Nach der Bayern-Niederlage: Steht nun der Weltuntergang bevor?

Muss Bayern-München-Trainer Niko Kovac „erlöst“ werden? Der Klub sagt, er bleibt. Aber Krisengewinnler sehen das anders.

ein Mann beugt sich im Stehen nach hinten

Kippt er? Oder richtet sich Niko Kovac wieder auf? Foto: ap

Der Fußballjournalist an sich tendiert zu einer gewissen Aufgeregtheit, jedenfalls dann, wenn ihn ein Verein dahingehend ärgert, dass der partout nicht macht, was er will, meistens also dauergewinnen, denn wozu ist Mann denn sonst Fan?

Na ja gut, oder Frau, aber darum geht es jetzt nicht. „Herr Hoeneß“, forderte jedenfalls Bild-Sportchef Walter M. Straten am Sonntag, „erlösen Sie Ihren Trainer!“ Vielleicht führt er im weiteren Text auch aus, warum Niko Kovac seiner Meinung nach unbedingt über die Regenbogenbrücke gehen soll, man weiß es halt nur nicht, weil es sich um einen Bezahlartikel handelt, in dessen gerade noch sichtbarem Teil die zweifellos rhetorische Frage steht, welche Argumente nach der Niederlage gegen Frankfurt „noch für den Trainer“ sprechen könnten.

Dabei sind das eine Menge: Zum einen darf man Trainer nicht einfach so erschießen, auch wenn sie gegen die Eintracht verlieren. Was Kovac streng genommen auch gar nicht getan hat, schließlich hat er nicht mitgespielt, aber dies ist die Welt der aufgeregten Männer, und in der kann auf sprachliche Logik keine Rücksicht genommen werden. (Außerdem ist es halt billiger, den Coach loszuwerden als die Beteiligten.)

Zum anderen ist, auch wenn die allgemeine Aufgeregtheit etwas anderes vermuten lässt, die Saison gar nicht am nächsten Wochenende zu Ende, nein, nein, wirklich nicht, es folgen noch 24 Spieltage mit vielen Chancen auf Siege und ungerechte Elfmeterentscheidungen und unverdientem Bayerndusel, weswegen etwas mehr Nonchalance nicht schaden könnte.

Fußballfans gucken gerne Fotos von einem ausgesprochen ungehaltenen Uli Hoeneß an

Aber wenn das jetzt schon so anfängt, wie soll das noch enden? Mit der Meisterschaft der Münchner, natürlich, wie in der vergangenen Saison, als der FCB am siebten Spieltag zu Hause gegen Mönchengladbach 0:3 verlor und in den Redaktionsstuben (was übrigens ein selten bescheuertes Wort ist) ein großes Gejammer über die Krise der Münchner herrschte.

Damals wurde Kovac nicht entlassen, und das wäre dann auch schon ein weiteres schönes Argument, den Mann auf seinem Posten zu belassen, aber natürlich führten eher gelassene Herangehensweisen zu ebensolchen Schlagzeilen, und „Hoppela, da haben die Bayern aber mal so richtig MSV-mäßig verloren, na, nächstes Mal wird das sicher anders“ wäre mutmaßlich nicht wirklich verkaufsfördernd. Andererseits, weiß man’s? Na doch, man weiß es.

Fußballfans lesen gern Geschichten über Bayern-Krisen, und sie gucken noch viel lieber Fotos von einem ausgesprochen ungehaltenen Uli Hoeneß an, wohingegen ihnen das weitere Schicksal von Trainern – also die Frage, ob sie erlöst werden oder eher nicht – meistens eher egal ist, außer sie haben eine Aversion gegen einen Coach, dann kann er praktisch gar nicht früh genug von ihnen gehen.

Außerdem sind Fans und viele Fußballjournalisten zutiefst gläubige Menschen, die fest davon ausgehen, dass Vereinsmanager im Prinzip bloß herumsitzen und darauf warten, dass ihnen eine Zeitungsschlagzeile oder eben zur Not manchmal auch die Anhänger ihres Klubs sagen, was sie machen sollen. Dazu glauben sie an Statistiken, jedenfalls soweit sie in ihrem Sinne ausfallen. Wobei, es gibt keine empirische Erhebung über die Folgen von 1:5-Niederlagen der Bayern gegen die Eintracht, also sinngemäß, ob jetzt eigentlich der Weltuntergang ansteht.

Das ist insofern schlecht, weil dadurch niemand so genau weiß, welche Auswirkungen eine eventuelle Erlösung von Kovac haben würde und ob dieser Weltuntergang am Ende nur dadurch verhindert werden kann, wenn im Bild-Sinne mit ihm verfahren wird. Oder, dazu gibt’s leider auch keine Statistik, ob Nichtstun das Mittel der Wahl ist.

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Schreibt nicht nur über Sport, sondern auch über Verschwörungsideologien, skandinavische Politik und Königshäuser. *** Die ersten Artikel für den taz-Sport gestalteten sich allerdings etwas schwierig: Mit den Worten "Wie, die schicken uns heute eine Frau?" wurde ich beispielsweise vor Jahren von einem völlig entsetzten Vorsitzenden eines Westberliner Fünftligavereins begrüßt. Da war er also, der große Tag, an dem über seinen Club in der taz berichtet werden würde, und dann das: Eine Frau! Ich antwortete ja, ich sei die Strafe und sofort war die Stimmung super. *** Und eines Tages werde ich über diesen Tag und andere, sagen wir: interessante Begegnungen mal ein Buch schreiben.

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