libanon mehrere Tunnel der Hisbollah zerstört hat, auch kein Hinderungsgrund mehr für vorgezogene Wahlen.

Was ihn tatsächlich zum Umdenken motiviert haben dürfte, ist, dass mehrere führende Mitarbeiter im Justizministerium dafür plädieren, Netanjahu in mindestens zwei Korruptionsfällen vor Gericht zu stellen.

„Faszinierend“, so schreibt Sima Kadmon in der Zeitung Jediot Achronot, „wie plötzlich sich die Realität verändert, sobald persönliche Interessen ins Spiel kommen“.

Die Opposition begrüßte die Entscheidung für vorgezogene Neuwahlen. „Zum ersten Mal stimmt die Knesset für ein gutes Gesetz“, resümierte Mossi Raz von der linksliberalen Meretz die ausgehende Regierungszeit, die weder das Ende der Besatzung noch die Zweistaatenlösung näher gebracht habe. Der so­zial­demokratische Abgeordnete Eyal Ben-Reuven von der Zionistischen Union pfiff gleich den Wahlkampf an: Die Auflösung der Knesset sei eine Chance, um „den Schaden“, den Netanjahus Regierung „der Demokratie und Gleichberechtigung“ in Israel angetan habe, zu beheben.

Mehrere Umfragen deuten darauf, dass der Likud und mit ihm Netanjahu die kommenden Wahlen mit großem Abstand gewinnen wird. Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit wird, so die allgemeine Annahme, seine Entscheidung für eine Anklage Netanjahus verzögern, um den Ausgang der Wahlen abzuwarten.

Netanjahus Rechnung, Zeit zu gewinnen, dürfte damit aufgehen. Als Regierungschef ist er nicht dazu gezwungen, sein Amt zu verlassen, wenn ein Verfahren gegen ihn läuft, sondern erst bei einer Verurteilung.

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