Nach Fehlern im Bundestagswahlkampf: Grünen-Duo für rasche Analyse
Ricarda Lang und Omid Nouripour wollen Grünen-Vorsitzende werden. Sie kündigen eine zeitige Aufarbeitung des Wahlkampfs an.
Berlin taz | Omid Nouripour und Ricarda Lang, KandidatInnen für den Grünen-Vorsitz, wollen die Fehler der Partei im Bundestagswahlkampf schnell aufarbeiten. „Das sollte nach Möglichkeit schon dieses Jahr fertig werden und nicht die nächsten Jahre die gesamte Partei beschäftigen. Das wäre nicht hilfreich und würde langfristig von der politischen Arbeit ablenken“, sagte Nouripour der taz.
„Wir haben ein historisches Ergebnis, sind aber unter unserem Potenzial geblieben“, sagte Nouripour weiter. „Alle, die Verantwortung für diesen Wahlkampf getragen haben, stehen bereit, um das zusammen aufzuarbeiten.“ Aus den Analysen soll die Partei seiner Mitkandidatin Lang zufolge für die nächste Bundestagswahl im Jahr 2025 lernen. „Es wäre ja auch ziemlich blöd von der Partei, das nicht zu tun. Das Ziel, die führende Kraft der linken Mitte zu werden und das Kanzleramt zu beanspruchen, war richtig und bleibt es auch für 2025“, sagte Lang der taz.
Bei der Bundestagswahl im vergangenen September hatten die Grünen mit 14,8 Prozent der Stimmen zwar ihr bislang bestes Ergebnis erzielt. Entgegen der eigenen Ansprüche landeten sie hinter SPD und Union aber nur auf dem dritten Platz. Überschattet war der Grünen-Wahlkampf unter anderem durch Plagiate und nicht gemeldete Nebeneinkünfte der Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock.
Als Ursache für die Fehler vermuten Nouripour und Lang veraltete Strukturen, die dem Wachstum der Partei nicht gerecht werden. „Die Struktur der Geschäftsstelle und die der Partei sind ja gebaut worden für eine Partei von 45.000 Mitgliedern. Jetzt sind wir bei 125.000“, sagte Nouripour. „Das war ein Beschleunigungsprozess, den selten eine Partei in der Form erlebt hat – allein schon, was das Mitgliederwachstum angeht“, ergänzte Lang.
Um als Doppelspitze zu funktionieren, will sich das Kandidaten-Duo in Zukunft eng abstimmen. „Wir werden darauf schauen, dass wir dauerhaft in Kontakt sind“, sagte Lang. Nouripour zufolge telefonieren beide schon jetzt mindestens fünf Mal am Tag. „Ich habe diese Anruf-Priorität vorab mit meiner Frau diskutiert und das ist völlig okay“, sagte er.
Der Grünen-Realo Nouripour (46) und die Parteilinke Lang (28) kandidieren auf dem Bundesparteitag am kommenden Wochenende um den Vorsitz. Gegenkandidaturen mit ernsthaften Siegchancen gibt es nicht. Die bisherigen Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck müssen ihr Amt abgeben, da sie als Regierungsmitglieder laut Grünen-Statut nicht auch die Partei führen dürfen.
Leser*innenkommentare
drafi
Schade, dass Frau Baerbock ihr überabeitetes Buch nicht mehr rausbringt.
Sie hätte anhand des Quellenverzeichnisse belegen können, was wirklich von ihr war.
Dietmar Rauter
Der Wahlkampf ist ja nur die Folge einer massiven Realitätsverweigerung, die diese grüne Partei vom Hoffnungsträger im Kampf gegen die Klimakatastrophe zu einer parlamentarischen Alibi-Gruppe für verdienstvolles Personal verkommen ließ. Es ist angesichts der mangelnden Kritikfähigkeit einer im Kleinkram erstickten Basis (mit viel guten Willen und ganz viele Mitläufer sind aufrechte Kommunalpolitiker) aber nicht zu erwarten, dass eine Kehrtwende in dieser Greenwashing.Organisation einkehren könnte. Wer verzichtet schon freiwillig auf die großzügige Alimentierung und die mediale Inszenierung ? Schauspieler und 'Politker' sind kaum in der Lage, umzulernen.
95820 (Profil gelöscht)
Gast
Rasch. Nicht Lang und Breit.
Aus der Kurzanalyse wird ja sofort klar, dass die Partei zu viele Mitglieder hat. ⛄
Ria Sauter
Gast
Wahlkampf aufarbeiten? Diese Verniedlichkeitsfloskel passt! Nichts gelernt um die Dinge beim Namen zu nennen.
Schummelei, um es höflich auszudrücken , führen trotzdem ins Aussenministerium und in das Landwirtschaftsministerium.
Die neue Führung denkt wie die alte.
Die Menschen " draussen im Land" wären doof.
Tatzenträger
Dass eine unter anderem aus Spenden finanzierte Organisation wie eine Partei an den Vorstand Boni auszahlt, darf eigentlich nicht vorkommen. Parteien leben von ehrenamtlichem Engagement. Hauptamtliche Mitarbeiter muss bei einer Partei dieser Größe auch geben, aber jedes Mitglied würde auch von diesen Engagement um der Sache Willen erwarten. Ein erfolgreicher Wahlkampf, der ein aus finanzieller Sicht erfolgreiches Geschäftsjahr nach sich zieht, ist kein Grund, Boni auszuzahlen, sondern ein Auftrag, das Wahlprogramm umzusetzen.
Unabhängig vom Ausgang der laufenden Ermittlungen muss die Partei sich klarere Statuten geben, die eine Selbstbedienungsmentalität unterbinden, und sich im neuen Vorstand mit unbelasteten Leuten aufstellen. Das heißt auch, dass wir einen geeigneten Ersatz für Ricarda Lang brauchen. Und jetzt sage bitte keiner, den gebe es nicht.
Günter
Aha Wahlkampf aufarbeiten....haben die nicht was anderes aufzuarbeiten?
Na ja....habens ja zurück gezahlt die Parteifreund*Innen (nachdem sie erwischt wurden)