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Nach Signa-PleiteDie Angst um Galeria geht um

Deutschlands letzter Warenhauskonzern entging mehrmals der Pleite. Erneut bangen die Beschäftigten nach der Signa-Insolvenz nun um ihre Zukunft.

Wohin geht Galeria Karstadt Kaufhof? Hier Filiale in Potsdam Foto: dpa

Essen dpa | Es ist erst ein paar Wochen her, da war der Optimismus groß. „Wir erwarten ein ziemlich starkes Jahr“, sagte der Chef der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, Olivier van den Bossche, Ende Oktober dem Handelsblatt. Durch den Schutzschirm sei Galeria schlanker aufgestellt als früher. Auf die Verunsicherung der Belegschaft angesprochen, entgegnete van den Bossche: Das Wichtigste sei, Vertrauen aufzubauen. „Wir kommen aus einer schwierigen Situation, aber jetzt müssen wir nach vorn schauen.“

Der Blick nach vorn dürfte van den Bossche seit dieser Woche nicht mehr so leicht fallen. Seit der Insolvenz-Ankündigung der Signa Holding am Mittwoch schauen Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr denn je in eine unsichere Zukunft.

Am Abend folgte die nächste Hiobsbotschaft: Die Schweizer Tochter der insolventen Signa-Gruppe, die Signa Retail Selection AG, beschloss, bei Gericht eine Nachlassstundung zu beantragen. Der Schritt bedeutet, dass Geschäfte geordnet abgewickelt werden sollen.

Weil die deutsche Galeria mit Hauptsitz in Essen zu dieser AG gehört, dürfte sie damit zum Verkauf stehen. Kurzum: Ein neuer, finanzkräftiger Investor wird gesucht. Findet man ihn nicht, sind die Aussichten für die Galeria-Warenhäuser düster – zumindest in der bisherigen Aufstellung.

Benko kaufte Galeria von kanadischem Konzern

Die Geschichte von Signa und Galeria begann vor mehr als vier Jahren. 2019 übernahm die österreichische Unternehmensgruppe des Milliardärs René Benko alle Anteile von der kanadische Hudson’s Bay Company und legte Karstadt und Kaufhof zu einem Konzern zusammen. Kurz danach schlitterte der Kaufhausriese in die erste Krise.

Von den Auswirkungen der Pandemie erschüttert, musste das Unternehmen im April 2020 Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen. Rund 40 Filialen wurden geschlossen, etwa 4.000 Stellen abgebaut. Im Gegenzug wurde der Konzern von Schulden in Höhe von zwei Milliarden Euro befreit. Auch anschließend blieb die Situation schwierig. Anfang 2021 und Anfang 2022 musste Galeria erneut um staatliche Unterstützung bitten. Der Konzern erhielt zwei Hilfen von insgesamt 680 Millionen Euro.

Auch die Staatshilfen konnten nicht für neuen Schwung sorgen. Im Herbst desselben Jahres suchte Galeria erneut Rettung in einem Schutzschirmverfahren. Im März 2023 stimmte die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zu und machte den Weg für die Sanierung frei: Galeria muss knapp 50 Filialen schließen, wieder verlieren mehr als 5.000 Menschen ihren Job. Die Gläubiger mussten auf einen Großteil des Geldes verzichten, das Galeria ihnen schuldete.

Forderungen aus der Politik

Die Signa Holding sicherte Galeria 200 Millionen Euro für die Sanierung zu. Im Zuge des Insolvenzverfahrens wurden aus der Politik Forderungen laut, dass sich Signa und deren Eigentümer Benko finanziell stärker an der Galeria-Rettung beteiligen müssten. Nun ist fraglich, ob überhaupt etwas fließen wird. Umgekehrt überwies Galeria regelmäßig Geld an den Mutterkonzern. Dem Vernehmen nach erhält Signa für die rund 20 Gebäude rund 180 bis 200 Millionen Euro Miete im Jahr.

Van den Bossche, der seit März Galeria-Chef ist, stehen unruhige Wochen bevor. Auf das enttäuschende Weihnachtsgeschäft 2022 angesprochen, hatte er im Handelsblatt darauf verwiesen, dass das laufende Schutzschirmverfahren das Geschäft belastet habe. Zuletzt erzielten die Galeria-Filialen nach Unternehmensangaben im operativen Geschäft wieder Gewinne. Das neue Geschäftsjahr sei sehr gut angelaufen.

Die Signa-Insolvenz erwischt Galeria ausgerechnet in den Wochen, die für den Einzelhandel die wichtigsten des Jahres sind. Auch den etwa 13.800 Beschäftigten in den verbleibenden 92 Filialen dürfte die vorweihnachtliche Stimmung verdorben worden sein. Sie wird im Dezember ein beklemmendes Gefühl begleiten, das sie aus den Vorjahren kennen.

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7 Kommentare

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  • Letztlich war es der PKW-Boom und später der Online-Handel, der das Geschäftskonzept der Warenhäuser kaputt gemacht hat und die City-Immobilien-Spekulanten ausgebremst hat. Die Wechselbeziehung: Das Auto bremst den ÖPNV aus und nachher ist der ÖPNV nicht mehr attraktiv genug, um ihn auf dem Weg in die City zu nutzen. Wer einmal die Märkte in anderen Ländern, in Spanien oder Italien besucht hat, kann den Verlust an Lebensqualität und Kultur hierzulande gut nachempfinden. Jetzt trifft es die Geier.

  • Nimmt man das KaDeWe raus, lässt man es vor...

    In allen anderen Filialen Tristesse, überhöhte Preise und ein nicht überzeugendes Sortiment.



    Der Kunde stimmt mit den Füßen ab, diese Art von Konsumtempel, übrigens wie ehemals der Dinosaurier, sind dem Untergang geweiht. Egal wer sich daran versucht..!

    • @Peace85:

      Konsumiert wird ja nach wie vor, wir sind ja jetzt nicht plötzlich alle zu minimalistischen Asketen geworden. Frage ist natürlich, warum nicht mehr in Kaufhäusern. Klar, das Internet, Amazon u.a.. Aber es stimmt, man findet kaum noch was interessantes, früher gab es eine Abteilung für Bücher, Musiktonträger und man konnte auch ganz passable Klamotten finden. Da haben Spezialläden, oder eben die digitale Welt heute die Nase vorn.



      Man war nicht nah genug am Kunden, Einkaufszentren bieten auch eine ansprechende Athmosphäre, wo man gerne sein Geld lässt und auch noch einen ordentlichen Cappuccino bekommt. Und natürlich kann man da Dinge kaufen, die man auch wirklich braucht.

  • Warenhäuser sind ein Konzept ohne Zukunft. Lasst sie endlich in Frieden sterben.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      ... und worin sind irgendwelche Shopping Malls besser? Das würde ich gerne verstehen!

      Für viele Kund:innen ging der Niedergang der Kaufhäuser los, als diese ihre Modeetagen in "Shops" sortiert haben. Wenn ich eine schwarzen Hose suche, soll diese weit und lang genug sein, zuhause waschbar, aus gutem Material und im Preis stimmen. Dazu fand ich es super, dass früher ALLE schwarze Hosen an einer Kleiderstange gehangen haben. Da konnte ich mir schnell einen Überblick verschaffen, drei Hosen anprobieren und eine war dann perfekt. Idealerweise hat mich eine Verkäuferin dabei beraten. Das ging schnell und war gut. Kleine Kaufhäuser auf dem flachen Land, die nicht Benko oder der Bank gehören, funktionieren noch immer so!

      Heute werde ich im Kaufhaus genötigt, von "Shop" zu "Shop" zu tingeln, überall die Hosenecke zu suchen, zu schauen, ob es dort Schwarzes gibt oder nicht. Beratung: Fehlanzeige oder sel-tenst. Mein Weg durch eine oder vielleicht anderthalb Etagen, die Angebote sind wegsortiert, führt mich über verschiedene Umkleidekabinen, am Ende habe ich frustriert vielleicht eine Hose in der engen Wahl, mir fehlt möglicherweise dazu der externe Blick ... und ich habe die zehnfache Zeit verbraucht.

      Kurz: Gute Kaufhäuser sind weiterhin großartig!

      • @Caroline Elias:

        Wenn Kaufhäuser weiterhin so großartig wären, warum gehen die dann ständig pleite? Warum sind dann alle nennenswerten Ketten, die es gab, schon lange Geschichte? Und in den USA ist es nicht anders, alles tot.

        Ganz einfach: weil das Konzept veraltet ist! Man vereint darin nämlich vom Einzelhandel nur die schlechten Eigenschaften: teure Preise und viel Auswahl an Produktkategorien bei wenig Tiefe des Sortiments. Das mag heute keiner mehr.

        Das ist ein totes Pferd, vom peitschen fängt das nicht wieder das galoppieren an.

        Was funktioniert, sind kleine Geschäfte, die sich spezialisieren. Die Zeit dieser Warenhausgiganten aber ist endgültig vorbei.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Ganz ehrlich: Die Alternative alles online zu bestellen, Datenspuren für Konzerne zu hinterlassen und überarbeitete Paketboten weil alles per Amazno bestellt wird, bedeuten für mich, dass ich lieber ein Warenhaus aufsuche.

      Bald sind Elektronikfachmärkte, Spielwarenläden und Fahrradgeschäfte dran, wenn das so weiter geht.

      Ich bin übrigens für ein anderes Konzept: Bereits leerstehende Filialen durch Obdachlosen- und Sozialwohnungen umbauen, und noch "zu rettende" Filialen verkleinern, besonders der Fast Fashion-Bereich muss verboten werden, und die restlichen Flächen für Obdachlosen- und Sozialwohnungen umbauen.

      Selbst wenn man nur 10 unterbringen kann, ist viel geholfen. Passanten sollen gefälligst sich nicht gestört fühlen, wenn ein Obdachloser durch den Kaufhof wandert. Und Kaufhof bekommt Reputation, wenn die sich sozial engagieren.