■ Neonazis und CSU kämpfen für die Ehre der Wehrmacht: Schwarzbraune Allianz
„Unsere Großväter waren keine Verbrecher – und wir sind stolz auf sie!“ Der Stammtisch nickt beifällig, die CSU-Honoratioren legen demonstrativ Kränze nieder, und die Neonazis gehen auf die Straße oder verüben Anschläge. Die Wanderausstellung „Vernichtungskrieg der Wehrmacht“ sorgt mit ihren eindeutigen Aussagen bundesweit für ein arbeitsteiliges Bündnis konservativer und rechtsextremer Aktivisten und Ideologen. Das hat seinen Grund: Die Ausstellung zerstört den Mythos, die Wehrmacht hätte mit den Naziverbrechen nichts zu tun, und der deutsche Soldat hätte, wie eben alle anderen Soldaten auf der ganzen Welt auch, nur seine Pflicht getan.
In Erfurt besprühte der Rechtsterrorist Manfred Roeder die Informationstafeln mit „Lügen“-Parolen, in Regensburg und Nürnberg demonstrierte eine Handvoll Neonazis, und jetzt soll am 1. März in München der „nationale Widerstand“ aufmarschieren. Nach Partei- sowie Demonstrationsverboten und Haftstrafen für führende Figuren hat die Szene ihre Verunsicherung überwunden. Die Mitgliederkarteien sind bereinigt, die Kader gefestigt und mit den „Jungen Nationaldemokraten“ steht eine Sammlungsorganisation bereit, die aufgrund ihres Parteienstatus nur schwer zu verbieten ist. Jetzt sieht man die Zeit gekommen, wieder, wie zu Beginn der 90er Jahre, die Straße zu erobern. Übergriffe auf Ausländer und Punks sind die eine, Aufmärsche in Berlin, Magdeburg und München die andere Seite der selben Medaille.
In der ehemaligen „Hauptstadt der Bewegung“ erhofft man sich großen Zulauf. Nicht nur weil bundesweit über das Thule-Netz mobilisiert wird, sondern weil man mit der CSU auf der ideologischen Ebene einen potenten Mitstreiter gefunden hat. Geradezu reflexartig kam Münchens CSU-Chef Gauweiler gegen die „Pauschalverurteilung der Kriegsteilnehmer“ aus der Deckung. Die ganze CSU steht stramm.
Im Bestreben, am rechten Rand keine Konkurrenz entstehen zu lassen, hat die CSU schon immer das Rechtsaußen-Klientel bedient. Im Herbst beschimpfte Gauweiler den Holocaust-Forscher Goldhagen als „Volksrichter“. Auf ihrer Klausurtagung im Januar machte die CSU die Ausländer für die hohe Arbeitslosigkeit verantwortlich. Die Zuwanderung als ökologisches Problem ist ohnehin schon im Parteiprogramm festgeschrieben. Am liebsten würde man für die Ehre der Wehrmacht, wie einst beim Kruzifix und den Biergärten, selbst auf die Straße gehen. Doch Alt- und Neonazis waren schneller. Bernd Siegler
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