Nach Todesurteil für 529 Ägypter: Nächster Prozess vertagt
Nachdem hunderte Anhänger von Mursi zum Tode verurteilt wurden, kommt es bei Protesten zu Ausschreitungen. Die UN verurteilt das Urteil scharf.
KAIRO/MINJA rtr/dpa/afp | Einen Tag nach den Todesurteilen gegen 529 Mitglieder der ägyptischen Muslimbruderschaft müssen sich weitere 683 Anhänger der islamistischen Organisation vor dem selben Gericht verantworten. Zu den Angeklagten zählte am Dienstag auch der Anführer der Muslimbrüder, Mohammed Badie. Anzeichen, dass die umstrittenen Massenprozesse die ohnehin angespannte Lage im Land zusätzlich anheizen dürften, gab es an den Universitäten in Alexandria und in Minja.
Hunderte Demonstranten protestierten gegen die Verfahren. Die Polizei setzte Tränengas ein feuerte Warnschüsse in die Luft ab. Die Vereinten Nationen übten wie zuvor die USA und die Europäische Union scharfe Kritik an den Gerichtsurteilen. Die Urteile in einem „Prozess voller Verfahrensfehler“ gegen mehr als 500 Anhänger des im Juli vom Militär gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi verstießen gegen das internationale Menschenrecht, erklärte UNHCR-Sprecher Rupert Colville am Dienstag in Genf.
Die erstaunlich hohe Zahl von Todesurteilen sei in der jüngsten Geschichte einmalig. Was jedem einzelnen Angeklagten vorgeworfen werde, bleibe unklar, weil die Anklagepunkte vor Gericht nicht verlesen worden seien.
Von den knapp 700 Angeklagten erschienen am Dienstag lediglich 60 vor dem Gericht im südägyptischen Minja. Die Verteidiger boykottierten die Eröffnung des Verfahrens. „Wir haben von einem Erscheinen abgesehen, weil der Richter strafrechtliche Prozeduren verletzt und den Verteidigern nicht erlaubt hat, ihre Klageeinwände darzulegen“, sagte Adel Ali aus der Gruppe der Rechtsanwälte der Angeklagten.
Er fügte hinzu, dass 77 der Angeklagten inhaftiert seien. Die anderen seien auf Kaution freigekommen oder befänden sich auf der Flucht. Der Massenprozess wurde auf den 28. April vertagt worden. Erst dann sollen die Urteile gesprochen werden, wie ägyptische Medien berichteten.
Gegen die am Montag von dem selben Gericht gefällten Todesurteile kann Berufung eingelegt werden. Dennoch verschärft sich mit den Höchststrafen der Konflikt zwischen der Militärregierung und den Islamisten. Die Armee hatte den frei gewählten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi vergangenen Juli abgesetzt. Anschließend griff sie hart gegen die Muslimbrüder durch, aus denen Mursi hervorgegangen ist.
So töteten die Sicherheitskräfte im August Hunderte Anhänger der Organisation, die per Sitzstreik die Wiedereinsetzung Mursis gefordert hatten. Die Muslimbrüder sind mittlerweile in Ägypten verboten. Tausende Mitglieder und Unterstützer wurden festgenommen, darunter auch Mursi.
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