Neonazi-Aktionen in Berlin: NPD setzt auf Geschichte
Die NPD will am Gedenktag zum Mauerbau, dem 13. August, aufmarschieren. Bereits am Samstag soll eine NPD-Plakataktion mit Neonazis aus dem Bundesgebiet stattfinden.
Es ist ein kalkulierter Affront: Rechtsextreme wollen am Gedenktag zum Mauerbau vor 50 Jahren in Berlin aufmarschieren. Am Mittag des 13. August will sich die NPD zu einer Kundgebung auf der Bösebrücke treffen, dem früheren Grenzübergang am S-Bahnhof Bornholmer Straße. Die Polizei bestätigte eine entsprechende Anmeldung. Antifa-Gruppen kündigten Gegenprotest an.
Als Sprecher kündigt die NPD Funktionäre aus dem Bundesgebiet an, darunter Sachsens NPD-Fraktionschef Holger Apfel und den Vorsitzenden der NPD-Jugend Michael Schäfer. Der Mauertoten und dem "Sonderschicksal unseres Volkes" wolle man gedenken, teilte die Partei mit.
Der Verfassungsschutz wertet die Aktion als bewusste Provokation. "Die schwächelnde NPD setzt sich auf geschichtsträchtige Daten auf, weil sie sonst überhaupt nicht mehr wahrnehmbar wäre", sagte eine Sprecherin. Bereits am 17. Juni hatte sich die NPD in Mitte versammelt, vorgeblich um an den DDR-Arbeiteraufstand zu erinnern. Auch dies wertete der Verfassungsschutz schlicht als Versuch der Partei, "möglichst breite Öffentlichkeit" zu erheischen.
Als Organisator der NPD-Kundgebung am 13. August tritt der Berliner NPD-Vize Sebastian Schmidtke auf. Der Kameradschaftsaktivist war auch Anmelder einer rechten Demo Mitte Mai in Kreuzberg, auf der Neonazis Gegendemonstranten attackiert hatten.
Wie aus einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage hervorgeht, führt die Polizei 13 Strafverfahren gegen Teilnehmer des Aufzugs, darunter wegen gefährlicher Körperverletzung, Vermummung, des Zeigens eines Hitlergrußes, der Angriffe auf Polizisten. Der Fahrer des Lautsprecherwagens war einem Beamten über den Fuß gefahren, ein anderer Polizist wurde mit einer Flasche beworfen.
Ermittelt wird auch gegen links: Antifa-Gruppen hatten Fotos der "rechten Schläger" im Internet veröffentlicht. Ein Abgebildeter stellte Anzeige wegen Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz. Der Senat kritisiert das Plakat als "Aufruf zu Selbstjustiz". Gleichwohl nutze es die Polizei für ihre Ermittlungen gegen die Rechten.
Wie am Dienstagabend bekannt wurde, soll die NPD bereits am kommenden Samstag eine großangelegete Wahlkampfaktion planen. Nach Angaben von Antifa-Gruppen und des Tagesspiegels plant die Partei mit mehreren hundert Neonazis aus Berlin und Ostdeutschland in der Nacht zu Sonntag in einer konzertierten Aktion 40.000 Parteiplakate im Stadtgebiet aufzuhängen. Gemeinsamer Treffpunkt soll ab 20 Uhr die NPD-Parteizentrale in Köpenick sein. Den Berichten zufolge werden auch Neonazis aus Tschechien anreisen. Zudem sei ein "Videodreh für Youtube" mit "Fackeln, Trommeln und Fahnen" geplant.
Antifa-Gruppen und der Bund der Antifaschisten meldeten für Samstagabend eine Kundgebung vor der NPD-Zentrale an. Sie rufen zur Blockade der Plakatier-Aktion auf. In der Vergangenheit hätten Neonazis bei solchen Einsätzen Linke und Migranten angegriffen, heißt es in einem Aufruf. Es dürfe "den Nazis kein Meter überlassen" werden.
Eine Polizeisprecherin bestätigte die Anmeldung der linken Kundgebung. Die Informationen zur Mobilisierung der NPD würden derzeit noch "geprüft".
Antje Henning blickt vor allem sorgenvoll auf den 13. August. Henning plant an dem Tag mit ihrer Initiative "Grünzüge für Berlin" eine Menschenkette - entlang der Bornholmer Brücke. Mehrere 100 Berliner sollen sich am Nachmittag mit grünen Bändern vom Park am Nordbahnhof bis zum Volkspark Schönholzer Heide aneinanderreihen - um so für einen durchgehenden Grünzug auf dem früheren Mauerstreifen im Norden der Stadt zu werben. Henning befürchtet nun, dass "die NPD und der zu erwartende massive Polizeieinsatz" die Menschenkette an der Bösebrücke verunmöglicht. Teilnehmer könnten durch Polizeisperren ferngehalten oder abgeschreckt werden. "Dabei haben wir die Menschenkette schon vor Monaten angemeldet", sagt sie.
Die Polizei verweist auf noch ausstehende Kooperationsgespräche. Sollten sich die Veranstaltungen überschneiden, werde man eine "gemeinschaftliche Lösung" finden, versicherte eine Sprecherin.
Bund und Stadt planen für den 13. August eine prominent besetzte Gedenkfeier an der Gedenkstätte Bernauer Straße, auf der unter anderem Bundespräsident Christian Wulff (CDU) sprechen soll. Um 12 Uhr soll berlinweit eine Schweigeminute stattfinden. "Störungen dieses Gedenktages werden wir nicht zulassen", kommentierte ein Senatssprecher knapp.
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