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Nach dem Rebellenerfolg in der DR KongoUNO zählt 776 Tote in Goma

Nach der Einnahme der Millionenstadt Goma durch die M23-Rebellen kehrt allmählich der Alltag wieder ein. Vertriebene gehen in ihre Dörfer zurück.

Die Kämpfe sind vorbei, es gibt wieder frische Lebensmittel: Bäuerinnen aus Minova an einer Straße in Goma, Freitag 31. Januar Foto: Arlette Bashizi/reuters

Kampala taz | Es kehrt etwas Normalität zurück in der kongolesischen Millionenstadt Goma. Knapp eine Woche, nachdem die Kämpfer der M23 (Bewegung des 23. März) die Handelsmetropole der Provinz Nord Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo eingenommen haben, wurden nun die Überlandleitungen repariert, die durch Geschosse zerstört worden waren. Jetzt gibt es wieder Strom, fließendes Wasser und Internet.

So langsam füllen sich auch wieder die Märkte und Läden. Jahrelang war Goma eingekesselt, unter Regierungskontrolle, mit den Rebellen im Umland – jetzt kontrolliert die M23 das gesamte Gebiet. Sie hat den Überlandverkehr zwischen Goma und den Dörfern entlang der Uferstraße in Richtung der Kleinstadt Minova wieder geöffnet. Jetzt können die Bauern wieder ihre Ernten nach Goma transportieren. Die Handelsmetropole war in den vergangenen Wochen fast komplett von den Lebensmitteln abhängig, die via Ruanda importiert worden waren.

Die M23-Führung hat die Einwohner von Goma am Samstag zu einer groß angelegten Aufräumaktion aufgefordert, Salongo genannt – ähnlich wie die schwäbische Kehrwoche. Mit Müllautos und Schubkarren rückten die Rebellen am frühen Morgen an, um das Chaos entlang der Hauptstraßen zu beseitigen, das durch die Gefechte verursacht worden war.

Rebellenführer Corneille Nangaa, Vorsitzender des Rebellenbündnisses AFC (Alliance Fleuve du Congo), welchem die M23 angehört, nahm eigenhändig eine Schaufel und Müllsack in die Hand, um vor den Kameras die Straße zu kehren. In Flecktarnuniform, Helm und schusssicherer Weste marschiert er danach die Hauptstraße entlang und winkt den Menschen zu. Die M23 hat eigens einen Kameramann angeheuert, um ihre Propaganda-Videos prominent auf den Sozialen Medien im Internet zu verbreiten.

Noch viele Leichen nicht gezählt

Das Rote Kreuz hat am Samstag mithilfe von Freiwilligen begonnen, die liegen gebliebenen Leichen einzusammeln. Laut UN-Angaben wurden bei den Kämpfen um Goma 773 Leichen gezählt und 2880 Verletzte in Krankenhäuser eingeliefert. UN-Pressesprecher Stéphane Dujarric weist ausdrücklich darauf hin, dass diese vorläufige Zahl sind. Nach wie vor liegen in den Büschen im Umland weitere Leichen, die noch nicht gezählt wurden.

Am Stadtrand von Goma wirken nun die Vertriebenenlager in den Vororten Mugunga, Kanyaruchina und Kibati wie leergefegt. Zurückgeblieben ist nur der Unrat, die die hunderttausenden Vertriebenen in den vergangenen Monaten angehäuft haben. Sie waren einst vor den Rebellen geflohen, aber nun sind die Rebellen überall. Am Freitag hat ihnen die M23 erklärt, sie sollen nach Hause gehen.

In langen Kolonnen, bepackt mit Bündeln voller Habseligkeiten, marschierten hunderttausende Frauen und Kinder am Samstag gen Norden zurück in ihre Dörfer, um ihre Äcker wieder zu bestellen. In den M23-Gebieten sind auch die Schulen geöffnet. In Goma selbst wurden alle Schulen beim Anmarsch der Rebellen vor zwei Wochen geschlossen.

Die militärische Lage ist weiterhin alarmierend. Die M23 ist gemeinsam mit ruandischen Truppen weiter auf dem Vormarsch in der benachbarten Provinz Süd-Kivu, in Richtung der dortigen Provinzhauptstadt Bukavu.

Am Samstag lieferten sie sich Gefechte mit Kongos Armee und burundischen Truppen rund um den Ort Nyabibwe, unweit des internationalen Flughafens Kavumu, über den Kongos Armee Nachschub einfliegt. Die UN-Mission im Kongo (Monusco) hat am Samstag vorsorglich ein Großteil ihres Personals aus Bukavu und Kavumu abgezogen.

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