Nach Gipfel-Absage von US-Präsident: Nordkorea will weiterhin Gespräche
Auch nach Donald Trumps plötzlicher Kehrtwende zeigt sich Pjöngjang versöhnlich und ist „jederzeit“ für ein Treffen mit den USA bereit.
„Wir teilen den USA nochmals unsere Bereitschaft mit, sich jederzeit und in jeder Form persönlich zusammenzusetzen, um das Problem zu lösen“, erklärte Vize-Außenminister Kim. „Die plötzliche Ankündigung zur Absage des Treffens kam für uns unerwartet, und wir empfinden diese als zutiefst bedauerlich.“
Trump hatte das für den 12. Juni in Singapur geplante Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un am Donnerstag abgesagt und stattdessen eine Fortsetzung seiner Politik des „maximalen Drucks“ und der Sanktionen gegen Pjöngjang angekündigt. Trump begründete den Schritt in einem Brief an Kim mit der „offenen Feindseligkeit“, die Pjöngjang zuletzt zum Ausdruck gebracht habe. Er halte den Gipfel deshalb gegenwärtig für „unangemessen“. Wenn Kim seine Meinung ändere, solle er jedoch „nicht zögern, mich anzurufen oder zu schreiben“.
Der südkoreanische Präsident Moon Jae In sprach von einem „schockierenden und sehr bedauerlichen“ Schritt Trumps und beriet sich in Seoul mit seinen Sicherheitsberatern und Wiedervereinigungsminister Cho Myoung Gyon. Dieser kündigte am Freitag an, dass sich Südkorea weiterhin für eine Verbesserung der Beziehungen zum Norden einsetzen werde.
„Unsere Regierung wird ihren Teil dazu beitragen, die Panmunjom-Erklärung umzusetzen“, sagte Cho laut der Nachrichtenagentur Yonhap mit Blick auf die im April unterzeichnete historische Gipfelerklärung zwischen Nord- und Südkorea. Nordkorea erwecke den Eindruck, es ernst zu meinen mit der Umsetzung der Vereinbarung sowie Fortschritte bei der Denuklearisierung und beim Erreichen von Frieden erzielen zu wollen.
Atomtestgelände zerstört
In einem als Zeichen des guten Willens dargestellten Schritt hatte Nordkorea wie angekündigt kurz vor der Absage durch Trump sein Atomtestgelände Punggye Ri unbrauchbar gemacht. Nordkoreas Atomwaffeninstitut zufolge wurde die vollständige Zerstörung der Anlage erreicht, indem „sämtliche Tunnel per Explosion zum Einsturz gebracht und die Tunneleingänge komplett geschlossen“ worden seien. Auf dem Gelände waren alle von Nordkorea gemeldeten sechs Atomtests vorgenommen worden.
US-Außenminister Mike Pompeo telefonierte nach Angaben des Außenministeriums in Seoul am Freitag mit seinem südkoreanischen Kollegen Kang Kyung Wha. Demnach sprach sich Pompeo dafür aus, dass sich beide Länder weiter darum bemühen sollten, „Bedingungen zu schaffen“, die Gespräche mit Pjöngjang ermöglichten.
International wurde die Absage Trumps mit Bedauern und Sorge aufgenommen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres zeigte sich „zutiefst besorgt“. Er forderte die Beteiligten auf, „ihren Dialog fortzusetzen, um einen Weg zu einer friedlichen und überprüfbaren Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel zu finden“.
Russlands Präsident Wladimir Putin bedauerte die Absage und sagte, Moskau habe auf „einen bedeutenden Schritt in Richtung einer Deeskalation“ und „einen Beginn der Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel“ gehofft. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin, er hoffe, dass „der Prozess der Nichtweiterverbreitung“ fortgesetzt werde.
„Meister des Störens und Zerstörens“
Der deutsche Ex-Botschafter in Washington, Wolfgang Ischinger, sagte der Bild-Zeitung, Trump trete „erneut als Meister des Störens und Zerstörens auf“. Den „Beweis“, dass er „mit seiner Unberechenbarkeit mehr Erfolg“ habe als mit ernsthaften Verhandlungen und politischen Kompromissen, sei Trump zudem bislang schuldig geblieben. „Die Vorstellung, man könne mit einem einzigen Treffen Nordkorea zur Aufgabe seinen gesamten Nuklear- und Rüstungsprogramms bewegen, war von Anfang an Illusion“, sagte Ischinger.
Verständnisvoll nach Trumps Absage reagierte die japanische Regierung. Ein Treffen sei lediglich sinnvoll, wenn Nordkorea unter Führung von Staatschef Kim Jong Un Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung gemacht habe, sagte Chefkabinettssekretär Yoshihide Suga am Freitag.
Suga erwähnte im gleichen Zuge auch japanische Staatsbürger, die weiter von Nordkorea festgehalten würden – auch hier verlangte er Fortschritte von Pjöngjang. Japans Außenminister Taro Kono sagte bei Gesprächen in Mexiko, sein Land erwarte einen Gipfel, bei dem Nordkorea sich zur Denuklearisierung verpflichte. Dafür wolle Japan weiter eng mit Washington zusammenarbeiten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin