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Nach dem Aus für BochumProtestmüde Opelaner

Das Werk in Bochum wird geschlossen. Trotzdem beginnt die Frühschicht bei Opel ohne Protestaktionen. Derweil wird die Konzernmutter General Motors hart kritisert.

Unterschiedlich interpretierbare Aufschrift eines Schilds am Ausgang des Bochumer Werks. Bild: dpa

BOCHUM dapd | Kritik an der Opel-Konzernmutter General Motors (GM) gibt es reichlich - finanzielle Hilfen werden den mehr als 3.000 von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeitern in Bochum dagegen verwehrt bleiben. Einen Tag nach dem verkündeten Aus für die Autofertigung in der Ruhrgebietsstadt ist klar: Wenn 2016 für Opel in Bochum Schluss sein soll, wird die Politik das nicht mit Steuergeldern zu verhindern versuchen. Was bleibt, ist heftige Schelte für GM.

So kritisiert Bundeswirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler das Management des US-Konzerns. „Ich bin sauer, gerade weil das Unternehmen Fehler gemacht hat, auch beim Umgang mit den Mitarbeitern in der Vergangenheit“, sagte er der Rheinischen Post (Dienstagausgabe).

So sei es ein Fehler gewesen, „dass Opel nur in sehr geringem Umfang Autos im wichtigen Wachstumsmarkt China verkaufen durfte“, sagte Rösler. „Ich erwarte von Opel, dass das Unternehmen seiner Verantwortung gerecht wird und mithilft, die Folgen der Werksschließung für die Beschäftigten abzumildern.“

Eine finanzielle Hilfe der Bundesregierung für Opel werde es allerdings nicht geben – „weil diese die unternehmerischen Probleme in der Regel auf Dauer nicht beheben kann“, sagte Rösler. Viel mehr seien nun Land und Stadt gefragt, durch Neuansiedlungen und Investitionen eine Zukunftsperspektive für Bochum zu schaffen.

Logistikzentrum und Komponentenfertigung

Die Pläne des derzeitigen Opel-Chefs Thomas Sedran sehen vor, dass ab Ende 2016 in Bochum keine Autos mehr gebaut werden. Lediglich ein Logistikzentrum und gegebenenfalls eine Komponentenfertigung sollten noch betrieben werden. Wie viele der über 3.000 Jobs gestrichen werden sollen, ist unklar.

Auch die rot-grüne Landesregierung sieht Opel und GM in der Pflicht, eine neue Perspektive für ihre Mitarbeiter zu schaffen. „Unsere Forderung ist ganz klar: Niemand von den Beschäftigten darf in die Arbeitslosigkeit gehen, auch nicht nach 2016“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) am Dienstag im Deutschlandfunk.

Dabei sei auch das Land finanziell nicht in der Pflicht: „Wir können nicht ein Gesetz machen oder ganz viel Geld in die Hand nehmen, um das zu machen. Das Geld muss von Opel kommen“, sagte Duin. Der Arbeitgeber müsse dafür sorgen, dass die Menschen nicht in die Arbeitslosigkeit kommen. Opel könne sich aussuchen, ob das Unternehmen „einen sehr teuren Sozialplan“ macht oder ob es hilft, neue Industrieansiedlungen zu realisieren.

Klares Bekenntnis von GM fehlt

Zugleich kündigte Duin an, Land und Stadt wollten mit dem Unternehmen dafür sorgen, dass sich in Bochum, auch auf dem Opel-Werksgelände, „neue Unternehmen ansiedeln, damit dort eine wirkliche Perspektive für industrielle Produktion und Beschäftigung entstehen kann“. Die Gespräche dazu liefen seit längerem. „Was bislang fehlt, ist ein klares Bekenntnis von GM in diesen Prozess auch wirklich verlässlich einzusteigen“, kritisierte der Politiker.

Wie es in Bochum selbst nun weitergeht, blieb zunächst offen. Die Beratungen über mögliche Proteste dauerten an, hieß es auf dapd-Anfrage aus dem Bochumer Betriebsrat. Die Frühschicht begann am Morgen noch ohne größere Aktionen. Am Montag hatte der Betriebsrat bereits Widerstand gegen die Pläne des Managements angekündigt. Schon 2004 hatte die Belegschaft mit wilden Streiks die Produktion gestoppt, weil Einschnitte geplant gewesen waren.

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3 Kommentare

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  • M
    mike

    Wenn alle mal sich an die marktwirtschaftlichen Spielregeln halten würden, dann wäre opel längst geschichte in Bochum und die meisten von denen würden schon längst woanders arbeiten. Solange aber pünklich zu jeder Wahl, Opel (GM) davon ausgehen kann, das einige (Linke) Politiker sich erpressen lassen und Steuergelder raushauen, solange wird das Spiel auch weitergehen.

  • A
    anke

    In guten Zeiten schmückt man sich halt gern mit großen Zahlen. Sie können gar nicht genug Jobs schaffen auf einen Schlag, die Großen der jeweiligen Brange. Je gigantischer die Ansiedlung, um so besser für's Image des Standorts und seiner Repräsentanten. Leider gibt der Kapitalismus (absichtlich, heißt es) keine Existenzgarantien. In schlechten Zeiten gehen also schon mal 3.000 Arbeitsplätze und mehr über die Klinge, wenn der Vorstand im fernen Amerika es aus Effizienzgründen für geboten hält. Vielleicht sollte irgendwer dem "Bundeswirtschaftsminister und FDP-Chef" Rösler die Zusammenhänge mal erklären. Der Mann ist schließlich noch zu jung, um aus eigener Anschauung zu wissen, was Marktwirtschaft auch bedeuten kann. Verantwortung jedenfalls scheint ihm kein Begriff zu sein. Sonst würde er sich ernsthaft fragen, was ein weiteres Mega-Logistikzentrum in dieser Beziehung von einem Autobauer unterscheiden könnte.

     

    Dass die rot-grüne Landesregierung Pflichten für etwas hält, was man nach Belieben wahrnehmen kann oder auch nicht, wundert mich im Übrigen kaum. So hält sie es doch selbst, egal, ob einer hinguckt. Vollmundige aber wohlfeile "Forderungen" sind vermutlich alles, was man erwarten darf von einem Wirtschaftsminister, der es für "Standortpolitik" hält, wenn ausgerechnet den Rücksichtslosesten und Geizigsten unter den Giganten die jeweils besten Startchancen eingeräumt werden. Der Opel-Konzern, jedenfalls, wird sich auch 2016 noch schwer hüten, "neue Perspektiven" zu schaffen für seine dann ehemaligen Mitarbeiter. So etwas, schließlich, tut die Konkurrenz in Fernost und sonst überall auch nicht. It‘s the competition, stupid! Selbst die SPD unterwirft sich dem Diktat der Märkte. Und die will sogar gewählt werden für ihren Umgang mit dem Kapital. In guten Zeiten, hört man, hätte das sogar schon mal geklappt...

  • S
    Seppel

    Es gibt doch eine finanzielle Unterstützung der dann Arbeitslosen Arbeiter: ALG1!

     

    Oder sollen wir diesem gierigen und nicht kooperativen amerikanischen Unternehmen noch mehr Steuergelder schenken um anschließen trotzdem ALG1 an die Arbeiter zu zahlen?

     

    Weg mit Opel und Platz gemacht für den/die Nächsten. Wenn der/die auch nicht klar kommt auch abwickeln!