Nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Sozen pokern mit Rot-Rot

Die SPD will den Preis für die Fortsetzung der großen Koalition hochtreiben und gaukelt Nähe zur Linkspartei vor. Die will da aber nicht mitspielen.

Außer der Farbe der Krawatte nichts gemeinsam: Wulf Gallert (l.) und Jens Bullerjahn. Bild: imago/Christian Schroedter

MAGDEBURG taz | "Ein bisschen Rot-Rot vorgaukeln und damit den Preis für die CDU hochtreiben!" Eine solche SPD-Taktik nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt vermuten nicht nur politische Beobachter. Auch an den Tischen bei der SPD-Wahlparty am Sonntagabend hörte man solche Äußerungen. Die Genossen fühlen sich in einer komfortablen Position. "Ohne uns geht es nicht" war häufig zu vernehmen. Eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU liegt nahe, aber auch eine rot-rote Regierung wäre denkbar.

"Haseloff kann warten", sagte ein Magdeburger Genosse. "Wenn die Grünen mitmachen, könnte man Rot-Grün als Block der Linken gegenüberstellen und müsste dann keinen Linken-Ministerpräsidenten wählen", kalkuliert ein anderer. SPD-Spitzenkandidat Jens Bullerjahn verwies am Montag lediglich auf die Sondierungen der Landespartei am Abend. Ein Parteisprecher sagte, es sei davon auszugehen, dass die SPD zunächst sowohl mit der CDU als auch mit der Linkspartei sprechen werde.

Die Lage in Sachsen-Anhalt ähnelt der in Thüringen 2009. Auch dort hatte sich die SPD vorab faktisch an die CDU gebunden, als sie die Wahl eines Ministerpräsidenten der Linken ausschloss. Auch dort lag die Linke deutlich vor der SPD. Dennoch verhandelte die SPD vier Wochen mit der Linken und holte so die Hälfte der Ministerposten in der großen Koalition raus.

Landtagswahl Sachsen-Anhalt 2011 (2006):

CDU: 32,5 (36,2) Prozent, 41 (40) Sitze

Linke: 23,7 (24,1) Prozent, 29 (26) Sitze

SPD: 21,5 (21,4) Prozent, 26 (24) Sitze

Grüne: 7,1 (3,6) Prozent, 9 (0) Sitze

NPD: 4,6 (-) Prozent

FDP: 3,8 (6,7) Prozent

Andere: 6,9 (8,0) Prozent

Quelle: Vorläufiges amtliches Endergebnis, 20.03.2011

Dem Schicksal ergeben

Die Linke in Sachsen-Anhalt scheint die Spielchen der SPD nicht mitmachen zu wollen. Sie trägt Bullerjahn nach, dass er auf ihre Kosten Wahlkampf gemacht hat. Das habe das Verhältnis ruiniert, sagte Vizelandeschefin Birke Bull. "Wenn die SPD einen Politikwechsel und ihrem Wahlprogramm treu bleiben will, müsste sie aber eigentlich mit uns gehen." Linken-Spitzenkandidat Wulf Gallert erteilte am Montag einer Wahl von Bullerjahn wie auch einer "Zählgemeinschaft" mit den Grünen erneut eine Absage.

Die Grünen hatten vor der Wahl die rot-rot-grüne Variante ins Spiel gebracht. Jetzt sieht der Vizelandeschef Christoph Erdmenger diese Option kritisch. "Es ist in der Partei wenig populär, als Mehrheitsbeschaffer oder Schlichter im Streit der Großen Jungs aufzutreten", sagte er. Die Grünen haben auch Bedenken, dass sie als Juniorpartner nur wenig Profil entwickeln könnten.

Die Bundes-SPD scheint sich am Montagmorgen dem Schicksal ergeben zu haben, dass es keinen Machtwechsel in Sachsen-Anhalt gibt. Die Stimmung in den Gremiensitzungen, bei denen Bullerjahn und Sachsen-Anhalts Landeschefin Kerstin Budde zu Gast waren, beschrieben Teilnehmer als "freundlich".

Keine Katastrophe also, die Wahl, aber auch nichts Tolles. Die Option einer Zählgemeinschaft mit den Grünen wurde nicht diskutiert. Nach außen hin wurde indessen versucht, die Karten in der Hand zu behalten. Man wolle die große Koalition schließlich "nicht um jeden Preis", so ein Präsidiumsmitglied.

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