Nach Elefant benannter Weg: Ein tierisch irritierender Name

In Frankfurt trägt ein Pfad den Namen der Elefantin Baroda. Sie war mal beliebt in der Stadt, lebte später aber in Hamburg, wo sie starb.

Ein Elefant steht auf einem Podest hinter einem Zaun

Denkmal für eine Elefantin: In Frankfurt hat es immerhin zu einem Straßennamen gereicht Illustration: Jeong Hwa Min

FRANKFURT/MAIN taz | Der Weg verläuft schmal und unauffällig zwischen gräulichen Hausfassaden hindurch. Zwei rot-weiß bemalte Poller am Anfang verbieten die Durchfahrt für Autos, die hier sowieso nicht genug Platz hätten. Das runde, blaue Schild mit zwei Fußgängerinnen weist darauf hin, dass hier auch Fahrräder nicht erlaubt sind. Dass so ein Weg überhaupt einen Namen mit Straßenschild hat, irritiert. Noch mehr die Erklärung unterhalb des Straßenschildes „Barodapfad“.

Die Stadt Frankfurt erinnert mit diesem Straßenschild nämlich nicht an irgendeinen altehrwürdigen Mann oder an den gleichnamigen aufgelösten Fürstenstaat Britisch-Indiens. Mit dem schmalen Weg im Frankfurter Ostend ehrt die Stadt seit dem Jahr 2002 eine Elefantin.

Die Besonderheit: Während Tiergattungen nicht selten Namensgeberinnen für Straßen und Plätze sind, ist dies der einzige Verkehrsweg in Frankfurt, der nach einem individuellen Tier benannt ist. Dieses Alleinstellungsmerkmal wird durch die Kürze des Weges etwas relativiert. Mit dem Wort „Pfad“ ist er recht treffend beschrieben.

Das Wort „Pfad“ trifft den Charakter des von Hecken gesäumten Weges. Zwar ist er asphaltiert, doch relativ schmal und kurz. Mehr als zehn Elefanten würden hier vermutlich nicht in einer Reihe stehen können.

Der Baroda-Pfad führt zwischen Häusern hindurch, hat jedoch keine eigenen angrenzenden Hausnummern. Vom oberen Ende kommend, liegt linker Hand der Wirtschaftshof des Frankfurter Zoos. Hier lagert er Tierfutter, betreibt Werkstätten und eine Gärtnerei. Außerdem befindet sich hier die Quarantänestation, in der neue Zootiere untersucht und beobachtet werden, damit sie keine Krankheiten in den Zoo schleppen.

Einsames Herdentier

Die Namensgeberin des Weges, die asiatische Elefantenkuh Baroda, hatte den Frankfurter Zoo bereits viele Jahre vor der Straßenbenennung verlassen: 1984 entschied der Zoo Frankfurt unter der Leitung des Zoodirektors Richard Faust, die letzte verbliebene Elefantin an den Hamburger Tierpark Hagenbeck abzugeben.

Ele­fan­ten­enthusiast*innen, Zoo­besu­che­r*innen und Anwohner*innen, die eine Abkürzung brauchen. Und natürlich die Grünen, die damals im Ortsbeirat gegen die Benennung gestimmt haben – wenn sie noch in Frankfurt leben.

Zuvor waren Barodas Artgenossen verstorben. Damit das Herdentier weniger einsam ist, gab man es dem Tierpark mit der größeren Elefantenzucht. Der Frankfurter Zoo hält seitdem keine Elefanten mehr. Im ehemaligen Elefantengehege leben heute nur noch Nashörner.

„Elefanten brauchen viel Platz und Anregung“, sagt Caroline Liefke, Pressesprecherin des Zoo Frankfurt. Mit insgesamt elf Hektar Fläche sei der Zoo einfach zu klein, um Elefanten zu halten. „Es war damals ein großer Schritt, denn Elefanten sind natürlich das Zoo-Tier schlechthin“, sagt Liefke. Dennoch sei es die richtige Entscheidung gewesen.

Anteilnahme der Bevölkerung

Dass Baroda für die Frankfurter Bevölkerung einen gewissen emotionalen Stellenwert gehabt haben muss, zeigt sich auch an der damaligen Initiative für die Straßenbenennung. In dem Antrag heißt es unter anderem: „Alle Frankfurter Zeitungen haben über den Tod des beliebten Tieres berichtet. Nicht nur die Frankfurter Bürgerinnen und Bürger haben an dem ‚Schicksal‘ Anteil genommen.“ Für den Antrag stimmten im Ortsbeirat allerdings lediglich CDU und die rechten Republikaner, die Grünen stimmten dagegen, die SPD enthielt sich.

Vom Frankfurter Ostend kommend, liegt auf dem Weg bereits der Zoo, der zu einem Abstecher einlädt. Statt an ein totes Tier zu erinnern, kann man hier lebende bestaunen. Nur Elefanten sollte man nicht erwarten.

Baroda war 1957 in der Wildnis geboren und 1959 im Alter von zwei Jahren durch das Tierhandelsunternehmen Ruhe KG nach Frankfurt gebracht worden. Über hundert Jahre lang hatte das Unternehmen Groß- und Wildtiere nach Europa importiert und Zoos und Safariparks betrieben.

Erst im Jahr 1993 beendete die Ruhe KG endgültig ihre Tätigkeit, wobei strengere Tierschutzmaßnahmen diese bereits seit den 1960er Jahren mehr und mehr verunmöglicht hatten.

Heute würden für Zoos keine Tiere mehr aus der Wildnis gefangen, sagt Zoosprecherin Liefke. Seit den 1980er Jahren gebe es europaweite Programme, die die Zucht von Tieren in Zoos förderten und so Fänge aus der Wildnis überflüssig machten. „Alle Tiere, die in Zoos leben, wurden auch in Zoos geboren.“

Vorteil und Problem zugleich

Am unteren Ende des Weges angekommen, steht man gegenüber dem Haupteingang eines Krankenhauses. Blickt man nach links, sind die mit Zebras verzierten Mauern des Zoos zu sehen. Nur wenige Meter weiter befindet sich der Eingang.

Der Frankfurter Zoo ist nicht nur klein, er ist auch sehr zen­tral in der Stadt gelegen. „Das ist für uns Vorteil und Problem zugleich“, sagt Liefke. Einerseits sei der Zoo dadurch gut erreichbar für die Stadtbevölkerung, andererseits sei die Fläche des Zoos deshalb sehr begrenzt.

25 Jahre lang lebte Baroda im Frankfurter Zoo und erfreute dort das Publikum, wie die Frankfurter Allgemeinen ­Zeitung schreibt. „Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung“ sei sie nach Hamburg transportiert worden, wo sie drei Jahre später im Alter von 30 Jahren starb.

„Das ist für asiatische Elefanten relativ jung“, sagt Liefke. Weil der Zoo Frankfurt aus Platzgründen auf einen Elefantenbullen verzichtet hatte, hatte Baroda keine Nachkommen. Über ihre Eltern oder eventuelle Geschwister ist nichts bekannt.

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