Nachruf auf Dusty Hill: Geschichte mit Bart
Dusty Hill, Bassist der Boogiebluesrocker ZZ Top, ist gestorben. Ein Nachruf auf den Musiker, der das visuelle Erscheinungsbild der Band prägte.
Dusty Hill war kein Prophet, aber die Sache mit dem Bart war trotzdem genial. Als Hill 1970 bei ZZ Top einstieg, war das Trio eine kleine texanische Bluesrockband, noch unerfahren im Musikgeschäft, aber durch ihre Vorläufer aus den späten Sechzigern, Moving Sidewalks und American Blues, vertraut mit dem schmutzig-erdigen Sound muskulöser Gitarrenriffs.
Für ein paar Wochenendgigs und Kleinstadtauftritte hätte das gereicht, aber erst Hills Bart sorgte dafür, dass daraus eine der erfolgreichsten Bands der 80er wurde. Am Dienstag starb Dusty Hill mit 72 Jahren in Texas.
Die Konstante in der 50-jährigen Laufbahn von ZZ Top war weniger ihr Sound als ihr Image. Das Trio präsentierte sich als hartgesottene Boogiebluesrocker mit texanischem Akzent, erkannte aber schnell die kommerziellen Grenzen des Genres. Anfang der 80er wechselte Hill öfter vom Bass zum Synthesizer. Die Blues-Puristen waren empört, das breitere Publikum aber mochte es.
Vor allem entwickelte die Band für das aufkommende Musikfernsehen einen Look. Hill und Gitarrist Billy Gibbons waren plötzlich kaum zu unterscheiden: gleiche Sonnenbrillen, gleiche Cowboyhüte und zwei gleich lange Rauschebärte. Auf der Bühne schwangen Hill und Gibbons synchron Hüften und Instrumente und ließen so etwas wie den Vorläufer späterer Boygroups entstehen – die Lad-Band.
Referenzen bei den „Simpsons“
Die Kraft dieses comicartigen Images entfaltete sich erst mit den Jahren. Während die Erinnerung an ZZ-Top-Hits wie „Legs“ oder „Gimme All Your Lovin’ “ verblasst, hat sich der „Blues-Brothers als Rocker“-Look der Band ins kollektive Gedächtnis eingebrannt, bis hin zu Referenzen bei den „Simpsons“.
Hill war hinter Gitarrist Gibbons der ruhigere, stillere. Dabei hatte er ein paar wilde Geschichten in petto: 1984 etwa schoss er sich aus Versehen in den Bauch und fuhr sich selbst ins Krankenhaus. In den Sixties spielte er mit seinem Bruder in Garagenbands, die damals von den Cops übel gegängelt wurden.
Nach fünf Jahrzehnten gehören ZZ Top zum texanischen Kulturgut. Derzeit ist die Band auf einer Tour, die noch bis Dezember geplant ist. Als Hill vor wenigen Wochen mit einer Knieverletzung pausieren musste, sprang ein Crewmitglied am Bass ein. Die Show müsse ja weitergehen, sagte Hill damals. Gut möglich also, dass sich bald jemand Neues einen ziemlich langen Bart wachsen lassen muss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“