Nach Verhör wegen Islamkritik: Norwegischer Blogger enthüllt Identität
Norwegens Polizei vernimmt "Fjordman". Der islamkritische Blogger diente dem Attentäter Breivik als Inspirationsquelle. Um den Medien zuvorzukommen, enthüllt er seine Identität.
Update 7.8.2011:
Von langer Dauer war Fjordmans angekündigte Blog-Enthaltsamkeit nicht. Am Freitagabend veröffentlichte er einen Text, in dem er sich beschwert, die Polizei habe ihn beim Verhör wie einen Tatverdächtigen behandelt. Habe stundenlang seine ganze Wohnung auf den Kopf gestellt und neben Speichermedien auch Bücher und Kleidungsstücke beschlagnahmt. Die Polizei liess daraufhin wissen, Jensen habe versucht, einen Laptop in einem Bahnhofsschliessfach zu verstecken.
STOCKHOLM taz | Mehr als 100-mal zitiert der Terrorist Anders Behring Breivik den anonymen Blogger "Fjordman" in dem "Manifest", in dem er seine Bluttat begründet. Ganze Kapitel bestehen aus dessen Blogtexten. "Fjordman" sei seine große Inspirationsquelle, so Breivik: "The most talented right wing essay writer in Europe."
Am Donnerstag wurde das ideologische Vorbild Breiviks von der Polizei verhört, und seine Rechner wurden beschlagnahmt. Danach stellte sich "Fjordman" in einem Interview der Osloer Tageszeitung VG: "Weil meine Identität nun sowieso bekannt wird." "Fjordman" ist Peder Are Nøstvold Jensen.
Seine Kollegen in einer Osloer Sozialfürsorgeeinrichtung erfuhren am Freitagmorgen aus den Medien vom "Nebenjob" des 36-Jährigen. "Die werden geschockt sein, das tut mir leid", sagt Jensen: Seine Familie, die ebenfalls nichts wusste, habe er jetzt vorgewarnt.
"Blogging Iran – a case study of Iranian English Language weblogs" ist der Titel der Examensarbeit, mit der Jensen 2004 an der Universität Oslo ein Examen im Fachbereich Technologie, Innovation und Kultur abgelegt hatte. Daneben studierte er an der "American University" in Kairo arabische Sprache. Ohne Einzelheiten zu nennen, gibt er in der VG an, mehrere Jahre im Mittleren Osten gelebt zu haben.
2003 veröffentlichte er in der VG einen Debattenbeitrag über den "Islam und die offene Gesellschaft". Da er sich von den traditionellen Medien zensiert gefühlte habe, begann er, erst als "Norwegian kafir" und ab 2005 als "Fjordman", zu bloggen.
Breivik habe ihn seit 2009 ein paarmal per Mail kontaktiert und ihn treffen wollen, sagt Jensen. Woran er aber kein Interesse gehabt habe. "Luftschlösser" seien Breiviks Gedanken für ihn gewesen, seine Aufdringlichkeit sei die eines "Staubsaugervertreters". Es sei ihm "fürchterlich unbehaglich", zu wissen, dass ein Massenmörder in ihm ein Vorbild gesehen habe, meint Jensen jetzt. Und erklärt, erst einmal einige Zeit "abtauchen" zu wollen, weil er um seine Sicherheit fürchte.
Er hoffe, mit dem Verhör bei der Polizei – die ihn mehr als Beschuldigten denn als Zeugen behandelt habe –, sei die Sache für ihn erledigt. Er sei sich keiner Schuld bewusst, verstehe aber, dass er zum Hassobjekt geworden sei und dass die Leute einen Sündenbock brauchten.
Drei Tage nach den Terrortaten Breiviks hatte sich Jensen online von diesem und seinen Taten distanziert. Das werde für lange Zeit sein letzter öffentlicher Diskussionsbeitrag gewesen sein, erklärt er und der letzte als "Fjordman".
Leser*innenkommentare
Robert R
Gast
Der Text ist mal wieder typisch - er wurde von der bösen Polizei hart angefasst. Dabei sei er doch höchstens Zeuge. Dass die Polizei irgendwie die Behauptungen von Täter und von ihm, dass er nicht Mittäter ist, auch mal überprüfen muss - darauf kommt er nicht.
Und natürlich wird's gleich mit dem 3. Reich verglichen. Folter? Erzwungenes Geständnis? Nix? Dann war's auch nicht ansatzweise 3. Reich. Und auch nicht Stalin.
Neo
Gast
@Markus Brandt
"Aber er scheint Erfahrung mit dem Islam aus erster Hand gesammelt zu haben und er konnte all das im Internet auf arabisch lesen, was wir nur in Auszügen serviert bekommen."
Genau den gleichen Quatsch hat auch Osama bin Laden immer wieder von sich gegeben. Er habe ja im Westen gelebt und studiert, daher wisse er, dass der Westen den Islam und die Muslime vernichten will.
Wer hat nun Recht?
Neo
Gast
@Kritiker
"Und wenn wir schon dabei sind: Mohammed Ata hatte sicherlich Koran und Moschee als Inspirationsquelle. Würde man deshalb den Generalverdacht auf die Muslime ausprechen, wie man es bei der Seite PI macht? Hat man die Moschee geschlossen und den Imam verhaftet?"
Natürlich nicht. Man hat gleich der gesamten islamischen Welt den Krieg erklärt ähh ich meinte dem Terror, zwei muslimische Länder überfallen und hunderttausende Muslime getötet, tausende gefoltert und gedemütigt.
Markus Brandt
Gast
Die europäische Gesellschaft sollte sich bemühen diesen Mann zu schützen und nicht Öl ins Feuer zu gießen. Man kann zu seinen Einstellungen stehen wie man will, aber wenn man es mit den Menschenrechten ernst meint, dann muss man - da sollten wir es mit Voltaire halten - Meinungen nicht kriminalisieren. Falls er zu Gewalt aufgerufen haben sollte oder die Unwahrheit gesagt haben sollte, so ist das ein Fall für die Gerichte in Norwegen. Die Linie zwischen Meinungsäußerung und Straftat sind klar definiert und man sollte nicht versuchen hier herumzufantasieren.
Aber er scheint Erfahrung mit dem Islam aus erster Hand gesammelt zu haben und er konnte all das im Internet auf arabisch lesen, was wir nur in Auszügen serviert bekommen.
Hat man etwa die Redaktion des Spiegel eingesperrt als die RAF gewütet hat? Ist Umweltschutz etwa falsch nur weil einige Irre im Namen des Umweltschutzes Verbrechen begehen? Nein. Also Leute, seid besonnen und verhaltet euch wie aufgeklärte, mündige Bürger.
Michael Marx
Gast
Die katholische und andere christliche Kirchen dafür zu kritisieren das sie Homosexualität zur Sünde erklären ist legitim, da das gute Recht eines Jeden/r.
Das nennt man Meinungsfreiheit.
Weder die katholische noch andere christliche Kirchen fordern das Töten Homosexueller durch ihre Gläubigen.
Auch gibt sie nicht die Kritiker solcher Forderungen zum Abschuss frei.
Wäre es anders wäre ich ein erklärter Feind solcher Kirchen.
Ich bin ein säkulares, nicht praktizierendes katholisches Kirchenmitglied.
Kein Feigling und Angeber der sich unberechtigter weise Antifaschist oder Progressiv nennt.
Izmir Übuel
Gast
Ich habe zufälligerweise vor ca. einem halben Jahr mal einen Essay von Fjordman mit dem Titel "Islam, the Greeks and the Scientific Revolution" gelesen, den ich sehr interessant & kompetent fand (weit über das intellektuelle Niveau hiesiger Islamkritiker hinaus), und ich spürte danach auch nicht das unbezähmbare Bedürfnis, mir ein Sturmgewehr zu besorgen und Muslime abzuknallen. Hat sich Hitler nicht u. a. auf Darwin berufen? So ähnlich sehe ich Beziehung Breivik Jensen auch. Für solche Fans kann niemand verantwortlich gemacht werden.
berndo
Gast
Wundert er sich noch, dass er als "Sündenbock" herhalten muss? "Ich hab die ganzen letzten Jahre Muslims verunglimpft und attackiert, sie alle über einen Kamm geschoren, alle pauschal Terroristen genannt - nun wundert es mich, dass Leute böse auf mich sind?" Mal im Ernst. Glauben diese Leute wirklich, im Auftrag irgendeiner humanitären Mission unterwegs zu sein? Manche Leute haben echt Nerven... obwohl ich nicht glaube, dass er einen ernsthaften Grund zum Untertauchen hat, diese Jungs machen sich künstlich interessant und der Grossteil der Muslims ist wohl doch nicht so jihadmässig drauf, die haben schliesslich wie wir alle ein Leben zu führen.
Menschenrechtler
Gast
Ich vermute, dass "Fjordman" von jetzt an in Lebensgefahr schwebt. Kriegt er Polizeischutz?
Überbewertetes Internet
Gast
Das Internet, die Blogs und Facebook werden völlig überbewertet. In Ägypten beispielsweise besitzen 20% aller Menschen einen Internetzugang, da ist es schon allein von der Anzahl problematisch, von einer "Facebook-Revolution" zu sprechen.
Genauso ist es mit den Rechten. "Politically Incorrect" besteht zu 99% aus zitierten und verlinkten Texten ganz "normaler" Medien. Und Fjordman bezieht sich auch ständig auf "normale" Medien und Publizisten.
Der Fisch stinkt vom Kopf her. Broder, Ulfkotte, Sarrazin, Döpfner, Fleischhauer, Henkel und Konsorten. Es braucht kein Internet und keinen Fjordman, damit solche Leute radikalisiert werden könnten. Oben genannte Publizisten und Medien wie WELT, BILD oder der SPIEGEL reichen dafür völlig aus.
Kritiker
Gast
Bedenklich was in Europa gerade abläuft. Das bloggt jemand mit sicherlich zu diskutierenden Inhalten, und ein späterer Massenmörder findet darin Inspiration. Danach wird dieser blogger verhaftet, sein Rechner beschlagnahmt und seine Identität aufgedeckt.
Auf einmal spielt der Schutz der Identität keine Rolle mehr. Der norwegische Staat tritt in bester Stasi-Manier auf. Und gibt auch ein einschüchterndes Signal: Seht her, wenn ihr eine Meinung habt, die auch Breivik hatte, dann... Broder wurde auch zitiert von Breivik. Müßte man in dieser Logik nicht Broder verhaften und seine PC´s beschlagnahmen? Was bedeutet dies für die Meinungsfreiheit?
Und wenn wir schon dabei sind: Mohammed Ata hatte sicherlich Koran und Moschee als Inspirationsquelle. Würde man deshalb den Generalverdacht auf die Muslime ausprechen, wie man es bei der Seite PI macht? Hat man die Moschee geschlossen und den Imam verhaftet? Nein.
Fragen über Fragen...
Praktisch, praktisch
Gast
Es ist die gleiche Logik wie die von Wilders. Man verbietet Schriften aus denen sich der Mörder bediente. Natürlich nicht alle, sondern nur die passenden. Sonst müsste man ja tatsächlich den Koran verbieten weil dort anders als im blog von Fjordmann tatsächlich zu Mord an "Ungläubigen" aufgerufen wird. Das wurde und wird in der Welt auch laufend umgesetzt. Dann müsste man noch Nietze verbieten auf den sich so manchen beim Morden für die "gute Sache" berief. Von dem "Mafifest" eines gewissen Herrn Marx mal ganz zu schweigen. Auf das beriefen sich zwei Massenmörder die es tatsächlich hinbekamen noch mehr Menschen umzubringen als Hitler. Ein gewisser Herr Stalin und sein chinesicher Kollege Mao. Blöd zu verbieten, da der Koalitionspartner der SPD bzw.der Grünen gerade eine "stalinistische Plattform" in der Partei hat. Außerdem hatten/haben ja so viele alte Herren im Journalistengewerbe, den Kultur- und Bildungseinrichtungen und der Politik ja so schöne Poster der Herren Stalin/Mao im Zimmer oder trugen sie auf der Straße herum. Da ist es einfacher einen Blogger plattzumachen. Politisch praktisch ist es obendrein. Journalistisch sowieso. Da redet einem keiner mehr drein wenn man den Mord an Christen im nahen Osten nicht behandelt oder eben richtig deutet. Die Zustände außerhalb des Rotweingürtels sowieso. Da stören Blogger immer so übel die Deutungshoheit. Sonst kommt noch ein Breivik, genau. Oder noch schlimmer, ein Sarrazin.