Nach Urteil in Frankreich: Amazon stoppt Versand
Ein Gericht in Nanterre zwingt Amazon, nur noch lebenswichtige Produkte zu verkaufen. Der Internethändler legt daraufhin fünf Tage Pause ein.
„So schnell wie Mausklick bei einer Bestellung per Internet“, so die Regionalzeitung „La Dépêche“, habe Amazon reagiert, indem die sofortige Schließung der sechs Versandlager in Frankreich angeordnet wurde. Die gesamten Aktivitäten sollen vorerst für fünf Tage, vom 16. bis 20. April, eingestellt werden. Die rund 10.000 Fest- und Interimsbeschäftigten erhalten während dieser fünftägigen Pause ihr volles Gehalt. Von den Möglichkeiten der Kurzarbeit, bei der das Unternehmen finanziell unterstützt würde, macht Amazon keinen Gebrauch.
Ohne dies explizit zu sagen, droht der amerikanische Konzern darüber hinaus damit, nach dieser Protestreaktion als Arbeitgeber Frankreich zu verlassen. Die Direktion erklärte zum Urteil und zu den gewerkschaftlichen Vorwürfen, die Sicherheit des Personals werde vernachlässigt, sie sei „perplex“. Denn sie habe ihren Angestellten zum Schutz am Arbeitsplatz nicht weniger als 1,5 Millionen Masken, 27.000 Liter Desinfektionsgel und 127.000 Pakete mit Reinigungstüchlein verteilt.
SUD-Gewerkschaftssprecher Laurent Degousse hält dem entgegen, bei den Arbeitsabläufen sei es den Beschäftigten nicht möglich gewesen, die Distanz einzuhalten. Auch habe ausgerechnet das tägliche Messen der Körpertemperatur beim Eingang unnötige Warteschlangen mit Covid-Infektionsrisiken geschaffen. Und generell meint er, das französische Arbeitsrecht werde nicht respektiert. Amazon war diesbezüglich angeblich bereits fünf Mal von der Arbeitsinspektion gemahnt worden und hatte dem nur teilweise Rechnung getragen.
Amazon geht in Berufung
Dass ihnen in erster Instanz die Justiz am Dienstag gegen den mächtigen Konzern Recht gegeben hat, ist für die französischen Gewerkschaften eine Genugtuung, die von Sprechern der politischen Linken, zum Beispiel Attac und Greenpeace, auf Twitter geteilt wird.
Amazon will das Urteil nicht hinnehmen. Frédéric Duval, Generaldirektor von Amazon France, sagte am Donnerstag: „Selbstverständlich legen wir Berufung ein.“ Eine auf die einstweilige Verfügung aus Nanterre aufschiebende Wirkung hat dies aber nicht, und viele Kunden, die auf ihre Bestellung warten, müssen sich wohl etwas länger gedulden.
Auch in Deutschland gibt es Kritik an Amazon wegen des Umgangs mit der Coronakrise. In den USA protestierten Beschäftigte wegen zu wenig Schutz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!