Nach dem 4:2 gegen Frankreich: Jetzt geht's los
Die DFB-Elf konnte Mitfavorit Frankreich schlagen. Viel wichtiger: Sie kämpfte – und konnte erstmals echt begeistern. Besonders wichtig waren dabei neue Spielerinnen.
DÜSSELDORF taz | Dienstagabend hat für die deutschen Nationalspielerinnen die WM begonnen. Es kam gegen Frankreich wie erträumt. Zu sehen gab es beherzten Fußball, schönes Kombinationsspiel, viele Chancen und vor allem: reichlich Tore.
Das Echo fiel imposant aus: Ein berauschtes Publikum feierte lauthals seine Elf, welche die mittlerweile hoch gehandelten Französinnen mit 4:2 auf sehr ansehnliche Weise bezwungen hatte. Hinzu kam, nicht überraschend, die politische Geste von höchster Warte: der Anruf von Kanzlerin Merkel, welche die Bundestrainerin Silvia Neid beglückwünschte – kurz nach dem Abpfiff.
Grünenchefin Claudia Roth machte sich in später Nacht auf den Weg zum Teamhotel nach Düsseldorf, um sich „für einen tollen Fußballabend zu bedanken“, wie DFB-Pressesprecher Ralf Köttker berichtete. Der märchenhafte Abend wollte kein Ende nehmen. „Irgendwann nach der Ansprache von Claudia Roth sind wir um ein Uhr auf die Zimmer“, erzählte Inka Grings. Den Eindruck, dass das des Guten vielleicht ein bisschen zu viel war, wies sie zurück: „Es kam uns nur etwas länger vor, weil wir müde waren.“
Neue Lust am Spiel
Okay, die WM begann nicht erst Dienstagabend für die Deutschen. Doch die Auftritte gegen Kanada und Nigeria sollten nicht mehr so recht gelten. Gegen die Französinnen, so versprachen die DFB-Frauen, werden wir beginnen, Fußball zu spielen. Und sie hielten Wort. Und wie. Am ehesten verkörpert in der Person von Inka Grings, die per Kopfball und Elfmeter zwei Tore zum befreienden Erfolg beisteuerte. Sie symbolisiert wie keine andere die neue Lust an der Performance der Deutschen in diesem Turnier.
Für das öde Gekicke in den Partien zuvor konnte man die Duisburgerin zwar nur bedingt in Haftung nehmen. Die sich als Stammspielerin wähnende Bundesligarekordtorschützin war plötzlich nur noch für Kurzeinsätze vorgesehen. Aber der Krampf, unter dem ihre Kolleginnen auf dem Rasen zu leiden schienen, schlug sich auch bei Grings auf der Ersatzbank nieder. Schwer im Magen habe ihr die Verbannung auf die Bank gelegen, gestand die 32-Jährige.
Beim Lösen des kollektiv so festgezurrten Knotens legte Grings am sichtbarsten mit Hand an. Während ihr Spiel ansonsten davon lebt, aus dem Nichts zuzuschlagen, zeigte sie gegen Frankreich ungewöhnliche Präsenz. Alles was zuvor so schwer fiel – das Einschlagen der richtigen Laufwege, der präzise Pass zur freien Frau, der Mut zum Abschluss -, all das sah besonders bei ihr nun spielend leicht aus. Allerdings nicht anfänglich – auch sie fand erst durch Kampfgeist in dieses Spiel hinein. Nach dem 1:0 durch Kerstin Garefrekes schien der Druck vom deutschen Team endgültig abzufallen.
Die Abfangjägerin
Der Einbau neuer Spielerinnen tat der deutschen Frauschaft dabei offensichtlich gut. Neben Grings ist dabei vor allem Fatmire Bajramaj hervorzuheben, die nicht mal als Spielgestalterin, sondern vielmehr als Abfangjägerin unverzichtbare Dienste leistete.
Der Auftritt der Deutschen hat durchaus große Signalwirkung für die nächsten Tage – nach innen wie nach außen. Inka Grings betonte bei aller Freude über ihren persönlichen Erfolg ihre Teamfähigkeit und bilanzierte: „Es ist viel, viel wichtiger, dass wir uns als Mannschaft gefangen haben. Das tut uns allen gut.“ Jetzt könne man mit großem Selbstbewusstsein ins Viertelfinalspiel gegen Japan gehen.
Zum anderen hat das deutsche Team wieder den Respekt der Gegner erarbeitet – und die Bereitschaft zu großen Gefühlen beim Publikum heftig genährt. Hatte die Euphorie auf den Rängen in den ersten Spielen der WM einen ziemlich vorsätzlichen Charakter, wirkte das Zusammenspiel zwischen dem Geschehen auf dem Rasen und auf den Rängen in Gladbach sehr echt. Die für Kim Kulig eingesetzte Lena Gößling formulierte die Folgen des Spiels sehr pathetisch: „Ich glaube, dass ganz Deutschland jetzt hinter uns steht.“
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