Nach Festnahmen und Gewalt im Sudan: Opposition tritt in Streik
Mit landesweiten Arbeitsniederlegungen will das Gewerkschaftsbündnis SPA jetzt dafür sorgen, dass eine zivile Regierung zustande kommt.
Nur Ärzte und Pflegepersonal seien von dem Generalstreik ausgenommen, damit Kranke und Verletzte weiter behandelt werden könnten. Welche Formen und Ausmaße ein ziviler Ungehorsam tatsächlich annehmen würde, war unklar, denn zumindest in Khartum herrschte am Samstag in vielen Vierteln Leere. Menschenleere Straßen und geschlossene Geschäfte prägten das Bild in der Hauptstadt am letzten Ferientag zum Ende des Fastenmonats Ramadan.
Der Streik folgt auf die mutmaßliche Festnahme zweier Oppositionsführer.
Der Generalsekretär der Rebellengruppe SPLM-N, Ismail Jallab, und deren Sprecher, Mubarak Ardol, waren internationalen Medienberichten zufolge wenige Stunden nach einem Treffen mit Äthiopiens Ministerpräsidenten Abiy Ahmed am Freitag in Gewahrsam genommen worden. Die Berichte, die auf ungenannten Quellen basierten, ließen sich zunächst nicht unabhängig verifizieren.
Als Regierungschef des Nachbarlandes versucht Abiy, in der Krise im Sudan zwischen der Militärführung und der Opposition zu vermitteln, um den Frieden wiederherzustellen. Dazu hatte er sich am Freitag mit dem militärischen Übergangsrat sowie mit Mitgliedern des Oppositionsbündnisses FFC getroffen.
Geheimdienst räumt Tod von 61 Menschen ein
Der Militärrat hatte nach dem Sturz des langjährigen Staatschefs Omar al-Bashir infolge von monatelangen Massenprotesten im April die Führung übernommen. Mit dem Rat einigte sich die Protestbewegung Mitte Mai grundsätzlich darauf, dass ein gemeinsamer Übergangsrat die Geschicke des Landes in den kommenden drei Jahren lenken soll. Seither herrschte aber Streit darüber, welche Seite dieses Gremium führen soll.
Sicherheitskräfte hatten am vergangenen Montag mit Gewalt eine wochenlange Sitzblockade in Khartum aufgelöst, die maßgeblich zum Sturz des Langzeitmachthabers Omar al-Bashir beigetragen hatte.
Nach Angaben des oppositionsnahen Zentralkomitees sudanesischer Ärzte starben seitdem mehr als hundert Menschen. Das Geheimdienstministerium räumte den Tod von 61 Menschen ein, darunter rund 50 erschossene Zivilisten.
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