Nach dem britischen Oxfam-Skandal: Irische NGOs machen es nicht besser
Mehr als ein Dutzend Mitarbeiter von NGOs aus Irland sollen den übergriffigen Entwicklungshelfern von Oxfam in nichts nachgestanden haben.
Von Oxfam-Sammelbüchsen war in den vergangenen Wochen wenig zu sehen. Nach dem Skandal um den Direktor auf Haiti, der im Jahr 2010 Spendengelder für Partys mit Prostituierten augegeben hat, blieben die irischen Helfer vorerst lieber zu Hause. Es ist ja nicht der erste Fall dieser Art: Bereits 2004 war Oxfam informiert worden, dass sich ein Mitarbeiter im Ausland „sexuellen Fehlverhaltens“ schuldig gemacht habe.
Aber sind andere Hilfsorganisationen besser? Nachdem der Oxfam-Skandal öffentlich geworden war, kam in Irland heraus, dass auch Trócaire, Concern und Goal insgesamt mehr als ein Dutzend Mitarbeiter in den letzten Jahren wegen sexueller Übergriffe gefeuert haben.
Bei Trócaire, der Entwicklungshilfeagentur der irischen katholischen Kirche, ging es um zwei Mitarbeiter in einem afrikanischen Land. Die Organisation reagierte umgehend, nachdem sie von der örtlichen Polizei informiert worden war. Bei der humanitären Organisation Concern kam man nach Untersuchung von einem guten Dutzend Fälle zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe bei drei Vierteln begründet waren. Goal, die Gesundheitsprogramme in Entwicklungsländern organisiert, hat fünf Beschuldigte entlassen.
Trócaire, Goal und Concern erhalten erhebliche Gelder
Alle drei Organisationen erhalten erhebliche Subventionen von der Regierung in Dublin – Trócaire und Concern jeweils rund 100 Millionen Euro, Goal 41 Millionen. Laut einer Umfrage der Irish Times zahlen mehr als 40 Prozent der irischen Hilfsorganisationen ihren Geschäftsführern mindestens 100.000 Euro im Jahr, manche sogar über 150.000.
Dominic MacSorley, der Geschäftsführer von Concern, sagte, der Skandal um Oxfam sei eine gute Gelegenheit für den gesamten Sektor, die Wertmaßstäbe zu überprüfen. „Alle Organisationen müssen garantieren“, sagte er, „dass die Programme in einer Weise umgesetzt werden, die sicher stellt, dass sowohl den Menschen, denen wir helfen wollen, als auch unseren Mitarbeitern mit Respekt und Würde begegnet wird.“
Ein irischer UN-Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte, sagt: „Wenn man in einem Kriegs- oder Katastrophengebiet arbeitet, spielen oft Emotionen eine Rolle, es ist Alkohol im Spiel, und es gibt keine Strukturen. Die Zentrale der Organisation ist weit weg.“ Konsequenzen gebe es selten: „Die NGOs brauchen erfahrene Leute, und die werden von der Organisation gedeckt.“
Ein anderer Mitarbeiter einer irischen Hilfsorganisation stimmt ihm zu. Er hatte an einer Konferenz im Nahen Osten teilgenommen, und am Abend wurden Prostituierte ins Hotel bestellt. „Der Verantwortliche hätte entlassen werden müssen, aber der Direktor vor Ort hielt ihn für zu wertvoll für die Organisation“, sagt er.
Zu wenig Leute, zu wenig Geld
Es gebe eben zu wenig Leute und zu wenig Geld. „Viele bekommen gar keine Ausbildung vor ihrem Auslandseinsatz. Deshalb landen Personen in Führungspositionen, die mit der Situation nicht umgehen können.“ Und so mancher rejustiere seinen moralischen Kompass nach den Gepflogenheiten des Landes, in dem er eingesetzt werde, fügt er hinzu.
Als die kanadische Anwältin Megan Nobert 2015 öffentlich machte, dass sie bei ihrem Einsatz für eine Hilfsorganisation im Süd-Sudan von einem Kollegen unter Drogen gesetzt und vergewaltigt worden war, hoffte sie, dass der gesamte Sektor aufgerüttelt würde. „Es passierte nichts“, sagt sie. „Aber vielleicht geschieht ja nach den Oxfam-Enthüllungen endlich etwas.“
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