Nach Intervention im Cum-Ex-Skandal: „Zeit“-Herausgeber Joffe hört auf
Josef Joffe intervenierte im Cum-Ex-Steuerskandal zu Gunsten eines Bankiers. Nach Kritik zieht der „Zeit“-Verlag nun Konsequenzen.
Der 78-Jährige musste gehen, weil er im Zuge des Cum-Ex-Steuerskandals zugunsten des mit ihm befreundeten Bankiers Max Warburg interveniert hat. Bei dem Cum-Ex-Skandal geht es um Aktiengeschäfte, die gezielt getätigt wurden, um den Staat auszuplündern. Der Schaden allein in Deutschland wird auf mindestens zehn Milliarden Euro geschätzt.
Joffe gehört zu den großen alten Männern des deutschen Journalismus. Er leitete die außenpolitische Redaktion der Süddeutschen Zeitung, das Dossier der Zeit und war einige Jahre lang deren Chefredakteur.
Wie in der vergangenen Woche bekannt geworden war, hat Joffe seinen Freund Warburg vor einem Bericht über strafbare Cum-Ex-Geschäfte der gleichnamigen Hamburger Privatbank gewarnt. Das geht aus einem Brief Joffes vom 5. Januar 2017 hervor, den der Investigativreporter Oliver Schröm veröffentlicht hat. „In so many words schiebst Du mir die Schuld am Zeit-Artikel über die Bank zu“, heißt es darin. Dabei sei es seiner, Joffes, Intervention zu verdanken gewesen, „dass das Stück geschoben wurde und die Bank die Gelegenheit erhielt, Widerrede zu leisten.
Nach Echo aus der Redaktion
Den Vorwurf, die Bank habe keine Möglichkeit zur Stellungnahme gehabt, bestreitet Schröm: Die Zeit und das ARD-Magazin Panorama, die gemeinsam an dem Falle recherchierten, hätten bereits Wochen zuvor vergeblich um ein Interview mit den Bankern gebeten. Auch die Bitte um eine schriftliche Stellungnahme vier Tage vor der geplanten Veröffentlichung sei abgeschlagen worden.
Joffe riet Warburg „eine exzellente PR-Agentur einzuschalten“ und echauffierte sich über „die Verräter im eigenen Hause Warburg, die Ermittler zuvorkommend auf Spuren geschickt haben, die diese nicht kannten“. Wohl eine Anspielung auf einen Steuerfahnder-Besuch aus NRW bei der Bank im Januar 2016.
Die Zeit sagt auf Nachfrage, bei der Entscheidung habe auch das Echo aus der Redaktion eine Rolle gespielt. Es habe aber keinen Einfluss von Joffe auf die Berichterstattung gegeben. „Auf den ersten Bericht über die Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank folgten bis heute 14 weitere“, sagte eine Sprecherin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los