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Nach den Wahlen in MalawiWarten auf das Ergebnis

Noch immer hat Malawis Wahlkommission kein Ergebnis der Wahlen vom 16. September vorgelegt. Dafür gibt es viele Spekulationen und Unterstellungen.

Jede Stimme zählt: Prüfung von Stimmzetteln am Wahlabend in einem Wahllokal in Blantyre, Malawi Foto: Thoko Chikondi ap/dpa
Von Mavhuto Banda aus Lilongwe

Millionen von Menschen in Malawi halten diese Woche den Atem an. Malawis Wahlkommission MEC ist gesetzlich verpflichtet, im Laufe der Woche die Ergebnisse der Wahlen vom 16. September zu verkünden.

Je länger das Warten andauert, desto lauter werden die gegenseitigen Anschuldigungen der führenden Kandidaten. In Teilergebnissen liegt Amtsinhaber Lazarus Chakwera hinter seinem Vorgänger und wichtigsten Herausforderer Peter Mutharika.

In der Hauptstadt Lilongwe sind Mutharikas Anhänger bereits auf die Straße gegangen. Sie feiern, was sie für ihren Wahlsieg halten, und demons­trieren zugleich gegen befürchtete Wahlfälschung seitens der Regierung.

Laut Wahlgesetz muss die MEC das Wahlergebnis innerhalb von acht Tagen verkünden, aber darf diese Frist um 72 Stunden verlängern, also drei Tage. Nach dem „8 + 3 Days“ genannten Gesetz hat die Wahlkommission also bis Freitag Zeit.

Krieg der Worte

Solange tobt der Krieg der Worte zwischen Präsident Chakweras regierender MCP (Malawi Congress Party) und Ex-Präsident Mutharikas DPP (Democratic People’s Party). „Die DPP hat die Wahlen auf sozialen Medien gewonnen, aber MCP hat die Wahlen am 16. September gewonnen“, behauptete die Regierungspartei.

Bis zum Wochenende waren lediglich 410.000 Stimmen ausgezählt. Malawi hat 7,2 Millionen registrierte Wähler, und 65 Prozent davon beteiligten sich an der Wahl des Präsidenten, des Parlaments und der Kommunalregierungen.

Am Wahltag rivalisierten in Malawis Städten die Schlangen vor den Wahllokalen mit den Schlangen vor den Tankstellen – das Land ächzt unter Benzinknappheit. Vor den Wahllokalen warteten mehr Frauen, vor den Tankstellen mehr Männer. Es wurde diskutiert, wo man wohl länger warten müsse.

Es gab Spannungen, als ein gefälschtes Dokument auf sozialen Medien viral ging, das Chakweras Einführung zu einer zweiten Amtszeit vorwegnahm und der regierenden MCP zugeschrieben wurde.

In den ersten Teilergebnissen liegt DPP-Kandidat Mutharika vorn, zuletzt mit 51,1 Prozent vor Chakwera mit 38,56 Prozent. Seine Partei hofft auf die Rückkehr an die Macht, die sie 2020 verloren hatte. Aber die MCP bleibt zuversichtlich. „Wer zuletzt lacht, lacht als Sieger“, sagte die Regierungspartei.

Drittplaziert war der ehemalige Zentralbankchef Dalitso Kabambe, der mit seiner UTM (United Transformation Movement) bei 4,7 Prozent lag.

„Blutrünstige Krokodile“

Die oppositionelle DPP reklamiert jetzt nicht nur den Sieg, sondern spricht auch von Unregelmäßigkeiten und Einschüchterung. So seien am Sonntagmorgen vier Männer in einem Fahrzeug mit südafrikanischen Nummernschildern vor die Calvary Family Church in der Wohnsiedlung Falls Estate in Lilongwe gebraust und hätten gesagt, sie suchten Ben Phiri, DPP-Politikdirektor.

„Phiri hält sich seit den Wahlen versteckt, weil blutrünstige Krokodile ihn jagen und ihre elendige Niederlage auf die DPP zurückführen“, erklärte die Partei und behauptete, dass sich Generalstaatsanwalt Thabo Chakaka und Wahlkommmisionsdirektor Andrew Mpesi zu Gesprächen zusammengesetzt hätten.

Die DPP erhebt zahlreiche Vorwürfe. Das Präsidialamt, sagt sie, zahle MCP-Influencern 400.000 Kwanza (knapp 200 Euro), um auf sozialen Medien zu behaupten, die Opposition würde die Wahlen fälschen. Polizei-Vizechef Ackis Muwanga sei beauftragt worden, gefälschte Festnahmen von MCP-Wahlhelfern zu inszenieren. MCP-Aktivisten bekämen Geld, um angebliche Wahlfälschungsnachweise zu verbreiten.

Die MCP „macht sich etwas vor mit der Idee, dass sie die Zahlen verbiegen kann“, sagte Emmanuel Nthambi von Mutharikas Wahlkampfteam. Alle Parteien würden die Einzelergebnisse selbst parallel auswerten. „Bis die Wahlkommission die amtlichen Ergebnisse vorstellt, werden die schon gegengecheckt worden sein. Man kann heulen und ein Drama machen, aber das kann nichts ändern.“

Laut DPP kennen ausländische Wahlbeobachter und Diplomaten ebenso wie Malawis Armee und Polizei längst den Wahlsieger. MCP schlägt erbost zurück und hat der DPP „schamlose Propaganda“ vorgeworfen, die mit „gefälschten Daten“ und „manipulierten Zahlen“ arbeite. Bereits am Donnerstag hatte die Regierungspartei ihre Anhänger aufgerufen, sich auf eine Sieges­parade vorzubereiten, mit einem Bild von Präsident Chakwera mit erhobener Faust.

MCP sagt, in 13 der 28 Wahlbezirke gäbe es Belege für Unregelmäßigkeiten. In Lilongwe wurden acht Wahlhelfer unter dem Vorwurf der Datenmanipulation festgenommen. Ein Wahlleiter habe versucht, sich umzubringen, nachdem man ihn bestochen habe, um Zahlen zu fälschen. Auch Präsidentschaftskandidat Atupele Muluzi von der UDF (United Democratic Front) sprach von Fälschungen in seinen Hochburgen im dicht besiedelten Süden Malawis.

Wahlbeobachter fordern Transparenz

Die zivilgesellschaftlichen Wahlbeobachter des Civil Society Elections Integrity Forum haben zu schnellen und transparenten Untersuchungen aufgerufen. Aber immerhin haben manche Kandidaten schon ihre Niederlagen eingestanden. Manche haben sogar bereits Mutharika zum Wahlsieg gratuliert.

Am Sonntagabend äußerte sich MEC-Wahlkommissionsvorsitzende Justice Annabel Mtalimanja. „Während wir die Redefreiheit anerkennen und respektieren, ebenso das Recht von Politikern, mit ihren Unterstützern zu kommunizieren, müssen wir die Notwendigkeit von Richtigkeit, Verantwortung und Respekt des Verfahrens betonen“, mahnt sie.

Kommentator Hopewell Chin’ono geht davon aus, dass Mutharika als Sieger aus der Wahl hervorgehen wird. „Die Beteiligten an der Wahl müssen Demut zeigen, den Willen des Volkes akzeptieren und dem Sieger gratulieren“, erklärte er.

Er schlug eine inklusive Regierung für Malawi vor, die fähige Personen unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit zusammenbringt. „Wer Kompetenzen hat, sollte in die Regierung eingeladen werden, sogar ins Kabinett, um die Nation zu einen. Wahlen sind ein Wettbewerb, aber nach dem Wettbewerb muss das Volk zusammenkommen und das Land aufbauen.“

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