Nach den Snowden-Enthüllungen: Obamas Überwachungskosmetik
Barack Obama wird in seiner Rede zu den Überwachungspraktiken der NSA laut Medienberichten kaum substantielle Änderungen verkünden.
BERLIN taz | An diesem Freitag will US-Präsident Barack Obama erklären, welche Schlüsse er aus der monatelangen Debatte um die Übergriffigkeiten des Geheimdienstes NSA ziehen will. Die von der US-Öffentlichkeit mit Spannung erwarteten Rede im Justizministerium soll klären, was an Obamas Andeutungen, die Programme der NSA seien aus dem Ruder gelaufen und es sei Zeit für ein Umdenken, wirklich dran ist.
Eine von ihm selbst eingesetzte externe Expertenkommission hatte kurz vor Weihnachten ein umfassendes Papier mit insgesamt 46 Empfehlungen veröffentlicht – nach Vorabberichten in US-Medien will Obama davon jedoch nur einen Bruchteil tatsächlich umsetzen.
Unter Berufung auf anonyme Quellen aus dem Umfeld des Präsidenten berichten Washington Post, New York Times und Los Angeles Times übereinstimmend, Obama wolle das innenpolitisch am stärksten umstrittene Thema, die Sammlung von Telefonmetadaten von Millionen US-AmerikanerInnen, gar nicht entscheiden, sondern den Kongress um Vorschläge ersuchen.
Damit folgt er der Empfehlung der Kommission nicht, die Daten bei den Providern zu belassen, die diese dann nur auf spezielle Anfrage den Ermittlungsbehörden oder der NSA zur Verfügung stellen. Stattdessen sammelt die NSA die Daten einfach selbst weiter.
Öffentlichkeit beruhigen, Geheimdienste machen lassen
Laut der Medienberichte will Obama nur in einem Punkt voll den Kommissionsempfehlungen entsprechen: Er wird die Ernennung eines „Anwalts der Öffentlichkeit“ unterstützen, der bei den Sitzungen der Geheimgerichte in Sachen internationale Überwachung für die Privatsphäre werben soll.
Insgesamt erwarten die Beobachter, dass Obama eine feine Linie zwischen den Interessen der Geheimdienste und der Öffentlichkeit ziehen will, mit dem Ziel, die Dienste im wesentlichen weiterarbeiten zu lassen wie bisher, dennoch aber zu signalisieren, dass er die nationalen und internalen Bedenken ernst nimmt. Im Ergebnis hieße das allerdings: Kosmetische Veränderungen, kein grundsätzliches Umdenken.
So wird Obama etwa auch der Empfehlung nicht folgen, den jährlich über 20.000 sogenannten „security letters“ der Bundespolizei FBI einen richterlichen Beschluss voranzustellen. Mit diesen „security letters“ verschafft sich das FBI direkten Zugang zu Bank-, Kommunikations- und sonstigen Daten von Personen.
Beim Thema der Überwachung und Bespitzelung ausländischer Staats- und Regierungschefs einschließlich derer aus verbündeten Nationen wird Obama anregen, solche Entscheidung stärker von außenpolitischen Spitzenbeamten der Regierung zu kontrollieren. Dass so etwas wie die Überwachung der Handys von Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Brasiliens Präsidenten Dilma Rousseff grundsätzlich nicht mehr stattfinden soll, wird der Präsident hingegen nicht sagen.
Geht Obamas Rede tatsächlich nicht über das hinaus, was die Medienberichte jetzt ankündigen, würden die hohen Erwartungen, die das im Dezember vorgestellte Papier der Expertenkommission geweckt hatte, ins Leere laufen.
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