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Nachteile für afrikanische LänderGeschäfte mit Emissionsrechten

Den CO₂-Zertifikatehandel lehnen einige afrikanische Länder ab, weil vor allem andere verdienen. Er hat verheerende Folgen für Einheimische.

Violet Kelero sitzt vor ihrem zerstörten Haus in Sasimwani, Mau Forest Foto: James Wakibia/imago

Kampala taz | Am Rande der Internationalen Klimakonferenz COP28 in Dubai haben sich einige afrikanische Regierungen gegen den Handel mit Kohlenstoffzertifikaten ausgesprochen. Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan mahnte an, der CO2-Handel sei „nachteilig für Afrika“, denn „damit ernten ausländische Unternehmen mehr als wir selbst“. Auch zahlreiche Menschenrechtsorganisationen warnen in einem gemeinsamen Statement vor den Risiken.

Die Vereinigten Arabischen Emirate als Gastgeber sowie zahlreiche Ölländer pochen allerdings auf einen Ausbau des CO2-Handels. Damit können sie ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung nachkommen, bis 2050 netto kein CO2 mehr auszustoßen. Denn dies ermöglicht ihnen, wenn sie selbst ihren Ausstoß nicht einschränken, woanders Projekte zu unterstützen, die Emissionen vermeiden oder reduzieren – sie können damit ihre eigene Luftverschmutzung wettmachen.

Der afrikanische Kontinent rückt dabei in den Fokus. Denn Afrika verfügt über den zweitgrößten Regenwald der Erde und über Kohlenstoff absorbierende Ökosysteme wie Mangrovenwälder und Sumpfgebiete, also „Kohlenstoffsenken“, die gigantische Mengen aufnehmen können.

Einige afrikanische Regierungen betrachten dies als Stategie, Geld zu verdienen. Tech-Giganten wie Meta und Netflix haben in Kenia CO2-Zertifikate eingekauft. Kenias Präsident William Ruto bezeichnete Afrikas Kohlenstoffsenken als „beispiellose wirtschaftliche Goldmine“.

Die weltweit größte Auktion von CO2-Zertfikaten fand im Juni in Kenia statt. Die saudische Firma Regional Voluntary Carbon Market Company (RVCMC), die derzeit weltweit CO2-Zertfikate einkauft, hat sich Kenia ausgesucht, denn das Land ist afrikaweit führend in dem Sektor. 16 saudische Konzerne, darunter der staatliche Ölgigant Aramco, derzeit der zweitgrößte Konzern der Welt und damit für enorme Mengen von Treibhausgasen verantwortlich, erwarben über 2 Millionen Tonnen an Kohlenstoffkrediten.

„Pakt mit dem Teufel“

„Diese Systeme funktionieren im Grunde einfach nicht“, sagte hingegen Simon Counsell, einer der führenden Experten, der taz: „Statt den lokalen Gemeinden Geld einzubringen, führen sie vielmehr zu Vertreibung und Gewalt.“ Sich zu erhoffen, dass große Konzerne nun in Afrika für einen Geldsegen sorgen und damit den Planeten retten, sei „ein Pakt mit dem Teufel“, so Counsell.

Grund seien vor allem ungeklärte Eigentumsfragen, so Counsell: Wem gehört der Wald oder die Steppe? In den Fokus rückte jüngst der Mau-Wald in Kenia, eines der größten Waldgebiete des Landes. Dort leben die Indigenen des Volkes der Ogiek, der Wald ist ihr traditioneller Lebensraum. Eigentlich ist der Wald Gemeindeland, doch die Regierung versucht derzeit, die Eigentumsrechte unter ihre Hoheit zu bekommen.

Die Hürde sei nämlich, so Counsell, dass CO2-Zertifikate nicht für die bereits existierenden Schutzgebiete ausgestellt werden, sondern nur für solche, die zusätzlich hinzukommen. Jeder Baum, jeder Quadratmeter Mangrovenwald wird damit also zum Anlageportfolio ausländischer Konzerne. Zunehmend bestehe die Tendenz, diese Flächen einzuzäunen, um die Menschen auch mit Waffengewalt fernzuhalten, so Counsell.

Erst im Oktober hat Kenias Präsident Ruto der Umweltschutzbehörde zugesagt, dass die bereits jetzt militärisch ausgebildeten und bewaffneten Wildhüter noch mehr Ausrüstung erhalten sollen, um die Wälder „vor Eindringlingen“ zu bewahren.

Wildhüter im Mau-Wald

Kurz darauf schlugen schwer bewaffnete Wildhüter im Mau-Wald auf und brannten die Hütten der Ogiek nieder, berichtete Anführer Daniel Kobei. Die Ranger befahlen den mehr als 700 Waldbewohnern, sich woanders anzusiedeln. Diese wissen aber jetzt nicht, wohin. Bereits vor 13 Jahren hatten sich die Ogiek an den Afrikanischen Menschenrechtsgerichtshof (ACPHR) gewandt. Die Richter betonten in ihrem Urteil 2017, dass die Regierung die Menschen nicht ohne freiwillige Zustimmung vertreiben dürfe und eine Entschädigung zahlen müsse.

Lucy Claridge, Direktorin des International Lawyers Project und Beraterin der Ogiek, erklärte: „Wir haben den starken Verdacht, dass dies mit Emissionsgutschriften zusammenhängt.“ Sie verwies auf die jüngsten Verhandlungen zwischen der kenianischen Regierung und einem jungen Unternehmen aus Dubai, Blue Carbon, das sich für den Mau-Wald interessiert.

Allein in den letzten Monaten hat Blue Carbon Verträge mit den Regierungen in Kenia, Liberia, Tansania, Sambia und Simbabwe über insgesamt 24 Millionen Hektar Gemeindeland unterzeichnet. Im Vorfeld der COP28-Konferenz hat der Gerichtshof in Arusha nun erneut afrikanische Regierungen angemahnt, die Menschenrechte zu respektieren.

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6 Kommentare

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  • Geil, wie der Markt das alles regelt...

  • War das nicht Kenia, wo selbsternannte Klimaschutzkonzerne, grossflächig Land angemietet haben, um Zertifikate zu verkaufen?



    Soweit ich mich erinnere gehen 15% der Gelder an den Staat und ebenfalls ganze 15% an die dort lebenden Menschen.



    70 % - Siebzig % - des Geldes bleibt bei den geschäftstüchtigen "Umltschützern".

  • Emissionshandel auf kohlenstoffbindende natürliche Ressourcen sind reiner Ablasshandel ohne Wirkung auf die reale Reduktion der globalen CO2 Emissionen. Naturressourcen müssen für das Wohl der gesamten Menschheit geschützt werden, zum Beispiel mit UN-Klimaresolutionen. Staaten werden damit verpflichtet, die in ihren Grenzen liegenden überlebenswichtigen Naturressourcen zu erhalten und bekommen dafür Ausgleichszahlungen (Einzahlung aller Staaten entsprechend ihres bisherigen "Beitrags" zur Erderwärmung sowie aktueller Wirtschaftsleistung). Statt Indigene auch aus anderen Naturschutzgebieten zu vertreiben sind diese die besten Hüter der natürlichen Ressourcen, in denen sie seit Jahrhunderten ohne diese zu zerstören leben, sie bemerken auch als erste Klimastress in ihrem Lebensraum und sind in das Schutzkonzept einzubinden. Effektiv sind hingegen direkte Bepreisung von CO2-Emissionen. Vor allem die Herstellung und Nutzung von Produkten wird auch nach einem erforderlichen Stopp der Erdöl- Kohle und Erdgasförderung für weitere CO2-Emissionen sorgen. Hier kann die Ausschüttung der Einnahmen an alle (in Deutschland als Klimageld angedacht, aber nicht umgesetzt) am besten wirken. Ob Firma oder Privatperson, wer Klimafreundlich produziert, kauft, Häuser baut und mobil ist, hat am Jahresende ein Plus auf dem Konto. Damit können auch Menschen am unteren Einkommensende, die schon jetzt aus finanziellen Gründen im Alltag am wenigsten CO2 emittieren mitmachen statt dass man sie in Panik versetzt vor den Kosten des Klimaumbaus. Zusätzlich braucht es sofort Verbote auf der Angebotsseite. Die Förderung fossiler Rohstoffe muss mit Ausstiegsdatum gestoppt werden. Mit der Ausbeutung bisher bekannter fossiler Rohstoffe (die erfahrungsgemäß dann auch alle genutzt werden) erreichen wir bis 2100 mindestens 5 Grad Erwärmung, das überlebt die menschliche Spezies nicht.

  • Der größte Fehler bei diesen Zertifikaten ist die Missachtung der Tatsache, dass Emissionsreduktion in Form von Aufforstung nur als Abo möglich ist.



    Wenn ich in diesem Jahr eine Tonne CO2 ausstoße, muss ich den Wald, der das auffangen soll für die nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte pflegen und schützen.



    Mit einer einmalzahlung ist das nicht getan.



    Ein mögliches Ziel der COP könnte durchaus sein, solche Waldschutzprojekte nur anzuerkennen, wenn die Zertifikate mit einem unkündbaren Abo verknüpft werden.



    Da überlegt das Unternehmen sich dreimal, ob es solche Ewigkeitskosten in seine Bilanz übernehmen möchte.

  • Den CO₂-Zertifikatehandel lehnen einige afrikanische Länder ab, weil vor allem andere verdienen. Er hat verheerende Folgen für Einheimische.



    ---



    Kann d/W/m sehr unterschiedlich sehen!



    Wir wissen ziemlich genau, was wir noch alles "emittieren" dürfen, bis unsere Welt die "Emissionen" nicht mehr verkraftet & kippt!



    Wenn wir die o.a. "Menge" weltweit pro Kopf verteilen, mit einem massiven "Malus" für die Leute in den Industrieländern, die schon sehr viel davon "verplempert" haben, hätten jeder ein "Grundvermögen" mit dem er "handeln kann"!



    Entweder es selbst "verbrauchen" oder DAS teilweise für eine gewisse Zeit "verkaufen", auch das "zu sparen"!



    Jeder hätte dann die Möglichkeit, sich umzustellen, zu zukaufen oder zu sparen!



    In eine Welt in der alles "kapitalisiert wird" wohl der naheliegende Weg, noch was zu retten!



    Nur die Kontrolle wird ein wenig komplex, doch mit "freiwilligen Selbstverpflichtungen" werden wir, das belegt die unsere "Wirklichkeit" wohl deutlich, schaffen wir es auch nicht! :-(



    Ps. Andere Wege gingen nur mit "massiver Umstellung" unseres gesamten Gesellschafts- & Politik-Systems". Ob das durchsetzbar sein wird? Im Moment wohl nicht, & auf Dauer mit "Verantwortung" von Menschen in den "Industrienationen zu rechnen"????



    Na ja, soll auch noch Wunder geben, doch die sind aber sehr selten! :-(

  • Der CO2-Emissionshandel ist nichts anderes als eine gewaltige Selbstlüge, noch dazu eine, mit der auf verbrecherische Weise Geld verdient wird. Und im Kampf gegen den Klimawandel wird rein gar nichts erreicht.