Nach Musks Twitter-Übernahme: Nicht immer im Kampfmodus

Twitter droht der Rechtsruck. Muss man bleiben, um die Plattform nicht den Rechten zu überlassen? Mitnichten.

Twitter-Logo an einer Fensterscheibe bei Regen

Bleiben oder gehen? Diese Frage stellen sich gerade einige Twitter-Nutzer*innen Foto: Jakub Porzycki/imago

Elon Musk hat Twitter übernommen. Seitdem wird feierlich erklärt, die Plattform zu verlassen oder beteuert, dass man jetzt erst recht auf Twitter bleiben wird. Ich habe da eine sehr klare Meinung zu: Macht doch, was ihr wollt!

Diejenigen, die ihr Bleiben kundtun, argumentieren damit, dass sie den Rechten nicht das Feld überlassen wollen. Es ist wichtig, sich rechten Positionen, diskriminierenden Äußerungen oder Fake News entgegenzustellen. Menschenverachtendes lässt sich nicht wegignorieren. Man muss schon etwas tun: aktiv werden, widersprechen, aufklären oder richtigstellen.

Doch wie lange und unter welchen Bedingungen soll ich mich verpflichtet fühlen, mit Rechten einen Raum zu teilen? Kann es nicht auch Vorteile haben, gewisse Leute auf gewissen Feldern stehen zu lassen und sich Neuland zuzuwenden? Wir könnten so eher neue Räume erschließen und eigene Felder bestellen. Wäre es wirklich ein Verlust, sich weniger mit rechten Trollen auseinanderzusetzen?

Wenn ich auf gute Ideen kommen, mich nett unterhalten oder angeregt austauschen möchte, dann geh ich dafür ja auch nicht in die Springer-Kantine.

Safer Spaces aufbauen

Linke müssen sich nicht die ganze Zeit mit Rechten beschäftigen. Und es ist auch nicht die Aufgabe Marginalisierter, sich immer wieder gegenüber irgendwelchen Leuten zu behaupten, für die wir ohnehin schon eine Provokation sind, weil sie uns in unserer bloßen Existenz ablehnen. Beleidigungen aushalten und Hasskommentare ausblenden kostet Energie, die in eigene Ideen und Projekte fließen könnte. Wer ständig auf rechte Talking Points reagiert, verpasst vielleicht Gelegenheiten, eigene Themen und Schwerpunkte zu setzen.

Es macht Sinn, Orte wie Safer Spaces aufzubauen – digitale wie analoge, in denen wir uns in Ruhe inhaltlich austauschen, diskutieren und produktiv streiten können, um Antworten auf politische Fragen zu finden. Was habe ich davon, mit Ras­sis­t*in­nen zu diskutieren? Wo bringt mich das in meiner eigenen Wissens- oder Meinungsbildung weiter? Wenn Ex­per­t*in­nen Überlegungen anstellen, welche Maßnahmen die besten sind, um die Klimakatastrophe aufzuhalten, dann ist es nicht sehr konstruktiv, wenn wer mit im Raum ist, der den menschengemachten Klimawandel leugnet oder immer wieder reinblökt, die Erde sei eine Scheibe.

Ich freue mich, wenn meine Texte wen überzeugen, der zuvor eine andere Position hatte oder noch nie über das Thema nachgedacht hat. Hauptsächlich teile ich aber meine Gedanken, um Gleichgesinnte zu finden, mich mit Menschen auszutauschen, die ähnliche Sorgen, Ziele und Fragen an die Welt haben. Sich Rechten entgegenstellen muss nicht heißen, immer im Kampfmodus zu sein. Es bedeutet auch, Räume zu schaffen, in denen Menschen sich organisieren und eigene Punkte setzen können.

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Simone Dede Ayivi ist Autorin und Theatermacherin. Sie studierte Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim. Aktuell arbeitet sie zu den Themen Feminismus, Antirassismus, Protest- und Subkultur.

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