Nachruf Kurt Felix: So ein Netter
Der Unterhaltungsarbeiter Kurt Felix hat mit „Verstehen Sie Spaß?“ der biederen Schadenfreude ein Denkmal gesetzt. Am Mittwoch ist er gestorben.
Von Kurt Felix hat „Verstehen Sie Spaß?“ sich bis heute nicht erholt. Obwohl der Schweizer die Versteckte-Kamera-Show schon seit 1990 nicht mehr moderiert, schwebt sein Geist noch immer über dem Format – seit Mittwoch nicht mehr nur im übertragenen Sinne. Denn da ist Felix, wie erst am Wochenende bekannt wurde, im heimischen St. Gallen an einer langjährigen, von der Wartezimmerpresse intensiv begleiteten Krebserkrankung gestorben. Er wurde 71 Jahre alt.
53 Ausgaben lang präsentierte der Unterhaltungsgastarbeiter Felix, ab 1983 gemeinsam mit seiner zweiten Frau Paola und Sidekick Karl Dall, die von ihm erdachte biedere Sendung zu einem hässlichen Gefühl: Schadenfreude. Doch weil Felix so ein Netter war, mit Lachfältchen und einem drolligen Dialekt, nahm ihm das kaum einer krumm. Wie zum Beweis sitzen auch heute noch die meisten Reingelegten nach dem Einspieler im Studio und lachen über sich selbst, so gut sie das eben können, die Deutschen.
Der Kurt-Felix-Humor war vollkommen unzynisch, schmunzelnd und auch ein bisschen bräsig – die gute alte Zeit eben, bevor die Privatsender alle Tabus gebrochen haben mit Titten, Zoten und nachgespielten Unfällen. „Verstehen Sie Spaß?“ ist Fernsehen, das in der Erinnerung am schönsten ist, nostalgische Wärmeschübe auslöst, bei erneuter Ansicht alter Schnipsel allerdings vor allem – Langeweile.
Sein Publikum findet das Format aber nach wie vor: Mit Guido Cantz moderiert bereits der fünfte Nachfolger die Samstagabendshow. Statt wie in den Anfängen 21 Millionen Zuschauer hat die Sendung heute noch knapp 5. Der Geist von Kurt Felix lebt also – wer den „Musikantenstadl“ guckt, mag eben auch „Verstehen Sie Spaß?“.
Der Anti-Schmidt
Der größte Irrtum in der mehr als 30-jährigen Geschichte der Show ist wohl, dass ARD-Hierarchen Harald Schmidt für den legitimen Erben von Felix hielten und ihm 1992 die Moderation übertrugen. Es wurde ein Fiasko, ist Schmidt doch das Gegenbild zu Felix: elitär, selbstherrlich, zynisch. Eine merkwürdige Personalentscheidung – aber nicht die erste und nicht die letzte, wie das Beispiel „Gottschalk Live“ zeigt.
„Mit Kurt Felix haben wir einen der ganz Großen verloren“, kondolierte ARD-Programmdirektor Volker Herres. Auch das unterscheidet Felix von Schmidt: dass er das selbst nie von sich gesagt hätte. Er gehörte zum Typus des von den Deutschen so verehrten kleinen Mannes – mit großem Erfolg.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau