piwik no script img

Nach Massenvergewaltigung in BrasilienVier Verdächtige, keine Festnahme

Auf das Verbrechen an einer 16-Jährigen reagierte die Polizei mit einem Großeinsatz. In Rio und São Paulo protestierten Frauen für ihre Rechte.

Symbolik gegen sexualisierte Gewalt: Frauen protestieren in Rio Foto: ap

Rio de Janeiro afp | Nach einer schockierenden Gruppenvergewaltigung in Brasilien fahnden die Behörden des Landes mit Hochdruck nach den Tätern. Die Militärpolizei rückte am Wochenende mit 70 Beamten zu einem Großeinsatz in einem Armenviertel westlich von Rio de Janeiro aus, um Verantwortliche für das Verbrechen zu finden. Seit Freitag wurden vier Verdächtige verhört, sie kamen aber alle wieder frei.

Handyaufnahmen der Tat waren am Mittwoch im Internet aufgetaucht und hatten für Entsetzen gesorgt. Darauf ist eine junge Frau zu sehen, wie sie nackt, blutend und offenbar bewusstlos auf einem Bett liegt. Eine männliche Stimme brüstet sich in dem Video damit, dass die 16-Jährige „von mehr als 30 Typen vergewaltigt“ worden sei.

Die Zivilpolizei befragte zunächst drei Verdächtige, ließ diese aber später wieder frei. Am Samstag wurde ein vierter Verdächtiger festgenommen und verhört. Wie die Zeitung O Estado de São Paulo berichtete, wurde der Mann aber ebenfalls nur wenige Stunden nach seiner Festnahme aus Mangel an Beweisen wieder auf freien Fuß gesetzt.

Im Armenviertel São José Operário westlich von Rio lief ein Großeinsatz der Polizei. Dabei gab es eine Schießerei, verletzt wurde aber niemand. Die Polizei beschlagnahmte indes drei gestohlene Autos und Drogen.

Der Präsident verspricht neue Maßnahmen

Brasiliens Übergangspräsident Michel Temer erklärte, es sei „absurd, dass wir im 21. Jahrhundert mit solchen barbarischen Straftaten leben sollen“. Er versprach neue Maßnahmen, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern. Justizminister Alexandre de Moraes kündigte an, die Verantwortlichen des „abscheulichen Verbrechens“ würden ausfindig gemacht und bestraft.

Die suspendierte Staatschefin Dilma Rousseff und die UN-Frauenrechtsbehörde verurteilten die „Barbarei“ ebenfalls. Eine Sprecherin der Rechtsgruppe Think Olga bezeichnete die Verbrechen als „nicht ungewöhnlich“, da sexuelle Gewalt gegen Frauen in Brasilien weit verbreitet sei. „Es gehört zum täglichen Leben, auch wenn die Menschen das leugnen.“

In Rio de Janeiro, wo im Sommer die Olympischen Spiele stattfinden, und in São Paulo protestierten zahlreiche Frauen für ihre Rechte und hielten Schilder mit Aufschriften wie „Nein heißt Nein“ und „Mein Körper gehört nicht euch“ in den Händen.

Nach Angaben ihrer Familie war die 16-Jährige vor einer Woche in eine Falle gelockt, unter Drogen gesetzt und dann missbraucht worden. Es soll sich um einen Racheakt eines Exfreundes gehandelt haben. Medienberichten zufolge ist die Teenagerin Mutter eines dreijährigen Kindes. Sie wurde nach der Tat ins Krankenhaus gebracht und wegen möglicher sexuell übertragbarer Krankheiten behandelt.

Kritik am Ermittlungsbeamten

Das Mädchen selbst sagte bei der Polizei aus, sie sei von 33 Bewaffneten in einem Armenviertel im Westen von Rio sexuell missbraucht worden. Der mit den Ermittlungen betraute Beamte Alessandro Thiers sagte zu dem Fall, es werde geprüft, ob das Mädchen den Vorgängen womöglich zugestimmt habe, ob sie unter Drogen gesetzt worden sei und ob sich alles „wirklich so zugetragen“ habe.

Die Anwältin der 16-Jährigen, Eloisa Samy Santiago, forderte der Nachrichtenseite G1 zufolge die sofortige Absetzung des Beamten. Demnach fragte dieser die Teenagerin auch, ob sie die Angewohnheit habe, „an Orgien teilzunehmen“. Das Opfer selbst bedankte sich auf Facebook für die Anteilnahme und warnte davor, dass jede Frau so etwas erleben könne. Über die Tat sagte sie, diese bereite ihr „mehr Schmerzen in der Seele als im Unterleib“.

Sexuelle Gewalt ist in Brasilien ein landesweites Problem. Im Jahr 2014 verzeichnete die brasilianische Polizei nach Angaben einer Nichtregierungsorganisation alle elf Minuten einen sexuellen Übergriff. Nur ein Bruchteil der Taten wird angezeigt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • MOMENT MAL!

    Die sind in Brasilien doch katholisch!

    Ich dachte nur Muslime begehen sexuelle Straftaten?

    Ich fordere umgehend einen Einwanderungsstop aus allen katholischen Ländern!

    Und Mathias Matusek soll sich öffentlich distanzieren.

     

    Ist schon traurig das so eine Meldung vorm Entsetzen und Mitgefühl für das Opfer erst mal den Impuls auslöst, auf mässig lustige Weise die Heuchlerei europäischer Populisten zu parodieren.

    Ich war mal so anständig.