Nach Vergewaltigung in Brasilien: Mit Gebet gegen Abtreibung

Eine Zehnjährige ist in Brasilien vergewaltigt worden. Gegen die Abtreibung laufen religiöse Extremisten auf – mit Unterstützung der Regierung.

Präsident Jair Bolsonaro hält ein Bild von Jesus in die Höhe umringt von Anti-Abreibungs aktivisten und Katholiken

Präsident Bolsonaro umgibt sich gerne mit Abtreibungsgegnern und Katholiken wie hier im April 2020 Foto: Sergio Lima/AFP

BERLIN taz | Es wurde lauthals gebetet, gerangelt und am Ende sogar versucht, die Klinik zu stürmen. Katholische Gruppen, evangelikale Pastor*innen und rechtsradikale Politiker*innen hatten am Sonntag zu einem Protest in der brasilianischen Millionenstadt Recife aufgerufen. Die Demonstrant*innen wollten verhindern, dass ein zehnjähriges Mädchen, das nach einer Vergewaltigung schwanger wurde, eine Abtreibung vornehmen lässt. Der Fall löst eine Debatte über den wachsenden Einfluss von religiösen Gruppen aus.

Brasilien hat strenge Abtreibungsgesetze. Ein Schwangerschaftsabbruch darf nur vorgenommen werden, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist, der Fötus nicht lebensfähig ist – oder nach einer Vergewaltigung. Christliche Gruppen kämpfen seit Jahren dafür, die Gesetze noch weiter zu verschärfen – und seit Amtsantritt des rechtsradikalen Jair Bolsonaro erhalten sie Unterstützung von ganz oben.

Familienministerin Damares Alves ist nicht nur evangelikale Pastorin, sondern auch eine der bekanntesten Antiabtreibungsaktivist*innen des Landes. In der jüngsten Debatte gab die Ministerin den Startschuss für eine regelrechte Hexenjagd, als sie bei Facebook die Entscheidung der Justiz kritisierte, die Abtreibung zuzulassen.

Da es sich bei dem Opfer um ein Kind handelt, dürfte der Fall eigentlich nicht diskutiert werden. Das störte aber auch die rechte Influencerin und Bolsonaro-Unterstützerin Sara Winter nicht, sich eindeutig zu positionieren. Die fundamentalistische Exfeministin rief ihre Unterstützer*innen zum Protest auf und veröffentlichte sogar den Klarnamen und die Adresse des Mädchens.

Menschenkette gegen rechts

Das 10-jährige Mädchen, das bei ihrer Oma im Bundesstaat Espíritio Santo lebt, wurde über mehrere Jahre von ihrem Onkel vergewaltigt. Nach dem öffentlichem Druck weigerte sich das Krankenhaus in ihrer Heimatstadt, die Abtreibung durchzuführen – obwohl die Justiz die Abtreibung zuvor erlaubt hatte. So musste das Mädchen in den mehr als 1.000 Kilometer entfernten Bundesstaat Pernambuco fliegen.

Dort versammelten sich am Sonntag Hunderte Feminist*innen, um das Mädchen zu unterstützen und eine Menschenkette gegen die Rechten zu bilden. Eine der Demonstrant*innen war Carol Vergolino, Politikerin der Linkspartei PSOL. „Als das Mädchen in die Klinik kam, hatte sie ihren Teddybär in der Hand. Und die Fundamentalisten beschimpften sie als Mörderin“, sagte die 42-Jährige der taz.

Laut Vergolino seien die Proteste auch eine direkte Folge der Politik von Präsident Bolsonaro: „Der Präsident verbreitet Hass und stiftet damit Menschen zu solchen Aktionen an.“

Sich in Brasilien öffentlich zu Schwangerschaftsabbrüchen zu positionieren, kann gefährlich sein. Ärzt*innen berichten von massiven Drohungen und Repressalien. Auch der Arzt, der die Abtreibung bei der 10-Jährigen vornahm, wurde vor einigen Jahren wegen seiner Arbeit von der katholischen Kirche exkommuniziert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.