piwik no script img

Nahost, Merkel, FDPIrrer geht immer

Nicht nur Donald Trump kann irrational. Angela Merkel schreibt, bis keiner mehr kann. Und Christian Lindner könnte bald in Elternzeit gehen.

Angela Merkel hält Zehntausende Worte dagegen Foto: Michael Kappeler/dpa

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: FDP nicht ganz dicht.

taz: Und was wird besser in dieser?

Küppersbusch: Ansehen von Volker Wissing.

taz: Seit Mitte der Woche herrscht Waffenruhe zwischen der Hisbollah und Israel. Wie fragil ist der Frieden?

Küppersbusch: Es geht immer schlimmer: Die Hisbollah – und damit ihr Hauptsponsor Iran – machen Deals mit Biden: weil Trump droht. Es muss mit dem Teufel zugehen, denn danach kommt der Oberteufel. Trump unterstützt die völkerrechtswidrige Siedlungspolitik Israels und anerkannte widerrechtlich Israels Anspruch auf Jerusalem. Jetzt kündigen Trumps Berater eine „regionale Allianz gegen Iran“ an; und vorher ist halt Winterschlussverkauf bei den Ayatollahs und ihren Proxys. Diese Drohung mit der Eskalation ist riskant, denn Trump ist in dem Spiel nicht der Einzige, der irrationale Entscheidungen kann.

taz: Angela Merkel veröffentlicht 740 Seiten Autobiografie mit dem Titel „Freiheit“. Das Buch verkaufte sich am ersten Tag 35.000 Mal, der neueste Fitzek-Thriller ging mehr als doppelt so oft über die Theke. Spricht das gegen Merkel oder gegen das Lesepublikum?

Küppersbusch: 42 Euro Ladenpreis sind 5 Cent pro Seite – fairer Deal eigentlich, wenn Merkel nicht Merkel wäre: Als besondere Tugend wird der Kanzlerin nachgerühmt, in entscheidenden Sitzungen so lange weitergeredet zu haben, bis die anderen aus Ermüdung nachgaben. Kein überragendes Verkaufsargument: „Sind Sie noch wach, wenn Merkel aufhört?“ In einem der Buch-Promo-Interviews riet sie jungen PolitikerInnen, Fragen so konkret wie möglich zu beantworten und sich nicht auf grobe Schlagzeilen einzulassen. Damit ist das Buch vielleicht ein Merch-Artikel für harte Merkel-Fans – und ein Monument einer untergehenden Polit-Epoche. Manchen genügt es als vollständige Argumentationskette, auf einem ostdeutschen Marktplatz hasserfüllt „Määääärkel“ zu erbrechen. Sie hält Zehntausende Worte dagegen. Als Gesamtkunstwerk eindrucksvoll.

taz: „Beginn der offenen Feldschlacht“ hieß es im FDP-Schlachtplan zum Ampelbruch. Auf Generalsekretär Djir-Sarai folgt Ex-Minister Buschmann. War es das mit den Lindner-Liberalen?

Küppersbusch: Selten hat jemand seine Elternzeit so vorausschauend und umsichtig geplant. Lindner nahm auch die Entblößung als Gelegenheit, in jede Nachrichtensendung zu drängeln und die naheliegenden Fragen mit einem Schwall ins All aus lauter Wahlkampfparolen zu beantworten. In seiner Welt ist das „Air time“, wertvolle Reichweite, und folgt der alten Theaterweisheit „Hauptsache, der Name ist richtig geschrieben“. Allerdings hat die FDP kein Monopol mehr auf Intriganz und Verrat; für das Demolieren demokratischen Anstands bieten sich mindestens rhetorisch AfD und BSW eher an. Bleibt die Wirtschaftsklientel – doch viele BossInnen haben nichts gegen Migration oder mehr Staatsinvestitionen. Prognose: 4,9 Prozent ist auch verloren.

taz: Laut dem Bundesamt für Strahlenschutz ist die UV-Strahlung in Teilen Mitteleuropas stark gestiegen – in Dortmund um mehr als 10 Prozent. Hauptgrund sei, dass es weniger Wolken als früher gebe. Können Sie das als Ortskundiger bestätigen?

Küppersbusch: Die Bauern ringsum hatten ihre Ernten früh drin, auf manchen Feldern wurden danach Sonnenblumen gesät, die jedoch nicht mehr geerntet wurden. Kann mal ein Bauer bei der taz Bescheid sagen, was das sollte? Jedenfalls war es offenbar ein landwirtschaftlich gutes Jahr. Dortmund ist auf Platz 3 der regenreichsten Städte Deutschlands hinter München und Augsburg, weswegen dort niemand hin will. Von gut 7 Regentagen im Monat erwischte es unter der Europameisterschaft dreimal das vollbesetzte Westfalenstadion. Also: Der subjektive Eindruck weicht deutlich vom wolkenlosen statistischen Befund ab. Ist uns recht, wenn etwas weniger Touristen kommen.

taz: Nach dem Absturz eines DHL-Frachtflugzeugs in Litauen steht der Sabotageverdacht weiter im Raum. Was ist dran?

Küppersbusch: Üblicherweise ist Berichterstattung am Anfang ereigniszentriert und scheut Mutmaßungen über Ursachen. Im Kontext von Russlands Krieg hat man sich an die umgekehrte Reihenfolge gewöhnt; das war beim Nordstream-Anschlag so, beim Raketentreffer in Polen und nun beim Flugzeugunglück. Eine inzwischen erfahrungsgestützte Einladung, erst die Fakten zu schreiben, und dann „der Russe war’s“. Wenn’s unbedingt mal wieder raus muss.

taz: Und was macht der RWE?

Küppersbusch: Bietet zum Fest im Fanshop „RWE Wein“ für 9,95 Euro. Wein in Essen ist wie Hochbegabtenförderung in Schalke. Das geht nicht.

Fragen: Christina Koppenhöfer, waam

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ich bin kein Bauer, aber vielleicht haben die das mit den Sonnenblumen ja gemacht um die Pflanzenreste in die Erde rein zu Pflügen?



    Sowas soll doch irgendwie dem Boden helfen, wenn da auch mal was "gammeln" kann.

  • "Die Hisbollah – und damit ihr Hauptsponsor Iran – machen Deals mit Biden: weil Trump droht. Es muss mit dem Teufel zugehen, denn danach kommt der Oberteufel."



    Was beweist das man politischen Gegnern mit Härte begegnen muss - eine Politik auf Augenhöhe ist nur sinnvoll mit Partnern, die ebenfalls den gemeinsamen Erfolg im Sinn haben. Trump hat das schon während seiner ersten Amtszeit in Bezug auf Nordkorea und China bewiesen...



    Mag altmodisch sein, aus der Zeit gefallen, Pipapo - aber der Erfolg gibt dem Recht der ihn hat so lange er ihn hat🤷‍♂️

    • @Farang:

      Jo, Trump hat in seiner ersten Amtszeit im Kontext Nordkorea bewiesen, dass er nicht jenseits von Dollars denken kann. Erreicht hat er nichts, aber Kim einen Laufsteg auf der Bühne der Weltpolitik ermöglicht. Auf die Frage, warum der Kim so viel geboten habe, schwadronierte er über "keinen einzigen Dollar, vielleicht 20 Cent".



      Das erklärt seine Haltung zu Klimaschutz, Umweltschutz und anderen nicht-monetären Werten ziemlich gut. Ist schlicht jenseits seines geistigen Horizontes.

    • @Farang:

      Meiner undeutlichen Erinnerung nach hat Trump in Bezug auf Nordkorea und China nichts erreicht. Welcher Erfolg soll das sein, der ihm Recht gibt.



      Der Eindruck war eher: erzähl ihm, sein roter Teppich sei der längste der Weltgeschichte, und er unterschreibt alles, was man ihm vorlegt. Angucken würde er es eh nur, wenns keinen Text, sondern nur Bilder hätte. Ich kann mir kaum jemanden vorstellen, der es seinen Gegnern so leicht macht.

    • @Farang:

      "Trump hat das schon während seiner ersten Amtszeit in Bezug auf Nordkorea und China bewiesen."



      Erinnern Sie mich bitte daran, was er konkret hier dauerhaft erreicht hat? Ich kann da irgendwie nix zu finden.

      • @Encantado:

        Während Trumps erster Amtszeit gab es Gespräche mit Nordkorea. Es herrschte eine regelrechte 'Entspannung' in Südkorea - einfach mal mit Menschen von dort sprechen.



        Jetzt hingegen droht Kim wieder beinahe wöchentlich mit der nuklearen Auslöschung und seine Truppen kämpfen in der Ukraine an forderster Front mit...



        Auch China hat während Trump seine aggressiven Verlautbarungen gegenüber Taiwan nahezu gänzlich unterlassen.



        Wie gesagt, fragen sie mal Menschen aus Südkorea oder Taiwan wann sie sich sicherer gefühlt haben.



        Aus unserer europäischen Blase immer auf die Welt zu schließen ist ein Grundübel - viele Regionen der Welt schätzen tatsächliche Sicherheit und politische Ruhe deutlich höher als 'humanistische Grundwerte' - um derlei Späße können wir uns kümmern weil wir sonst keine (echten) Probleme haben

        • @Farang:

          zwischen einer tatsächlichen Wahrheit und einer gefühlten Wahrheit liegen meist Welten, nur weil die Menschen sich dort sicherer gefühlt haben, heißt das nicht, dass sie es auch wirklich waren ;) und wenn Trump DAUERHAFT etwas erreicht hätte, dann würden die Probleme mit Nordkorea und China jetzt nicht wieder so dramatisch in die Höhe schiessen, soll heißen wenn überhaupt dann war das nur ein kurzfristiger Erfolg und nichts was in irgendeiner Form Bestand hätte und damit ist dieser Erfolg wertlos