Nach Verbal-Attacken auf Abgeordnete: Merkel weist Erdoğan-Kritik zurück
„Nicht nachvollziehbar“ seien die Vorwürfe des türkischen Präsidenten, sagt die Bundeskanzlerin. Auch das Auswärtige Amt reagierte gegenüber dem Botschafter.
Nach der Verurteilung der Massaker an den Armeniern vor 100 Jahren als Völkermord im Bundestag hatte Erdogan türkischstämmige Abgeordnete als verlängerten Arm der verbotenen PKK bezeichnet. Er verlangte, ihr Blut zu testen. Deutschland warf er mangelnde Aufarbeitung des Holocaust vor. Im Internet wurden die elf türkischstämmigen Abgeordneten auch massiv bedroht.
Merkel sagte, sie habe sich immer für direkte Gespräche zwischen Armenien und der Türkei eingesetzt und werde dies weiter tun. Eine vorübergehende Entspannung der belasteten Beziehungen zwischen beiden Ländern war nur von kurzer Dauer gewesen.
Merkel betonte, die Armenien-Resolution des Bundestags enthalte ausdrücklich die Singularität des Holocaust. Deutschland habe sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinandergesetzt und werde dies weiter tun.
Auswärtiges Amt: „Einladung“ an Botschafter
Auch das Auswärtige Amt hat die Verbalattacken aus der Türkei gegen deutsche Abgeordnete im Zusammenhang mit der Armenien-Resolution scharf kritisiert. Der türkische Geschäftsträger in Berlin sei am Dienstag zu einem Gespräch ins Auswärtige Amt „eingeladen“ worden, hieß es aus dem Außenministerium. In dem Gespräch sei „deutlich“ gemacht worden, dass die jüngsten Äußerungen zu deutschen Abgeordneten „mit Unverständnis aufgenommen wurden“.
Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth warf Erdoğan vor, „offene Hetze“ gegen deutsche Abgeordnete zu betreiben. Die Grünen-Politikerin forderte Merkel auf, bei Erdogan offiziell gegen dessen Vorwürfe zu protestieren. „Die Kanzlerin muss jetzt klar Stellung beziehen. Was Erdoğan macht, verstößt gegen alle Gepflogenheiten“, sagte Roth der Deutschen Presse-Agentur. „Das darf man ihm nicht durchgehen lassen.“
Unionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte: „Es ist überhaupt völlig inakzeptabel, Abgeordnete türkischer Abstammung wegen ihres Abstimmungsverhaltens massiv zu bedrohen.“ Er lasse sich von keinem Staatspräsidenten vorschreiben, wie er abstimme. „Das muss unser Selbstverständnis sein. Wir müssen hier ganz klar zusammenstehen.“
Der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) kritisierte die Drohungen türkischer Nationalisten und Extremisten gegen türkischstämmige Bundestagsabgeordnete als „völlig inakzeptabel“.
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