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Nach dem Angriff auf Gaza-HilfskonvoiIsrael ernennt Untersuchungskommission

Neben einem ehemaligen israelischen Richter sollen auch zwei ausländische Beobachter in der Kommission sitzen. Die Türkei vertraut dem Gremium dennoch nicht.

Soll den Angriff auf den Hilfskonvoi mit untersuchen: Der irische Friedensnobelpreisträger David Trimble. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Eine israelische Untersuchungskommission soll klären, ob die Gaza-Blockade legal ist und der Angriff auf das türkische Schiff "Mavi Marmara" gerechtfertigt war. Die Regierung in Jerusalem entschied am Montag über das dreiköpfige Team unter Vorsitz von Jakob Tirkel, ehemals Richter am Obersten Gerichtshof in Jerusalem. Die Kommission ist nicht berechtigt, Soldaten vorzuladen, sondern muss sich auf Mitschriften einer internen militärischen Untersuchungskommission stützen, die parallel zum zivilen Team arbeitet.

Internationale Beobachter sind der irische Friedensnobelpreisträger David Trimble sowie der Kanadier Ken Watkin, Brigadegeneral a. D. und Staatsanwalt. Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte schon im Vorfeld der Untersuchung an, die Seeblockade in keinem Fall aufzuheben. Für Israels Politik richtungsweisend sei, dass der Schmuggel von Rüstungsmaterial nach Gaza verhindert werde.

Das israelische Untersuchungsteam soll auch Aufschluss über die Passagiere auf der "Mavi Marmara" liefern. "Es wäre sinnvoller, wenn auch die Türkei in der Kommission vertreten wäre", meint Raanan Sulitzeanu-Kenan von der Hebräischen Universität in Jerusalem, der dennoch auf die Kooperation Ankaras hofft. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte eine Untersuchung mit türkischer und israelischer Vertretung unter neuseeländischem Vorsitz empfohlen. Israel lehnte dies jedoch ab.

Das Außenministerium in Ankara ließ verlauten, dass die Türkei der israelischen Untersuchungskommission kein Vertrauen entgegenbringe. Auch die Hamas kritisierte, es sei "unmöglich, dass der Verbrecher sein eigenes Verbrechen untersucht", so Fausi Barhoum, ein Sprecher der Islamisten in Gaza.

Die drei israelischen Untersuchungsbeauftragten sind auf die Kooperation der zuständigen Minister und der Militärführung angewiesen, wenn sie die Hintergründe prüfen, die Ende Mai zu dem Marineeinsatz mit neun Toten führten. Die Kommission verfügt nicht über die Befugnis, Zeugen unter Eid zu vernehmen. Mit einem harten Urteil gegen Politiker oder Militärs ist deshalb kaum zu rechnen. Es ginge darum, "der Welt zu demonstrieren, dass unsere Operation legitim, richtig und gerechtfertigt war", meinte Dan Meridor (Likud), Minister für Nachrichtendienste und Atomenergie gegenüber der "Stimme Israels", und "dass Israel in einem Akt der Selbstverteidigung handelte."

Unklar ist, inwieweit die ausländischen Beobachter Einfluss nehmen können. "Es handelt sich hier um zwei sehr ernst zu nehmende Juristen", meint Sulitzeanu-Kenan. "Sie werden sich sicher einmischen und ihre Meinung kundtun", wenn es etwa darum geht, ob Regierung und Armeeführung Alternativen erwogen haben, bevor sie der Marine Befehl zum Angriff gaben.

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14 Kommentare

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  • M
    Maik

    Wieso wird hier unter allen Umständen ALLES was Israel unternimmt, verteidigt? Es geht um Politik, Machtpolitik. Politik MUSS kritisierbar sein dürfen, auch israelische Politik.

    Nochmals: wieso wird Israel permanent reingewaschen, auch wenn es nach allen Reschtsstandards Unrecht begeht?

  • M
    Mal

    Na, hier toben die debilen Anti-Amerikaner und die linksbraunen Islamismusclaqeuere ja wieder. Euch ist wirklich nichts zu doof.

    Ja, Metin, auf den Schiffen waren Menschen aus 32 Nationen. Und ausgerechnet auf dem einzigen Schiff, auf dem massenhaft Mitglieder einer islamistischen Organisation an Bord waren, kam es als einzigem zu lebensbedrohenden Angriffen auf die durchsuchenden Soldaten.

    Wie das wohl kommt? Wie's nur sein kann? War bestimmt Israels schuld.Und die Türkei wäre selbstverständlich viiiiiel besser zur Aufklärung geeignet. Wo die so großartig darin ist, eigene Schuld aufzuarbeiten, aufzuklären oder auch nur zuzugeben, gell?

     

    @Maik: Selten so viel Dummheit gelesen. Schonmal was vom Sudan, Tschetschenien, Tibet, der brutalen Unterdrückung der grünen Revolution, der Ermordung von 30-40.000 Kurden in der Türkei gehört?

    Von der Ermordung und Unterdrückung der Kopten oder der Ba'hai ?

    Ne, gell? Irgendwie scheinen da auch keine großen Bombardierungen stattzufinden, oder?

  • F
    fritz

    @ erdnutty

     

    weniger ist mehr!

    vielleicht mal "friedensaktivismus" recherchieren und weniger bnd-sprech produzieren?

  • WD
    Wahrheit die keiner hoeren moechte

    was soll das fuer eine untersuchung sein, in der man auf infos israels angewiesen ist und die keinen internationalen charakter hat???kann sich die welt und oder die leser vorstellen, haette der Iran,Pakistan oder Libyen so eine aktion gestartet???die USA als weltpolizei haette in der selben nacht mobil gemacht.

    ES muss aufhoeren mit 2 masstaeben zu messen wenn es um Israel geht sonst wir es keinen frieden geben in dieser region und genau das wollen einige nicht um ihren sonderstatus nicht zu gefaehrden.wie ruhig ist es schon wieder geworden obgleich dieser tat....und wir sprechen hier von einer tat und dementsprechend von TAETERN.....

  • AE
    Anton Erdnusscreme

    @ kati

     

    "Die Mörder urteilen über sich selber. Ha, ha, ha, sollen sie das Ergebnis doch jetzt schon sagen. Fest stehts eh."

     

    Nach ihrer Ansicht war es Mord. Umgangssprachlich also die vorsätzliche, nicht gerechtfertigte und nicht entschuldbare Tötung von Menschen unter niederen Beweggründen.

    Sie haben sich Ihr Urteil also auch schon gebildet. Da halte ich es für äußerst fragwürdig, wenn nicht gar verlogen, nach einer unvoreingenommenen Untersuchung zu schreien.

    Zumal man, nach diesem Artikel, den Anspruch für sich selbst ehrlicherweise garnicht erhebt:

     

    >>Es ginge darum, "der Welt zu demonstrieren, dass unsere Operation legitim, richtig und gerechtfertigt war", meinte Dan Meridor (Likud), Minister für Nachrichtendienste und Atomenergie gegenüber der "Stimme Israels", und "dass Israel in einem Akt der Selbstverteidigung handelte."

  • M
    Maik

    Auf dieser Welt gilt unterschiedliches Recht, eins für die USA und Israel - das andere für den Rest der Welt. Dieser Rest würde für sowas, das Israel permanent tut, mit Sanktionen, Bomberflotten, Morde durch Drohnen, Einmarschdrohung usw, bestraft.

  • M
    Metin

    t.w

    Verbreiten Sie bitte hier keine Israelische Hetzpropaganda. Auf dem Schiff waren Menschen von 32 Nationen. Sogar ein Holocaustüberlebender war an Bord.

    Die Behauptung, an Bord seien Islamisten, die mit der Hamas in engem Kontakt stehen ist wieder einmal die islamische Terrorkeule Israels, mit dem sie auf Verbündeten suche geht und die Menschen für dumm verkauft. Wenn Israel unschuldig ist, sollen sie die Vorfälle von der UNO untersuchen lassen.

  • S
    Serry

    Täter, die zivile Hilfsschiffe im internationale Gewässer angegriffen und Zivilisten ermprdert haben, sollen vor dem Richten in Den Haag stehen und nicht in Richter umgetauft werden.

    62 Jahren Staatsterror in Palästina sind genug und die Weltgemeinschaft soll ihre Verantwortung diesbezüglich voll übernehmen.

    Frau Helen Thomas, 89 jäh. vorsteherin des Journalistenkorbs im Weissen Haus sagte vor zwei wochen, die Israelis sollen zu ihren Heimatsländer zurückkehren, nur so kann die Welt Frieden haben. Dafür müßte die Dame ihren Hut nehmen.

    Die TAZ hat diese Nachricht nicht mal erwähnt, wahrscheilich lernen die Taz-Journalisten was daraus!!

  • T
    t.w.

    israel wird die umstände der erstürmung der marmara untersuchen.

    ich vermisse jedoch jeglichen willen der türkei zu untersuchen wieso islamisten und terroristen mit genehmigung der regierung auf dieses schiff gelagen konnten. die türkei wird auch nicht unersuchen welche rolle erdogan und seine gefolgsmänner bei dieser provokation gespielt haben.

    WARUM NICHT???

  • J
    JGO

    Das Arpatheit-Unrechtsregime in Israel blufft nur.

    Wer's glaubt wird selig.

  • S
    Stefan

    "Mit einem harten Urteil gegen Politiker oder Militärs ist deshalb kaum zu rechnen."

    Eine Vorverurteilung hört man da nicht raus, oder?

    Wie wäre es denn mit einer türkischen Untersuchungskomission, die sich um die islamistischen Untriebe und die Beteiligung der Regierung kümmert?

  • K
    kati

    "Unklar ist, inwieweit die ausländischen Beobachter Einfluss nehmen können. "Es handelt sich hier um zwei sehr ernst zu nehmende Juristen", meint Sulitzeanu-Kenan. "Sie werden sich sicher einmischen und ihre Meinung kundtun".

     

    Die Mörder urteilen über sich selber. Ha, ha, ha, sollen sie das Ergebnis doch jetzt schon sagen. Fest stehts eh.

  • RM
    Regine Metes

    Wenn das die Vorstellung von Recht in einer Demokratie sein soll: von vornherein sicherzustellen, daß man im Recht ist, dann muß man an Israels demokratischen Vorstellungen zweifeln.

    Es geht lediglich darum, die Seeblockade aufrechtzuerhalten und darum, den Einsatz zu rechtfertigen.

    Niemals zu rechtfertigen ist, daß man Friedensaktivisten vom Hubschrauber aus beschießt - deswegen auch die "Bewaffnung" mit Eisenstangen etc., als die stürmenden israelischen Soldaten das Schiff enterten.

    Die Aktivisten waren überhaupt unbewaffnet, d.h. trugen keine Schußwaffen.

    Das Schiff und die Opfer sind türkischer Herkunft, deswegen hat die Türkei ein Recht darauf, an der Untersuchung dieses Massakers beteiligt zu sein.

    Es geht nicht an, daß die Israelis auf diese Weise, wie sie es sich vorstellen, weiter die Menschenverletzungen in Gaza tun dürfen. Israel muß endlich verhandeln - und zwar mit Hamas und Fatah.

  • S
    schreiberling

    Israel untersucht sich selbst. das ganze ist ein schlechter witz, die untersuchungskommission hat keinerlei kompetenzen und bekommt (wie wir alle bisher auch) eine vom israelischen militär gefilterte "realität" serviert.

     

    geht´s noch. halten die denn alle für bescheuert? und für diesen mumpitz gibt sich auch noch ein friedensnobelpreisträger her. unglaublich!

     

    das ergebnis des "unabhängigen untersuchungsausschusses" steht bereits fest: es ist alles korrekt gewesen, die toten sind selbst schuld (schließlich mussten die ja damit rechnen, dass mit dem israelischen militär nicht zu spaßen ist, gefangene werden da nicht gemacht) und israel hat sein recht auf selbstverteidigung wahrgenommen. punkt.

     

    schon der letzte israelische untersuchungsausschuß zum gaza krieg 2009 mit 1400 toten konnte nichts kritikwürdiges am vorgehen der israelischen armee finden. ergebnis hier: ein israelischer soldat wird wegen diebstahls einer palästinensischen kreditkarte verurteilt (die großflächige bombardierung von wohngebieten, krankenhäusern un-einrichtungen, einsatz von phosphorbomben war alles prima und praktisch von den palästinensern aufgezwungen).

     

    shalom.