Nato-Generalsekretär Mark Rutte: Transatlantiker mit Vergangenheit
Mark Rutte ist ein Kommunikationsgenie mit Regierungserfahrung. Von Russland hat er sich in der Vergangenheit aber ebenso blenden lassen wie andere.
M it Mark Rutte wird erneut ein niederländischer Transatlantiker der neue Nato-Chef. Schon oft führte jemand aus dem kleinen Königreich an der Nordsee das Verteidigungsbündnis. Osteuropäer wurden, auch in Zeiten des Ukraine-Krieges, noch nie an die Spitze gewählt.
Kaum jemand in Europa hat mehr Regierungserfahrung als der rechtsliberale Rutte. Nur sein politisches Vorbild Angela Merkel und sein Erzfeind Viktor Orbán können ihn hier ausstechen. Seit 2010 führte er verschiedene Koalitionsregierungen im Nachbarland. Der studierte Historiker ist ein Kommunikationsgenie. Am liebsten fährt Rutte apfelessend Fahrrad statt gepanzerte Limousine, spricht genauso einfach Smalltalk mit Otto Normalverbrauchern, wie er Donald Trump im White House vor laufender Kamera widerspricht.
Im eigenen Land gilt er jedoch als „Teflon-Mark“, der zahlreiche Skandale wundersam überlebte. Zum Beispiel den Milliardenschaden durch Gasbohrungen in der Provinz Groningen; oder den Kinderzuschlagskrimi um Tausende Eltern, die Jobs, Eigentum oder gar ihre Kinder wegen diskriminierender Fehler des Staates verloren.
Der ehemalige Personalmanager schützte lieber die Interessen der Gasindustrie und wollte die Dividendensteuer für Konzerne wie seinen Ex-Arbeitgeber Unilever abschaffen. Und trotz des russischen Abschusses des Flugs MH17, der Annexion der Krim und des Krieges in der Ostukraine 2014 wollte er wie Merkel nie den Bau von Nord Stream 2 stoppen.
Rutte hat spät eingesehen, wie gefährlich die Drohungen aus Moskau sind. Er hat die niederländische Armee kaputt gespart, alle Panzer wurden verkauft. Und sein Land schafft wahrscheinlich erst in diesem Jahr die 2-Prozent-Quote, die die Nato-Länder schon 2014 beschlossen hatten.
Und auch das sei nicht vergessen: Rutte ließ seine Regierung wegen einer mutmaßlichen Migrationslüge platzen, vielleicht um zur Nato zu wechseln. Der prorussische Populist Wilders übernimmt nun die Fäden in den Niederlanden und wird dabei auch noch von Ruttes Partei unterstützt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe