Nach der Wahl in Neukölln: „Der Mittelstand hat Angst“
Bernd Szczepanski, bisher grüner Sozialstadtrat von Neukölln, will künftig als Bezirksverordneter aktiv sein. Die AfD im Bezirksparlament erschreckt ihn nicht.
taz: Herr Szczepanski, 1,4 Prozentpunkte mehr für die Neuköllner Grünen. Freut Sie das?
Bernd Szczepanski: Ja, schon, aber ich hätte mir mehr erhofft. Gerade bei Themen wie Mieten- und Milieuschutz waren wir hier im Bezirk die treibende Kraft, die den Hund (sprich: den amtierenden Baustadtrat Thomas Blesing, SPD) zum Jagen getragen hat.
Die Linke hat um sieben Prozentpunkte zugelegt.
Ja, offenbar wurden soziale Themen stärker mit den Linken als mit uns Grünen in Verbindung gebracht. Sie sind vielleicht nicht überall Kernthemen der Grünen, aber gerade hier in Neukölln sind sie das, und in meinem Amt war das ein Schwerpunkt meiner Arbeit. Die sieben Prozent mehr, die die Linken bekommen haben, hätten wir genauso verdient.
Viele Stimmen gingen an die AfD.
Das hatte ich bereits befürchtet. Gerade im Süden des Bezirks wird traditionell sehr konservativ gewählt – um es mal vorsichtig auszudrücken.
Dabei ist der Süden Neuköllns doch ökonomisch um einiges besser gestellt als der Norden.
Ja, aber es ist gerade der Mittelstand, der Angst hat, seine Pfründe zu verlieren. In Buckow und Rudow wohnt ja nicht wie in Charlottenburg-Wilmersdorf der akademische Bildungsbürger, der auch gerne grün wählt. Da wohnt eher der Handwerksmeister, der sich sein Häuschen selbst erarbeitet hat.
Wovor hat der Angst?
Zum Beispiel um den Wertverlust seiner Immobilie, wenn in der Nachbarschaft ein Flüchtlingsheim gebaut werden soll, wie ich es oft gehört habe bei Infoveranstaltungen zu geplanten Flüchtlingsunterkünften. Dabei ist das eigentlich ein Witz bei den rasant steigenden Immobilienpreisen, die wir überall in Berlin verzeichnen.
Acht AfDler werden künftig in der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sitzen. Wie wollen Sie damit umgehen?
Ich habe schon mehrere rechte Parteien in BVVen erlebt. Deren Hauptsorge war in der Regel die Verteilung der Fraktionsgelder. Arbeitseinsatz und Kenntnisse waren dagegen meist sehr begrenzt. Mal sehen, wie das bei der AfD wird – ich hoffe, die Neuköllner*innen beobachten das aufmerksam.
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