Nationalisten und Salafisten: Rechte gegen Rechte
Gegen den Auftritt des Salafisten Pierre Vogel am Sonntag will die „German Defence League“ in Bremen protestieren. Das sind radikale Islam-Feinde mit Neonazi-Verbindung.
BREMEN taz | Auftritte des salafistischen Predigers Pierre Vogel sind fast immer von Protesten begleitet. In Bremen hat sich der Konvertit für Sonntag abgekündigt – und mit ihm, oder vielmehr gegen ihn, wird wohl auch die radikale antiislamische Szene aufmarschieren.
Vogel soll auf der Freifläche vor dem Überseemuseum sprechen. Das bleibt deshalb an dem Tag geschlossen. An die 500 Zuhörer werden erwartet, den Auftritt hat ein Bremer aus einem islamischen Kulturzentrum angemeldet. Störungen schließt die Polizei nicht aus: Auch die „German Defence League“ (GDL) hat sich angekündigt – eine Gruppe radikaler Islam-Feinde, die auf die Verfassung schwört und dabei Verbindungen zu Neonazis hat. Und die für die Behörden schwer einzuordnen ist.
Bundesweit firmiert die GDL unter dem Motto: „Maximum Resistance and No Surrender“ – gemeint sind „maximaler Widerstand“ gegen die „schleichende Islamisierung Europas“. Vor vier Jahren fiel die GDL in Deutschland erstmals auf. Ihr werden bundesweit rund 100 feste Anhänger zugerechnet, die Facebook-Seite der „Bremen Division“ schafft es auf 1.200 „Likes“.
Das politische Vorbild der GDL kommt aus England. 2009 entstand die „English Defence League“ (EDL) um Tommy Robinson, der eigentlich Stephen Yaxley-Lennon heißt. Lange war er europaweit für die islamfeindliche Szene ein Held und wurde, wie in Aarhus in Dänemark bei der ersten europäischen „Anti-Dschihad-Kundgebung“ 2012, jubelnd mit „Tommy, Tommy, Tommy“-Rufen gefeiert. Ende 2013 verließ er allerdings die EDL, da er selbst Bedenken hatte, wegen der Gefahren durch Rechtsextreme. Eine offizielle Abgrenzung der GDL von der EDL ist nicht bekannt.
Die Bremer Szene der Salafisten ist relativ groß. Ursprünglich stammt die Ideologie aus Saudi-Arabien. Der Begriff "Salafisten" kommt aus dem Arabischen und bedeutet "die frommen Altvorderen".
Salafisten sind Anhänger einer Auslegung des Islam, die den Koran nicht metaphorisch, sondern wörtlich versteht, als Regelwerk für die Lebensführung, den Staat und die Gesellschaft.
Zur Ideologie der Salafisten gehört die Ablehnung der Gleichstellung von Frauen und Homosexuellen. Die Evolutionstheorie ist laut dem Prediger Pierre Vogel "Quatsch".
Der Politologe Ulrich Kraetzer spricht beim Salafismus von einer "Ideologie der Ungleichwertigkeit, die zu Hass und Gewalt führen kann".
Nicht alle Salafisten seien Terroristen, heißt es vom Verfassungsschutz, aber fast alle islamischen Terroristen seien Salafisten, weshalb er salafistische Vereine wie den "Schlüssel zum Paradies", zu dem auch Pierre Vogel gehört, beobachtet.
Wie Pierre Vogel sind etwa ein Drittel der Sympathisanten in Deutschland Konvertiten. Bundesweit gibt es nach offiziellen Schätzungen 5.000 Anhänger, Präventionsstellen sprechen von mindestens 10.000 Salafisten. Darunter sind viele junge Leute. (taz/epd)
Eng verbunden ist die GDL auch mit der „Identitären Bewegung“ – von der die Bremer GDL auf Facebook schreibt, sie seien „unsere Verbündeten“. Die „Identitäre Bewegung“ überschneidet sich in Bremen personell mit der Neonazi-Szene. Man werde zwar „nicht fusionieren“, schreibt die Bremer GDL, habe aber „gemeinsame Ziele“. Man werde, „wann immer es notwendig ist – Seite an Seite stehen“.
In Hannover waren die GDL und die „Identitären“ am 29. März bei einem Auftritt Pierre Vogels bereits gemeinsam auf der Straße und protestierten mit der rechtspopulistischen Wählergemeinschaft „Die Hannoveraner“ gegen den „Hassprediger“. Vor Ort waren auch rechte Hooligans im Thor-Steinar-Schick.
Regelmäßig berichtet der radikal antiislamische Blog „Politically Incorrect“ über die Aktionen der GDL: etwa am 15. März über eine Aktion der Gruppe in Kirchweyhe. Seit der Tötung von Daniel S. durch Cihan A. versucht die GDL unter den Motto “Ermordet von Migranten, weil er Deutscher war“ die Menschen aufzuhetzen.
Nach eigene Bekenntnis setze sich die GDL für die Bewahrung der „christlich-jüdischen Traditionen unserer europäischen Kultur“ ein. Sie lehne „jegliche Art von Diskriminierung, Rassismus und Extremismus“ ab sowie „jede Person, Partei oder sonstige Gruppierung, die Antisemitismus, Faschismus oder jede andere Rassenideologie fördert“.
Die Bremer Division warnt auf ihrer Facebook-Seite zudem: „Wir sind und bleiben überparteilich“. Gleichzeitig feiern sie Marine Le Pen, die Vorsitzende der französischen Rechtspopulisten des Front National, sowie Geert Wilders, den Chef der niederländischen Partei der Freiheit, die nun nach der Europawahl eine Fraktion der radikalen Rechten anstreben.
Die Bremer GDL wettert über einen “muslimischen Migrantenbonus“ oder die Europäische Union als „totalitären Superstaat“. Über den Grünen-Europa-Parlamentarier Daniel Cohn-Bendit heißt es in einem Kommentar: „Diese Drecksau......den sollte man an den Eiern aufhängen und den damit zum Frass anbieten, ich wette, die Geier gehen da nicht ran...“. Ein Kommentar, der Fragen zur Radikalität der Gruppe aufwirft. Heißt es doch in einer Anmerkung der Bremer Division: „Wir weisen nochmal darauf hin KEINE gewaltandrohenden oder andere Kommentare die sich auf irgendeine Art und Weise gegen das Grundgesetz und gegen die Verfassung richtet, hier abzugeben“.
Und, direkt an die „heimlichen Beobachter, der Linken und der indoktrinierten Medien, auf dieser Seite“ gerichtet, wird betont: „Kommentare dieser Art sind nicht mit unserer Meinung, Haltung und unseren Zielen im Einklang“. Denn die GDL weiß: „Das wirkt sich negativ auf diese Seite aus.“
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