Nach dem Deal mit der EU: Briten stimmen über Brexit ab
Nur wenige Stunden nach der Einigung in Brüssel steht der Termin für das britische Referendum. Am 23. Juni wird über den Verbleib in der EU entschieden.
Cameron kündigte anschließend als Datum für das geplante Referendum den 23. Juni an. Dann müssen die Briten entscheiden, ob sie in der EU bleiben oder austreten wollen. Falls die Abstimmung scheitert, kommt der von vielen EU-Partnern befürchtete „Brexit“ – das Ausscheiden Londons aus der Gemeinschaft. Nach Umfragen ist der Ausgang der Abstimmung völlig offen.
Auch in der Regierung und unter den Tory-Abgeordneten (Konservative) ist die Frage „Austreten oder Drinbleiben“ umstritten. Cameron sagte, er werde seine Landsleute auffordern, bei dem Referendum mit „Drinbleiben“ zu stimmen. Sein Land werde seinen Sonderweg in der EU weitergehen: „Großbritannien wird nie Teil eines europäischen Superstaates sein.“ Auch die Euro-Währung solle nicht eingeführt werden.
Der EU-Gipfel war nach zähen Ringen am späten Freitagabend mit weitgehenden Zugeständnissen an die Regierung in London zu Ende gegangen. Mit dem einstimmig beschlossenen Reformprojekt wollen die EU-Länder einen Austritt Großbritanniens verhindern.
„Juristisch solide“
Vor allem die Vereinbarung, dass EU-Zuwanderer zeitweise weniger Sozialleistungen bekommen sollen, war lange Zeit ein Stolperstein. „Die Einigung ist gut, die Einigung ist juristisch solide, die Einigung ist in hohem Maße ausgeglichen“, bilanzierte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker nach dem zweitägigen Verhandlungsmarathon.
Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die Abmachung. „Man kann das schon einen Kraftakt nennen, den wir hier aufbringen mussten.“ Manche Kompromisse seien ihr nicht leicht gefallen. Das gelte vor allem für das Ziel einer “immer engeren Union“, von dem sich London nun verabschiedet hat. Mit Blick auf das Referendum sagte die Kanzlerin: „Nun wünsche ich David Cameron das Allerbeste.“
Merkel hält Teile der Gipfel-Vereinbarungen über Sozialleistungen für EU-Ausländer auch in Deutschland für anwendbar. „Gerade die Frage des Sozialmissbrauchs beschäftigt uns in Deutschland auch.“ Das gelte etwa für die Regelung, das Kindergeld an die Lebenshaltungskosten in den Ländern anzupassen, in denen die Kinder tatsächlich leben.
Für Deutschland nicht in Frage komme dagegen die auf Großbritannien zugeschnittene Lösung, den Zugang zu bestimmten Sozialleistungen für EU-Ausländer für vier Jahre auszusetzen. Nach dem Kompromiss darf London diese „Notbremse“ sieben Jahre lang nutzen.
Fünf Minister gegen Cameron
Nach der Kabinetts-Sondersitzung in London beginnt auch die Kampagne der „Brexit“-Befürworter und -Gegner. Die Minister dürfen sich dann offen äußern, wo sie stehen. Der Sender BBC geht davon aus, dass sich fünf Minister gegen Cameron stellen und für einen EU-Austritt kämpfen wollen. Darunter sei auch Justizminister Michael Gove, ein enger Vertrauter Camerons.
Etwa ein Fünftel der Tory-Abgeordneten seien für einen Austritt, schätzen britische Medien. Kommende Woche wird sich auch das Parlament mit der EU-Frage beschäftigen.
Großbritannien trat erst 1973 der Gemeinschaft bei – damals hieß sie noch Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Bereits 1975 gab es ein Referendum, damals stimmten die Briten mit breiter Mehrheit für den Verbleib.
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