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Nachtragshaushalt für BerlinInvestieren, bis alle satt sind

Rot-Rot-Grün einigt sich auf einen Nachtragshaushalt. Finanziert werden unter anderem kostenloses Grundschulessen und Schülertickets.

Berlin investiert, so auch beim Essen für Grundschulkinder Foto: dpa

Berlin taz | Wenn es Geld zu verteilen gibt, kann das Leben für Politiker ganz einfach sein. Die Fraktions­vorsitzenden von SPD, Linker und Grünen präsentierten sich am Montag entsprechend zufrieden und einträchtig. Dank höherer Steuereinnahmen übersteigen Berlins ­Einnahmen 2018 die Ausgaben um 2 Mil­liar­den Euro. Und weil auch für nächstes Jahr weitere Überschüsse erwartet werden, haben sich die Koalitionsspitzen auf einen Nachtragshaushalt für die beiden Jahre geeinigt. Etwa 1,2 Milliarden Euro sollen zusätzlich ausgegeben oder für Investitionen reserviert werden, eine weitere Milliarde soll in die Schul­den­tilgung fließen.

Schwerpunktmäßig investiert wird in die Infrastruktur für Familien, in den Bereich Stadtentwicklung, in Sicherheit und Ökologie. Es war SPD-Fraktionschef Raed Saleh vorbehalten, sein Lieblingsanliegen vorzutragen: Nach Streichung der Gebühren für Kindergarten und Hort folgt nun der nächste Schritt auf dem Weg zu einer komplett kostenfreien Bildung.

So wird ab kommendem Schuljahr das Mittagessen für Grundschulkinder der Klassen eins bis sechs kostenlos; auch die Qualität soll verbessert werden. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man anderen Kindern beim Essen zuschaut“, so Saleh.

Weil er offenbar auch weiß, wie es sich anfühlt, wenn nur die anderen Kinder mit Bus und Bahn fahren können, wird das kostenlose BVG-Schülerticket eingeführt. 29 Millionen Euro ist das dem Senat für die zweite Jahreshälfte 2019 wert. Laut Saleh wolle man damit vor allem Familien mit Kindern zeigen, dass sich die Stadt um sie kümmert. 9 Millionen Euro zusätzlich für Spielplätze gehen in die gleiche Richtung.

Flächen aufkaufen

„Sich die Stadt zurückkaufen“ ist der Slogan, den die Linke für sich beansprucht. Getreu diesem Motto fließen weitere Gelder in den Ankauf von Flächen und Wohnungen. Mit 150 Mil­lio­nen Euro war der Ankauffonds für Grundstücke bislang gefüllt, nun kommen weitere 50 Millio­nen dazu. Um Wohnungsbaugesellschaften bei der Ausübung des Vorkaufsrechts unter die Arme zu greifen, werden weitere 16 Millionen Euro bereitgestellt.

Linke-Fraktionschefin Carola Bluhm betonte, dass mithilfe des vor einem Jahr noch von vielen kritisch gesehenen Vorkaufsrechts mittlerweile 2.500 Wohnungen gesichert wurden. Für die Ausweisung und Betreuung von Milieuschutzgebieten, die eine notwendige Voraussetzung sind, um Investoren Häuser wegzuschnappen, erhalten die Bezirke eine halbe Stelle pro Gebiet. 51 geschützte Kieze gibt es derzeit, weitere sind geplant.

1,2 Milliarden Euro für Investitionen, 1 Milliarde Euro für Schuldentilgung

Auch die Grünflächen und Parks der Stadt sollen profitieren, mit 25 Millionen Euro etwa für Baumbepflanzungen oder leise Laubbläser. Die Sicherheit soll, das ist vor allem ein grünes Anliegen, besonders im Straßenverkehr gestärkt werden. Um die Einführung des Abbiegeassistenten bei Autos voranzutreiben, wird ein Förderprogramm aufgelegt. Für die Räumung von Fahrradwegen wird der Winternotdienst verstärkt.

Strategisch investiert

Es soll nicht nur direkt, sondern auch strategisch investiert werden. Mit dem größten Posten von mehr als 300 Millionen Euro soll die Digitalisie­rung der Stadt vorangetrieben werden. Mit Zuschüssen zum Eigenkapital werden landeseigene Betriebe gestärkt, etwa die Howoge oder die Berliner Bäder-Betriebe. Geld gibt es auch für die Charité und Vivantes.

Ausgegliederte Gesellschaften, in denen die Beschäftigten schlechter bezahlt werden, sollen in die Mutterfirmen zurückgeholt werden. In den Senatsverwaltungen werden 21 neue Stellen geschaffen, 5 Stellen erhält die Polizei für den Kampf gegen organisierte Kriminalität.

Am 13. Dezember soll der Haushalt im Abgeordnetenhaus beschlossen werden.

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1 Kommentar

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  • Na, wenn aber wesentlich mehr Steuergelder für Steuergeschenke an Reiche und Baulöwen verprasst werden, gibt es keinen solchen Hetzartikel. Bravo TAZ.