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NachgefragtKollision von Interessen

■ Anwalt fordert Sonderstaatsanwalt für Ermittlungen gegen Polizisten

taz: Sie fordern einen Sonderstaatsanwalt für Ermittlungen und Verfahren gegen Polizisten. Warum?

Reinhard Engel, Anwalt: Nur er kann unbeinflusst von persönlichen Kontakten zur Polizei ermitteln. Derzeit landen Ermittlungen gegen Polizeibeamte bei unterschiedlichen Staatsanwälten. Das heißt, Staatsanwälte, die in anderen Verfahren vertrauensvoll mit Polizisten zusammenarbeiten, sollen nun gegen sie ermitteln. Das führt automatisch zur Interessenkollision.

Aktueller Anlass für ihre Forderung sind die – mit Fotos dokumentierten – Vorwürfe Ihres Mandanten, von der Polizei krankenhausreif geschlagen worden zu sein. Was wäre in dem Fall mit Sonderstaatsanwalt anders gelaufen?

Beispielsweise wollte ich die Anzeige direkt bei der Staatsanwaltschaft abgeben, wurde aber – wegen ungeklärter Zuständigkeit – zunächst zurückgewiesen. Dadurch ist die Anzeige zur Innenrevision gelangt, die bei der Polizei angesiedelt ist. Das führt dazu, dass zunächst Polizeibeamte ermitteln. Bei einem Sonderstaatsanwalt hätte ich darauf bestanden, dass er Vernehmungen direkt durchführt.

Sind Sie mit der Innenrevision der Polizei unzufrieden?

Ich habe bisher sehr gute Erfahrungen mit der Innenrevision gemacht, weiß aber, dass dieser Job für die Beamten sehr schwer ist. Sie sitzen im Polizeipräsidium und sind so auch Anfeindungen von Kollegen ausgesetzt. Deshalb braucht die Innenrevision erhebliche Rückendeckung vom Polizeipräsidenten. Die kann ich aus den öffentlichen Stellungnahmen bisher nicht ausreichend erkennen.

Der Leitende Oberstaatsanwalt betont, dass Anzeigen gegen Polizisten im Dienst immer über seinen Tisch gehen. Den aktuellen Fall bearbeitet sein Stellvertreter. Reicht das nicht?

Nein. Neben dem fehlenden Ansprechpartner für die Anzeigenerstatter gibt es das Problem, dass die Verfahren später an andere Staatsanwälte abgegeben werden. Die Verfahren gegen Polizeibeamte der letzten Jahre wurden von unterschiedlichen Staatsanwälten bearbeitet.

In der Staatsanwaltschaft heißt es, durch die Zuständigkeit nach Familiennamen würden auch Wiederholungstäter auffallen.

Ein Sonderstaatsanwalt könnte auch erkennen, ob es Schwerpunkte von Übergriffen in bestimmten Revieren oder Dienstgruppen der Polizei gibt.

Fragen: Eva Rhode

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