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Nach Stopp für HeizungsgesetzEin Fingerzeig aus Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht will offenbar die Rechte der Bundestagsopposition stärken. Im Fall des Heizungsgesetzes das Recht auf Beratung.

Der zweite Senat des BVG meint: Abgeordnete haben ein Recht auf Beratung Foto: Uli Deck/dpa

Freiburg taz | Das Bundesverfassungsgericht hat mit einer einstweiligen Anordnung verhindert, dass der Bundestag in dieser Woche das umstrittene Gebäude-Energie-Gesetz beschließt. Damit hat es die Beratungsrechte des Bundestags zwar noch nicht grundsätzlich verbessert. Der Eilbeschluss könnte jedoch ein Indiz dafür sein, dass solche Verbesserungen bevorstehen.

Ausgelöst wurde der Beschluss durch den CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann, Ex-Justizsenator von Berlin. Er hatte Ende Juni in Karlsruhe eine Organklage eingereicht, weil er durch das hektische Gesetzgebungsverfahren der Ampel seine Abgeordnetenrechte verletzt sah. Zugleich stellte Heilmann einen Antrag auf einstweilige Anordnung. Die Beschlussfassung über das Gesetz solle erst möglich sein, wenn er die maßgeblichen Passagen mindestens zwei Wochen vor der Abstimmung schriftlich erhalten hat.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts stimmte nun nicht über die Organklage von Heilmann ab. Damit hat Karlsruhe also nicht festgestellt, dass Rechte von Heilmann verletzt wurden. Der Senat beschloss nur eine einstweilige Anordnung, die Heilmanns Rechte vorläufig sichern und vollendete Tatsachen verhindern soll. Der Eilbeschluss besteht aus zwei Teilen.

Zunächst stellt das Gericht fest, dass Heilmanns Klage weder offensichtlich unzulässig noch unbegründet ist. Dann kommt es in der sogenannten Folgenabwägung zum Schluss, dass dem Bundestag eine Verschiebung der Abstimmung (selbst wenn er recht hätte) eher zuzumuten sei als Heilmann ein Verzicht auf sein (eventuell bestehendes) Recht auf rechtzeitige Information. Schließlich könne der Bundestag die Abstimmung zu einem späteren Zeitpunkt ja relativ problemlos nachholen.

Der Karlsruher Beschluss ist aber dennoch ein Fingerzeig, dass das Gericht die Rechte des Bundestags und insbesondere der Opposition verbessern will. Die Rich­te­r:in­nen betonten ausdrücklich, dass die Abgeordneten nicht nur abstimmen dürfen, sondern auch ein Recht auf Beratung haben – und dazu genügend Zeit brauchen, damit sie die erhaltenen Informationen „auch verarbeiten können“.

Bisher hatte das Bundesverfassungsgericht die Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens dem Bundestag überlassen, der ja selbst ein hohes Staatsorgan sei. Der innovative Eilbeschluss fand deshalb auch nur eine 5-zu-2-Mehrheit im achtköpfigen Senat (ein Richter war krank).

Wann das Bundesverfassungsgericht über die eigentliche Klage Heilmanns entscheidet, ist völlig offen – das kann Jahre dauern. Allerdings werden bis dahin Oppositions­abgeordnete sicher regelmäßig Eil­anträge stellen – nach dem Beispiel Heilmanns.

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8 Kommentare

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  • Bin gespannt auf die Begründung.



    Bisher ein Beschlusstenor, der mehr Fragen aufwirft, als Antworten gibt.



    Bei der kurzfristig (von Fr auf Montag) vorgelegten geänderten fassung handelte es sich ja um einen Änderungsantrag der Koaltionsfraktionen , also aus dem Parlaments selbst. Änderungsanträge sind nach der Geschäftsordnung des Bundestags noch bis zum Ende der Beratungen zulässig und können auch von einzelnen Abgeordneten eingebracht werden. Will das BVerfG jetzt entscheiden, dass für jeden beliebigen Änderungsantrag eine zusätzliche 14 Tages-Frist eingeräumt werden muss? Dann werden umstrittende Gesetzesvorhaben wohl nie mehr verabschiedet, denn ein - gern auch langer - Änderungsantrag ist schnell geschrieben, um die Abstimmung zu verhindern.

  • Die CDU ist als Opposition nur destruktiv unterwegs.

    • @CallmeIshmael:

      wenn ich einen komplexen vertrag oder gesetzt abzusegnen hätte und mir keine zeit gegeben wird mich entsprechend damit zu beschäftigen, ich diese zu kurze zeit bemängle, bin ich destruktiv? dann wäre eine unterschrift unter einen ehevertrag mit dem ich mich 10 minuten beschäftigen konnte bestimmt konstruktiv. ich erwarte von jedem volksvertreter egal welcher partei sich mit dem was abgesegnet wird zu beschäftigen und das ausreichend zeit dazu zur verfügung steht.

    • @CallmeIshmael:

      Wie fies von denen, dass sie von der Regierung polit-handwerklich saubere Arbeit erwarten...

    • @CallmeIshmael:

      Ist die Opposition aus Sicht der Regierung nicht immer destruktiv? ;-)

  • anschließe mich •

  • "Allerdings werden bis dahin Oppositions­abgeordnete sicher regelmäßig Eil­anträge stellen – nach dem Beispiel Heilmanns."

    Und das zu Recht. Wenn auch nicht zur Freude der Freunde der Demokratie und der sozialökologischen Transformation. Arbeiten geht halt vor stümpern.

    • @oldleft:

      Genau, jetzt wird gearbeitet und die Unionsfraktion wird nun beraten und ranklotzen und aus dem GEG noch ein 1a-Qualitätsgesetz machen.