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Nach den Wahlen in NigeriaStreit um die Wahlergebnisse

Alle drei wichtigen Parteien in Nigeria sehen sich als Sieger der Präsidentschaftswahl. Gegen die Wahlkommission werden Vorwürfe erhoben.

Angst vor Gewalt nach der Wahl: Soldaten auf Patrouille in Lagos, Montag Foto: James Oatway / reuters

Abuja taz | Nigerias Wahl steuert auf ein spannendes Finale zu, nachdem alle wichtigen Präsidentschaftskandidaten den Sieg beanspruchen, Oppositionsvertreter der Wahlkommission INEC Betrug vorwerfen und das zentrale Auszählungszentrum aus Protest verlassen haben.

Sowohl die Regierungspartei APC (All Progressives Congress), die wichtigste Oppositionspartei PDP (People's Democratic Party) und die neu aufgestiegene LP (Labour Party) beanspruchten am Montag den Sieg im Rennen um die Nachfolge des scheidenden Präsidenten Muhammadu Buhari. Jede der drei Parteien verzeichnet Erfolge in unterschiedlichen Bundesstaaten.

Die PDP warf nun der Wahlkommission INEC vor, die Ergebnisse zugunsten des APC zu verfälschen. Dies sei „alarmierend“ und INEC müsse die Veröffentlichung von Teilergebnissen unverzüglich einstellen.

Am Sonntag hatte INEC den Zusammenbruch seines Webportals gemeldet, auf dem die Teilergebnisse der 176.846 Wahlzentren landesweit hochgeladen werden. Manche Ergebnisse werden stattdessen nun in der INEC-Zentrale in der Hauptstadt Abuja verkündet. Als Wahlhelfer der PDP und der LP feststellten, dass diese Ergebnisse nicht auf dem Portal standen, nachdem dieses wieder lief, verließen sie die Zentrale aus Protest.

Dies wiederum hat den APC erzürnt, der sich als Wahlsieger sieht. Die Protestaktion der Opposition sei „Quatsch“, sagte APC-Wahlkampfleiter Festus Keyamo. Die Oppositionsparteien wollten bloß von ihrer Niederlage ablenken.

„Wir wissen, dass wir diese Wahl gewinnen werden“, erklärte APC-Publizist Femi Fani-Kayode. „Wir machen keinen Lärm. Alle sollen cool und ruhig bleiben während wir auf den Sieg zusteuern.“ Die Opposition, behauptete er, wolle Nigeria unregierbar machen. „Sobald das Ergebnis verkündet ist, lassen wir uns nicht einschüchtern. Wir werden die Wahl verteidigen. Wir werden dieses Mandat schützen“, warnte Fani-Kayode.

Zu den Teilergebnissen gehört, dass Peter Obi, der bei der Jugend beliebteste Präsidentschaftskandidat der LP, Nigerias größte Stadt Lagos gewonnen hat, obwohl der Präsidentschaftskandidat des regierenden APC der ehemalige Gouverneur von Lagos ist, Bola Ahmed Tinubu. Obi holte im Bundesstaat Lagos 582.454 Stimmen gegen 572.606 für Tinubu und 75.750 für den PDP-Kandidaten Atiku Abubakar.

Jugendliche stellen die Mehrheit der 219 Millionen Einwohner Nigerias und über die Hälfte der 93,5 Millionen registrierten Wähler. Obi hat auch die Hauptstadt Abuja gewonnen sowie eine Reihe von Bundesstaaten im Südosten des Landes. Nigeria hat 36 Bundesstaaten.

Aus Lagos wurden nach Bekanntwerden dieser Ergebnisse einzelne ethnische Gewaltakte gemeldet. Exgouverneur Tinubu erkannte seine Niederlage dort an und rief zur Ruhe auf. „Dass APC Lagos knapp verloren hat, sollte kein Grund für Gewalt sein“, sagte der APC-Spitzenkandidat. „Als Demokrat gewinnt man hier und verliert dort.“

Die LP glaubt nun an ihren Wahlsieg und verlangt ebenso wie die PDP den Stopp der Teilergebnisverkündung durch die Wahlkommission, der sie nicht traut. Expräsident Olusegun Obasanjo, der erste gewählte Präsident Nigerias nach dem Ende der Militärherrschaft 1999, der damals zur PDP gehörte und heute Peter Obi unterstützt, hat eine Teilannullierung der Wahl gefordert, da es Unregelmäßigkeiten bei der Ergebnisübertragung gebe.

„Wir müssen dieses Land nicht bewusst oder unbewusst mit der Gier, Verantwortungslosigkeit und Untreue jener, die angeblich INEC-Offizielle schmieren, und jener, die das Blutgeld entgegennehmen, in Brand stecken“, erklärte der 85jährige Expräsident.

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