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Nach Suárez' Biss-Attacke„Es ist eine normale Bewegung“

Das WM-Aus von Italien wirkt wie eine Randnotiz. Der Biss des Uruguayers Suárez beherrscht die Diskussion in Medien und sozialen Netzwerken.

Opfer und Täter: Giorgio Chiellini (l.) und Luis Suárez. Bild: ap

BERLIN taz | Es ist die 80. Spielminute im Alles-oder-Nichts-Spiel zwischen Uruguay und Italien. Die Südamerikaner sind im Angriff. Der gegen England noch als Held gefeierte Luis Suárez läuft in den Strafraum, dicht bewacht vom italienischen Abwehrspieler Giorgio Chiellini. Plötzlich streckt Suárez seinen Kopf in Richtung Chiellinis Schulter – und beißt zu. Schiedsrichter Marco Rodriguez hatte die Situation offenbar nicht gesehen und reagierte auch nicht auf Chiellinis wilde Proteste, der ihm die Gebissabdrücke auf seiner Schulter zeigt.

In einem Interview mit dem uruguayischen Fernsehsender Canal 10 versuchte sich Suárez gegen die Vorwürfe zu verteidigen. „Es ist eine normale Bewegung, solche Dinge passieren auf dem Platz“, sagte der Übeltäter. „Wir sind Fußballspieler, wir wissen, was auf dem Platz geschieht, dem sollte man keine Bedeutung beimessen.“

Eine vollkommen bizarre Szene. Doch Suárez ist einschlägig bekannt als Beißer. Schon zweimal war der Stürmer von FC Liverpool in der Vergangenheit auffällig geworden. Als Spieler von Ajax Amsterdam hatte er 2010 im Spiel gegen den PSV Eindhoven Gegenspieler Otman Bakkal ebenfalls in die Schulter gebissen und dafür eine Sperre für sieben Spiele kassiert. In der vergangenen Saison hat er zehn Spiele pausieren müssen, nachdem er Branislav Ivanovic vom FC Chelsea in den Arm gebissen hatte.

Suárez befindet sich in illustrer Gesellschaft. Exboxweltmeister Mike Tyson biss im Kampf gegen Evander Holyfield seinem Kontrahenten gar ein Stück vom Ohr ab. Und auch Ex-Bayern-Torwart Oliver Kahn hat sich im Spiel gegen Borussia Dortmund zu einer ähnlichen Tat hinreißen lassen. Ein versuchter Biss in den Hals von BVB-Stürmer Heiko Herrlich hatte damals für Aufsehen gesorgt. Eben jener Kahn, der nach dem Spiel als ZDF-Experte analysierte: „Das ist ein Verhalten, das man sonst nur von Tieren kennt. Für mich ist das eine falsche Kanalisation innerer Anspannung.“ Aha!

Lange Sperre droht

Besonders auf Twitter beginnt nach Spielende eine regelrechte Flut von Spott und Häme. „Suárez hat mehr Leute gebissen, als Wayne Rooney WM-Tore geschossen hat“, ist unter anderem zu lesen. Auch zahlreiche Fotomontagen kursieren im Netz. Auf einem wird das aktualisierte Panini-Sammelbild von Chiellini gezeigt, auf einem anderen wird mittels „Biss-Linien-Technologie“ der Biss eindeutig bestätigt. Schade, dass diese im Stadion von Natal nicht im Einsatz gewesen ist.

Nun wird mit Spannung eine Entscheidung des Weltfußballverbandes Fifa erwartet. Eine Untersuchung ist bereits kurze Zeit nach Abpfiff angekündigt worden. Der uruguaysische Fußballverband hat bis Mittwoch 17.00 Uhr (Ortszeit) die Möglichkeit seine Sicht der Dinge darzulegen.

Entscheidend wird sein, ob Schiedsrichter Rodriguez die Szene tatsächlich nicht gesehen und bewertet hat, denn nur dann darf die Fifa eine Sperre aussprechen. Sollte das der Fall sein, droht dem Uruguayer eine lange Strafe, die WM wäre für ihn wohl beendet. Insbesondere als zweifacher Wiederholungstäter wird Suárez kaum Milde erwarten können. Die Minimalstrafe, die der Weltverband laut Regelwerk vorsieht, ist eine Sperre von zwei Spielen. Aufgrund seiner Vorgeschichte ist allerdings ein Ausschluss von 24 Spielen oder maximal zwei Jahren möglich.

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5 Kommentare

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  • Man sollte noch erwähnen, dass er bei Ajax dann auch kurz danach seine Sachen gepackt hat. Hat danach natürlich einen Supervertrag bei Liverpool bekommen.

    Rausgeschmissen hat Ajax ihn damals auch nicht direkt. Dafür war er wohl wegen der Ablösesumme zu wertvoll. Aber man kann mit solchen Aktionen natürlich auch, wenn man wechseln will, den Preis etwas senken.

  • Die Reaktion auf den Biß von Luis Suarez bringt eine Dialektik von Zivilisation und barbarischer Regression hervor. Selbst das brutalste Foul und seine Folgen ist zwar eine Regelverstoß, findet aber trotzdem in einem zivilsatorischen Rahmen statt. Ein Biß hingegen, obwohl von den Folgen harmlos ist für das Fußballpublikum, wie die Reaktioneen zeigen, der Inbegriff einer barbarischen Regression - beredter als der selbst ehemals bißwütige Kahn hätte das wohl niemand zum Ausdruck bringen können: Die Angst daß hinter der pseudozivilisieren Decke des Fußballs dessen barbarisch-regressive Seite sichtbar wird.

  • Ziemlich unsportlich. Dann auch noch einen auf "verletzt" machen als er vom gebissenen Spieler abgeschuettelt wird...

  • Wenn man obiges Bild bewertet, ohne die gerade passierte Szene im Orginal gesehen zu haben, werden gleich zwei Akteure zu bedauern sein, die gerade einen kleinen Zusammenstoß auskurieren müssen. Während der Italiener Chiellini seinen Arm wieder halbwegs einlenken möchte, sortiert der andere, Suarez aus der späteren Siegermannschaft Uruguay, ob bei dem "zufälligen" Zusammenprall auch noch alle Zähne in Ordnung sind........

     

    So kann man sich täuschen!

    Allerdings rechnete ich nicht damit, dass ausgerechnet einer der "Fernseh-Experten", O. Kahn, solche Szenen lieber bei den Tieren wünscht. Er wird dabei ähnliche "Raubtier-Augenblicke" mit seiner besonderen Beiligung in der Vergangenheit vergessen haben als Freund und Feind vor ihm förmlich ausrissen, wenn er seinen Torraum verließ, um auf die Jagd zu gehen!

    • D
      D.J.
      @Hans Klemm:

      "er wird dabei ähnliche "Raubtier-Augenblicke" mit seiner besonderen Beiligung in der Vergangenheit vergessen haben"

       

      Sicherlich nicht. Schließlich hatte O. Welke nur eine Minute zuvor süffisant und deutlich darauf angespielt und O. Kahn mehr oder minder belustigt darauf reagiert. Am Ende Selbstironie?